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Dragonsgate College

Mit Magie, Kampf und List zum erfolgreichen Studienabschluss

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Kategorie: Brett- und Kartenspiele

Folgt man der Beschreibung von Dragonsgate College, so findet unser Abenteuer „in einem Land voller Magie" in einer „uralten und geheimnisvollen Akademie für Menschen mit besonderen Talenten" statt. Eine Akademie von der nur die „schlauesten, stärksten und verschlagensten" Schüler graduieren und das Drachentor passieren dürfen, um dort den „legendären Dungeon des sicheren Todes" zu betreten. Wir selber leiten eines der traditionsreichen Studentenhäuser dieser Akademie und hoffen auf Ruhm für unser Haus.

Um es überspitzt zu sagen: Das alles spielt am Spieltisch keine große Rolle. Schaut man einmal hinter die optisch originelle Fassade, erkennt man ein letztlich beliebiges Regel-Mauerwerk. Zwar bilden wir Lehrlinge aus, diese schlagen aber unterschiedliche Karrieren ein, anstatt dem sicheren Tod geweiht zu sein. Und im Endeffekt bedeutet das Studium hier eh nur, dass die Entwicklung unserer Charaktere durch einen möglichst guten Abschluss in Siegpunkte umgewandelt wird. Fast so wie das Studium nach Bologna-Reform also. Auch das angepriesene Dungeon-Motiv fehlt mit Ausnahme eines Trainings-Dungeons völlig, und der entpuppt sich dann auch noch als äußerst abstrakt. Weder brauchen wir Ausrüstung oder Kampfkraft, noch überhaupt einen Schüler, um eine letztlich beliebige Belohnungsleiste hinunterzulaufen und am Ende Prestigepunkte zu erlangen.

Wirklich tragisch sind solche Abstraktionen jedoch nicht. Dragonsgate College ist im Kern ein Strategiespiel, bei dem die Mechanik im Mittelpunkt steht. Das konkrete Thema ist optisch konsequent umgesetzt und beißt sich nicht mit der Mechanik, hätte aber mit der richtigen Lizenz auch ohne große Probleme ein Stargate College werden können.

Die Mechanik

Zauberstäbe oder Laserpistolen gezückt. Was machen wir also als Leiter eines Studentenhauses am Dragonsgate College?

Dreh- und Angelpunkt des Spiels ist das Nutzen unterschiedlicher Aktionsfelder durch das Einsetzen passender Würfel. Mit einer 2, 3 oder 4 dürfen wir beispielsweise Geld in Höhe der Augenzahl generieren, eine 1 oder 2 erlaubt uns Professoren anzuwerben, eine 3 oder 4 wirbt uns neue Lehrlinge an. Mit einer 1, 3 oder 6 wird außerdem ausgebildet und die 4, 5 oder 6 erlaubt uns Zugang zum Übungsdungeon, während wir mit der 5 oder 6 beispielsweise auch Häuser bauen können. Die möglichen Aktionen wirken auf den ersten Blick erschlagend, sind aber schnell verstanden, zumal das Spielbrett eine gute Arbeit leistet und alle Optionen klar präsentiert. Nach wenigen Zügen sollten auch Gelegenheitsspieler oder -spielerinnen das Prinzip beherrschen.

Nun sind Arbeiter- oder Würfel-Platzierspiele nichts Ungewöhnliches. Das man nur über eine begrenzte Anzahl „Arbeiter“ verfügt, die auf unterschiedliche Aktionsfelder gesetzt werden, ist mittlerweile unter dem Namen „Workerplacement-Spiel“ zum altbekannten Spielprinzip geworden. Auch das bestimmte Würfelergebnisse für die Aktionen benötigt werden, ist spätestens seit Spielen wie Kingsburg keine Innovation mehr. Am Dragongsate College wird das Prinzip jedoch etwas auf den Kopf gestellt. Während es in vielen Workerplacement-Spielen üblich ist, Konkurrenz über limitierte Aktionsfelder zu hindern oder einen Bonus für frühes Einsetzen zu geben, sind die Aktionen am College grundsätzlich unbegrenzt oft zu nutzen. Auch wenn wir als letzter Geld nehmen, verändert sich unsere Auszahlung nicht, und niemand wird uns diese Option blockieren. Nur bei der Personenwahl kostet es am Ende etwas Geld, wenn die zur Wahl stehenden Charaktere allesamt aufgeteilt wurden. Stattdessen schränken am College die zur Verfügung stehenden Augenzahlen die Optionen ein. Dabei verfügen die einzelnen Häuser interessanterweise nicht über eigene Würfelpools, sondern greifen auf einen vorab geworfenen, gemeinsamen Würfelvorrat zurück. Hilfreiche Kobolde helfen aber zuverlässig dabei, Würfelergebnisse zu manipulieren, sodass wir nicht ganz vom Würfelmaterial kontrolliert werden.

