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Entkommen! Der gefangene Geheimagent

Historischer Rätselspaß für unterwegs

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Kategorie: Literatur

Rätsel- oder Escape-Room-Spiele erfreuten sich in den letzten Jahren großer Beliebtheit. Ob in einem physischen Raum, mit Karten oder aufwändigen Material zu Hause, oder jüngst auch an verschiedenen Orten gemeinsam per Computer: zusammen Rätsel zu lösen scheint nie langweilig zu werden. Die nun zweibändige Reihe Entkommen! packt dieses Erlebnis in Buchform ins Reisegepäck.

Bereits vor einem guten Jahr haben die Sußner-Brüder mit dem ersten Band von Entkommen! einen Überraschungserfolg gelandet, der sogar den ersten Platz in der Kategorie "Rollenspiel" des Szenepreises "Goldener Stephan" einheimsen konnte. Das ist deswegen so überraschend, weil Entkommen! alles andere als ein Rollenspielprodukt ist, sondern eben ein Rätselspielbuch. Und obwohl der zweite Band noch etwas mehr Wert auf das Thema legt als der erste, hat sich am Spielprinzip nichts geändert ...

Sarajevo 1914: Das Thema

Entkommen! hebt sich von anderen Escape-Spielen durch etwas andere Themen ab. Haben wir uns in Die geheime Bibliothek noch spielerisch mit den Rätseln eines belesenen Spielefreundes auseinandergesetzt, wird es nun ernster. Diesmal verkörpern wir einen Geheimagenten, der kurz vor dem Attentat auf Franz Ferdinand, das zur Initialzündung des Ersten Weltkrieges werden sollte, in Gefangenschaft gerät. Im Vorwort wird uns der historische Hintergrund kurz erläutert und auf die serbische Nationalistengruppe der "Schwarzen Hand" eingegangen, die das tragische Attentat ausführen sollte. Wir tragen als Geheimagenten nun die Verantwortung, dieses Attentat zu verhindern und so den Lauf der Geschichte auf ewig zu verändern. Leider bleibt uns nur genau eine Stunde, um uns aus unserem labyrinthartigen Gefängnis zu befreien und schlimmstes zu verhindern.

Damit ist auch das meiste zum Hintergrund gesagt. Die Sußner-Brüder haben ihre Hausaufgaben gemacht und sich um eine gute Einbettung des Themas bemüht. In einem Nachwort gehen sie sogar auf historische Ungenauigkeiten ein und erklären, keinen Geschichtsunterricht ersetzen zu wollen. Auf die Idee wäre man ohne dieses Nachwort aber auch nicht gekommen, denn trotz dem historischen Hintergrund haben wir es hier im Kern mit einer Reihe von acht Rätseln zu tun, die man auch ohne jegliche historische Kenntnis meistern kann. Überhaupt steht das Buch natürlich vor dem Problem, das historische Thema mit der hoch absurden Escape-Room-Konstellation zu verbinden. Das uns wieder einmal 60 Minuten bleiben und uns unsere terroristischen Entführer nicht nur am Leben lassen, sondern auch noch in einem Gefängniskomplex zurücklassen, den wir durch Zahlenrätsel entkommen können, ist schlicht und ergreifend nicht plausibel und macht es jedem Rätselspiel schwer, wirklich thematisch zu sein.

Eine plausible Handlung darf man auch bei anderen Produkten im Genre nicht erwarten. Abgesehen von einer Handvoll Szenarien, wie etwa einem sadistischen Mörder, sind die Grundbedingungen des Genres einfach nicht glaubwürdig einzubetten. Vielmehr können Themen hier also einen gewissen Flair vermitteln und die Rätsel in Erinnerung halten. Und das gelingt Entkommen! außergewöhnlich gut. So drehen sich die letzten Rätsel sehr nachdrücklich um die Vereitelung des Anschlagsplans und viele der Rätsel arbeiten  mit Kodierungen, die durchaus von einer terroristischen Organisation verwendet werden könnten. Zudem kommen als Orientierungshilfe berühmte Spione und Zeitgenossen zum Einsatz. Durch kurze Zwischentexte, zwei Räume und das Auffinden eines geheimen Handbuchs fühlt sich das Rätselerlebnis durchaus etwas wie eine kleine Geschichte an. Thematisch spielt Entkommen! also ganz oben im Genre mit.

Spielprinzip und Rätsel

Am Spielprinzip hat sich gegenüber dem ersten Band nichts geändert. Mit Hilfe einer Raumillustration und eines Rätseltextes müssen wir in acht Rätseln je einen zweistelligen Zahlencode identifizieren. Den schlagen wir in einer zugehörigen Matrix nach, die uns einen neuen Code gibt, den wir in einem kleinen Spielbuchteil nachschlagen, um zu erfahren, ob wir richtig lagen. Dieses mehrschrittige Verfahren funktioniert gut und erschwert es zu schummeln, ist aber eine kleine Fehlerquelle, sobald wir in Zeile und Spalte verrutschen. Dafür können wir nicht aus Versehen auf die Lösung eines anderen Rätsels stoßen.

Dadurch, dass sich alle Informationen in einem Buch befinden, können wir das Spielbuch im Gegensatz zu vielen anderen Produkten auch bequem unterwegs oder auf dem Sofa spielen. Ausdrucken, basteln, puzzeln oder andere Gimmicks sind nicht nötig, lediglich ein Stift. Auf der Kehrseite bedeutet das allerdings auch, dass wir uns beim gemeinsamen Spiel ein Buch teilen müssen und zwischen Raum und Rätsel oft hin- und her-blättern müssen. Das ist verschmerzbar, zumal man sich das Buch beim niedrigen Preis auch mehrmals pro Gruppe leisten kann. Mit einem Buch je Spielort lässt sich das Buch auch bequem per Videokonferenz spielen. Am Spieltisch zu Hause hält das Buch aber einfach nicht mit der teils üppig ausgestatteten Konkurrenz mit und das Blättern fühlt sich manchmal etwas chaotisch an.

Kern des Buches sind aber natürlich die Rätsel und die konnten mich überzeugen. Sicherlich erfindet das Buch seine Rätsel nicht neu. Wer viele Escape-Rooms spielt, erkennt die Prinzipien der Rätsel wieder, auch wenn wir selber durchaus den ein oder anderen mitgegebenen Tipp nutzen mussten. Das Rätseldesign ist durchgehend plausibel und trifft einen Schwierigkeitsgrad, der von Neulingen einiges abverlangt, aber mit Tipps immer einen nachvollziehbaren Lösungsweg ergibt. Die angegebene Spieldauer von einer Stunde ist sportlich, aber mit geübter Gruppe realisierbar. Außerdem klappt uns ja zu Hause niemand das Buch vor der Nase zu! Mit etwas mehr Material oder Farbe wäre hier sicherlich ein noch intensiveres Erlebnis möglich gewesen, das Buch holt aber viel aus seinen Möglichkeiten heraus uns es gelingt sogar, dass die Rätsel stellenweise miteinander verwoben sind.

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