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Detectives: L.A. Crimes

Ein Krimi-Brettspiel in den 80ern

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Kategorie: Brett- und Kartenspiele

Die 80er Jahre: Während man in Deutschland Nudelsalat und Pizzasuppe aß und stilecht Palme auf dem Kopf trug, steht das Jahrzehnt in Amerika für ungezügeltes Machogehabe, knallige Musik und stylische Sonnenbrillen. Diese 80er von Beverly Hills Cops und Miami Vice bringt uns der polnische Verlag Portal Games mit L.A. Crimes nach Hause auf den Küchentisch. Die Kampagne für das preisgekrönte Detective: Ein Krimi- Brettspiel wurde zeitgleich mit den anderen Ausgaben von Pegasus lokalisiert und konfrontiert uns mit drei Kriminalfällen um politische Intrigen, Drogenhandel und Korruption. Also: Pager zücken und den Machenschaften auf die Spur kommen!

Zuerst einmal zu den Grundlagen: L.A. Crimes basiert auf den Regeln von Modern Detective. Bis auf ein paar Plättchen und das Regelheft ließe sich die Erweiterung zwar auch alleine spielen, wer L.A. Crimes mag, wird sich die Kampagne des Grundspiels aber nicht entgehen lassen wollen

Das Prinzip des Spiels ist altbekannt und dennoch frisch. Als Investigatoren – hier waschechte, etwas korrupte Polizisten – sollen wir Kriminalfälle lösen. Das geschieht über Hinweise, die uns erlauben, eine Karte aus dem derzeitigen Fall zu lesen und dort weitere Spuren aufzutun. Ohne Karten kennen wir das Prinzip bereits von Sherlock Holmes oder dessen cthuloider Neubearbeitung.

Detective gibt uns aber deutlich mehr an die Hand als die Konkurrenz. So verfügen unsere Charaktere über besondere Stärken in Recherche, Scharfsinn und Vernehmung, die durch Fertigkeits-Plättchen symbolisiert werden. Darüber hinaus darf unsere gesamte Gruppe eine Reihe von Autoritäts-Markern nutzen. Fertigkeiten und Autorität fungieren dabei als Ressourcen, um bei Karten tiefer nachzuforschen, indem die Rückseite der Karte gelesen wird. Was banal klingt, ist äußerst klug gemacht. Permanent müssen wir entscheiden, ob wir den zusätzlichen Schritt gehen und unsere knappen Ressourcen verwenden oder ob wir sie lieber aufsparen.

Dankbarerweise führt uns das Spiel auf fast keine Holzwege. Überall gibt es Details zu entdecken, wenngleich uns manche Wege natürlich schneller voranbringen als andere. Außerdem verbrauchen Wechsel zwischen Orten und unsere Karten Zeit und setzen uns so unter Druck. Zeit und Plättchen als Ressourcen bringen einen Mechanismus ins Spiel, der sich gelungen unauffällig in die Handlung einfügt und das Spiel so von der meist regellosen Konkurrenz absetzt.

Alleinstellungsmerkmal

Das letzte große Alleinstellungsmerkmal ist die intensive Nutzung einer Website. Passend zum modernen Setting des Hauptspiels dürfen wir Akten, Fotos und Beweise auf einer Homepage verwalten und etwa auch Beweismittel vergleichen. In einer Zeit, wo fast jede Spielerin oder Spieler ein Smartphone nutzen, werden die umfangreichen Texte gelungen an alle Investigatoren verteilt und das manchmal langwierige Vorlesen merklich reduziert. Mit der Homepage wurde eine plattformunabhängige Lösung gefunden. Die Umsetzung ist gelungen, ein hängender Server kann trotzdem zum Ärgernis werden. Aus einem Ausfall Ende letzten Jahres hat man aber offenbar gelernt, sodass die Beschwerden nach einem Server-Wechsel deutlich seltener wurden.

Die starke Nutzung einer Detektiv-Datenbank passt perfekt in Kriminalfälle im Stil von CSI, jedoch eher schlechter in die 80er. Daher wurde die futuristische Plattform für L.A. Crimes fundamental umgestaltet. Vor klassisch blauem Bildschirm müssen wir nun deutlich mehr mit Befehlseingaben arbeiten und haben nicht ganz so umfangreichen Zugriff wie im Grundspiel. Stil und Stimmung der 80er schlagen sich auch im Kartendesign und den Gimmicks für Vorbesteller nieder. Hier wurden die Falleinleitungen mit Nadeldrucker ausgedruckt und die optional hinzukaufbaren Portraitfotos sind im Polaroidstil gehalten. Auch die drei vorliegenden Fälle selbst funktionieren in der Form natürlich nur in den 80ern. Ein perfekter Anlass also für einen Retro-Tag oder zumindest eine passende Playlist!

Die Fälle

Die simplen Regeln, schicke Aufmachung und Websitenutzung sind mehr als solide. Dass Detective als Anwärter für das renommierte Kennerspiel des Jahres nominiert wurde und sich großer Beliebtheit unter Vielspielenden erfreut, liegt aber zu aller erst an der unglaublich verzahnten Handlung. Autor Ignacy Trzewiczeck hat sich auf die Fahne geschrieben, Brettspiele zu entwerfen, die eine Geschichte erzählen. Mit den Co-Autoren Jakub Łapot und Przemysław Rymer hat er sich für das Grundspiel waschechte Rollenspielautoren mit ins Boot geholt und eine umfassende, komplexe und äußerst eng verzahnte Geschichte entworfen. Bei L.A. Crimes wurde Mateusz Komada mit ins Boot geholt. Die Story steht also klar im Mittelpunkt.

Eins muss man vorwegschicken: Die gleiche Tiefe wie das Grundspiel erreichen die drei Fälle in L.A. nicht. Der Zusammenhang der einzelnen Geschichten ist deutlich lockerer und entfaltet sich nicht mit der gleichen Dichte wie das Hauptspiel. Dennoch spielen auch die Verbrechen in L.A. Crimes problemlos in der oberen Liga der Kriminalspiele mit. Es gibt immer noch eine Geschichte mehr hinter der Oberfläche zu entdecken und es bieten sich zahllose Möglichkeiten für Spekulationen. Auch wenn man einen Fall mit Geschwindigkeit in 2–3 Stunden durchspielen könnte, bestimmt man das Tempo selbst. Unsere Gruppe hat einen ausgedehnten Nachmittag pro Szenario gebraucht, was meines Erachtens auch das beste Tempo für das Spiel ist. Detective entfaltet seinen Geschmack nur als Slow- und nicht als Fast-Food. Das ist vielleicht das einzige, das untypisch für die 80er ist …

Allerdings bedeutet das auch, dass sich das Spiel an konzentrierte und disziplinierte Spielgruppen richtet. Zuerst einmal wäre da der hohe Leseanteil, weshalb deutsche Muttersprachler dank der guten Lokalisation definitiv zur Ausgabe von Pegasus greifen sollten. Darüber hinaus will notiert, diskutiert und kombiniert werden. Zwischen den Abenden müssen erst einmal die Fäden neu gesponnen und die Fakten sortiert werden. Und mit Fotos und Whiteboard spielt sich das Spiel dann noch einmal besser. Wer lieber „mal zwischendurch“ einen Fall lösen will, ist etwa bei Chronicles of Crime besser aufgehoben. Das Gefühl „echter“ Detektivarbeit vermittelt Detective dafür aber wie kein anderes Spiel. Ob in den 80ern oder heute: L.A. ist immer eine Reise wert!

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