Als Besonderheit enthält der Würfelpool neben allgemeinen weißen Würfeln auch Würfel in den Farben der beteiligten Häuser. Das bedeutet jedoch nicht, dass diese nur vom jeweiligen Haus genutzt werden dürfen, sondern, dass das jeweilige Haus sofort eine Bonusaktion bekommt, wenn der Würfel von einem anderen Haus genutzt wurde. So wird die Zugreihenfolge etwas durchbrochen, taktische Entscheidungen resultieren daraus aber nur in seltenen Fällen. Nur wenn eine Spielerin oder ein Spieler die eigene Farbe wählt, verfällt eine Aktion, was jedoch meist vermieden werden kann. So kommt es zu etwas Unruhe im Spielablauf, ohne große taktische Konsequenzen zu zeitigen. Konsequent ist dementgegen die Möglichkeit, Einfluss zu erhöhen, indem ein weißer Würfel durch einen Würfel der eigenen Farbe ersetzt wird. So werden mit dem Aufwenden einer Aktion mögliche Zusatzaktionen in folgenden Runden erkauft.

Lehrgänge und Schlafgemächer

Neben simplen Aktionen wie „Geld nehmen“, „Belohnungen im Dungeon abgreifen“ oder „den Wecker stellen“ – also Startspieler zu werden –, bestimmen Ausbildungen und Häuserbau  den Charakter des Spiels. Die meisten Siegpunkte erlangen wir in der Regel dadurch, dass wir unsere Lehrlinge prestigeträchtige Studiengänge absolvieren lassen, die in drei  Karrierewegen (Zauberei, Heimlichkeit und Kampf) und drei Schwierigkeitsstufen daher kommen. Die Idee ist simpel. Hat einer unserer Lehrlinge eine gute Hauptfertigkeit – wiederum Zauberei, Heimlichkeit oder Kampf – und erfüllt einen Mindestwert in den anderen beiden Kategorien, qualifiziert er sich für einen Abschluss. Dann gibt es ein Belohnungsplättchen und je nach Stufe unterschiedlich viel Geld, Siegpunkte oder Kobolde als Ansporn. Die jeweiligen Schwierigkeiten sind modular und werden vor dem Spiel je nach Stufe zufällig zugeteilt. Auch können für manche Abschlüsse bereits absolvierte Karrieren unseres Hauses eingefordert werden. 

Hier wäre Raum für Stufenanstiege und Charakterentwicklung gewesen. Stattdessen haben wir es jedoch mit einer simplen Addition zu tun. So verfügen unsere Lehrlinge über geringe Grundwerte in den drei Fertigkeiten. Dank Professoren, Gebäuden oder bereits erfüllten Aufgaben, erlangtt unser Haus Boni, die diese Grundwerte deutlich übertrumpfen. So gewinnt unser Haus an Profil und entscheidet sich tendenziell für einzelne Karrierewege, die jeweiligen Lehrlinge sind aber meist nur das Zünglein an der Waage, zumal wir mit Geld fehlende Punkte in den Zusatzfertigkeiten ausgleichen können. Auch das könnte man mit bösen Zungen aus der Realität kennen.

Die drei Karrieren sind im Kern durch Belohnungsplättchen unterschieden. Kämpfer geben meist direkte Siegpunkte oder Gold und dazu Trophäen, von denen Dreiersets weitere Punkte abwerfen. Bilden wir heimliche Diebe aus, lassen Sie uns in der Schattenleiste hochsteigen und geben dementsprechend am Spiel-Ende Bonuspunkte. Magier versorgen uns hingegen mit Zaubern, die flexible, aber nicht immer zuverlässige Effekte geben. Man sieht: Grundsätzlich sind alle Karrieren unterschiedliche Wege, um an Siegpunkte zu gelangen. Ein wirklich anderes Spielgefühl ergibt sich auch nicht, wenn das Haus anders auslegt ist.

Apropos Häuser. Jedes Haus verfügt über ein Tableau, das Platz für die Anzeige der Fertigkeitsboni und absolvierten Karrieren bietet. Im Zentrum steht jedoch ein etwa 4x4 Felder umfassendes Raster, auf dem wir Gebäude errichten können. Hier ist Platz für Wohnräume der Professoren und Lehrlinge, aber wir können auch Schmieden, Labore und Trainingsräume bauen, die uns zusätzliche Fertigkeitsboni geben, Siegpunkte generieren oder uns mit Trophäen versorgen. Die Effekte sind schnell verstanden, ein wirkliches Aufbaugefühl kommt jedoch nicht zustande, da wir keine Verkettungen berücksichtigen müssen. Strafpunkte für freigelassene Felder zwingen uns aber, den Häuserbau nicht zu vernachlässigen.

​Präsentation

Dragonsgate College ist optisch ein echter Hingucker. Brett- und  Spielregel sind in Lavendel und Gelb gehalten und nehmen einiges an Platz ein. Man merkt, dass hier keine Lizenz oder ein großes Künstlerteam im Hintergrund stand. Dennoch ist die Optik weitgehend konsistent und die Illustrationen der Professoren, Professorinnen und Lehrlinge wiederholen sich nur selten. Die Personenzeichnungen sind durchaus gelungen, fallen aber etwas klein aus. Hier wurde ein schlechter Kompromiss aus Illustration und Spielwerten getroffen. Weder das Artwork noch die Spielwerte kommen so recht zur Geltung, sodass man beim Angebot an Lehr- und Lernpersonal immer wieder genauer hinschauen muss. Dafür ist das Spielbrett ansonsten klar strukturiert. Die Aktionen sind deutlich illustriert, die Spielgrammatik ist konsequent und nur selten muss klärend ins Regelbuch oder auf die hilfreiche Übersichtskarte geschaut werden. Zwei oder drei Informationen hätten noch gegeben werden können, insgesamt ist das Spielbrett aber äußerst durchdacht. Das Regelbuch ist ebenfalls vorbildlich geschrieben. Kobold „Vik“ gibt ein paar sympathische Hinweise, erklärt Details oder ermutigt uns, wenn etwas viel auf einmal erklärt wird. Tatsächlich braucht es kaum 10 Seiten, um ins Spiel springen zu können. Ein kleiner FAQ-Bereich hätte bei ein paar Grenzfällen geholfen, abgesehen davon ist das Regelbuch aber eben absolut vorbildlich. Bis auf die etwas kleinen Personenplättchen ist auch das Spielmaterial durchdacht und hochwertig. Spielplan, Pappmarken, Holzmarker und Karten haben gute Spielmaterialqualität. Leider bricht die Qualität bei den Würfeln ein. Hier waren im Rezensionsexemplar einzelne Augen nicht ausgefüllt und die Farbwahl dürfte bei allen Exemplaren auch für andere gewöhnungsbedürftig sein. Jedenfalls passt das helle Blau der Würfel nicht zum dunklen Blau der jeweiligen Startcharaktere und das Mutantengiftgelb dürfte auch anders gedacht gewesen sein. Hier darf man für den ansehnlichen Preis eine bessere Qualität erwarten.

Spielgefühl

Dragonsgate College ist ein gut funktionierendes Spiel. Die Regeln sind auch für Gelegenheitsspieler schnell zu verstehen und das Thema ist schön umgesetzt. Der dahinterliegende Regelkern funktioniert reibungslos. Das umgekehrte Würfelaktivierungsprinzip ist in der Form einzigartig, kann aber nur bedingt überzeugen. Die farbigen Würfel werfen die Spielzugreihenfolge manchmal etwas zu chaotisch durcheinander. Gelingt es allen Spielern früh, ihren Einfluss zu erhöhen, können die letzten Aktionen sogar unnötig erscheinen, da alles Wesentliche bereits abgeschlossen wurde. Überhaupt ist das Leben am Dragonsgate College nicht von Todesangst vor dem großen Dungeon, sondern von Überfluss geprägt. Zum Spiel-Ende hin können wir unsere Pläne üblicherweise gut umsetzen und haben auch auf dem Weg dahin eigentlich nie das Gefühl von Mangel. Kobolde befreien uns aus restriktiven Würfelpools und das fast schon zu gute Spielgleichgewicht bietet uns viele vergleichbar gute Aktionen. Die richtige Reihenfolge der Aktionen optimiert unsere Siegpunkte, ein falsch platzierter Würfel kostet uns aber höchstens etwas Prestige.

Obwohl die Regeln schnell verstanden sind und das Spielgleichgewicht keine großen Mängel offenbart, bleiben ein paar Elemente auf der Strecke. So gehört es mittlerweile zum guten Ton, die Spielreihenfolge über eine Aktion zu bestimmen. Den „Wecker zu stellen“ ist hier aber in äußerst wenigen Situationen sinnvoll. So liegen unsere Holzplättchen meist bis zur letzten Runde ungenutzt beim Wecker, wo der Startspieler ein erstes und letztes Mal spannend wird, weil er mit einem Siegpunkt belohnt wird. Auch der Häuserbau ist wenig zentral. Selbst unsere anfänglichen Lehrlingsquartiere bleiben üblicherweise leer, obwohl wir sogar weitere Schlafplätze bauen könnten. Nur die hohen Siegpunktbelohnungen für Häuserbau und die Strafe für leere Felder zwingen uns, diese Seite nicht zu vernachlässigen. Über solche Macken lässt sich hinwegsehen. Enttäuschender ist schon die mangelnde Innovation des Spiels. Fast alle Möglichkeiten führen auf relativ direktem Weg zu Siegpunkten. Ein spannender Dungeon, eine  innovative Diebeskarriere, individuelle Häuser oder alternative Siegpunktbedingungen hätten dem Spiel gut getan. Überhaupt fühlt sich das College-Leben nie wie das Konzipieren einer gut geölten Siegpunktmaschine an, sondern zeichnet sich eher durch kurzfristige Pläne aus. Obwohl wir unterschiedliche Präferenzen setzen können, haben wir am Ende üblicherweise alle Bereiche halbwegs abgedeckt und kein wirklich einzigartiges Profil ausgebildet. Ob wir unser Haus auf Kampf, Magie oder Heimlichkeit auslegen, fällt im Spielverlauf immer weniger ins Gewicht. Ebenso wie die Frage, ob wir uns früh auf den Übungsdungeon oder den Gebäudebau konzentriert haben.

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