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Chronicles of Crime

Tatort London

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Kategorie: Brett- und Kartenspiele

Das Verbrechen wütet wieder einmal in London. In Chronicles of Crime greifen wir Scotland Yard kräftig unter die Arme, um zumindest der ein oder anderen Schandtat ein Ende zu machen. Als zeitgenössische Investigatoren dürfen wir dabei auf modernste Technik zurückgreifen ...

Chronicles of Crime ist ein typisches Kriminalspiel. Anstatt Siegpunkte zu sammeln, geht es darum, mit dem Team möglichst schnell und genau einen Fall zu lösen. Dazu wollen Tatorte besucht und Zeugen befragt werden. Ein kleines Quiz am Ende des Falls belohnt uns mit Punkten und schickt uns zurück ins Geschehen, falls wir zu voreilig waren.

Das Prinzip ist nicht neu. Sherlock Holmes: Criminal Cabinet (heute: Consulting Detective) konnte bereits 1985 mit dieser Mischung aus Brettspiel, Spielbuch und Rollenspiel den begehrten Spiel des Jahres-Preis einheimsen. Das Genre hat auch heute wenig an Reiz verloren und mit Mythos Tales eine Neuinterpretation erfahren. Spiele wie Detective: A Modern Crime Board Game (auf Deutsch bei Pegasus) und das vorliegende Chronicles of Crime modernisieren das Format durch App- bzw. Online-Unterstützung. In den Chroniken kommen dabei QR-Codes zum Einsatz. Alle Indizien, Zeugen und Orte sind mit einem solchen Code versehen, sodass wir per Scan am Smartphone mit den Karten interagieren können. Das wird am deutlichsten bei der Zeugenbefragung ...

Beinarbeit

Den Großteil des Spiels versuchen wir durch geschickte Zeugenbefragung mehr über die Geschehnisse herauszubekommen. Per QR-Scan reisen wir an betreffende Orte, wo wir mit einem weiteren Scan eine Zeugin oder einen Zeugen auswählen. Nun dürfen wir Indizien oder Charaktere bestimmen, zu denen wir eine Einschätzung oder Antwort präsentiert bekommen. Bereits aus vergleichbaren Spielen bekannt sind Expertinnen und Experten. Kriminologe, Forensikerin, Hacker oder Gerichtsmediziner können jederzeit angerufen werden, um Auskunft über Verdächtige zu geben oder Indizien zu untersuchen. Im besten Fall ergeben solche Gespräche neue Orte und Personen, die dann wiederum besucht werden können. So baut sich Schritt für Schritt und mit nur wenig Wühlen in Kartenstapeln ein Netzwerk an Orten, Zeugen, Verdächtigen und Täter(n) auf. Das ständige Scannen wird dabei schnell zum Automatismus und fällt im weiteren Verlauf kaum mehr auf. Dazu aber später mehr.

Am Tatort

Neben Zeugenbefragungen ist auch eine genaue Tatortuntersuchung wichtig. Hier finden wir die meisten Indizien und erhalten so das Material, um Personen zu befragen. Dabei setzt Chronicles of Crime auf eine ungewöhnliche Mechanik. Für eine halbe Minute darf sich eine Spielerin oder ein Spieler einen Tatort am Smartphone ansehen und beschreiben. Der Rest des Teams sucht in 35 Objektkarten passende Indizien heraus. Die sind dabei bewusst abstrakt gehalten. Wir finden Computer, Pflanzen, Kommunikationsmittel oder Kleidung, statt etwa ein konkretes rotes T-Shirts oder eine Nelke. So sind die Kategorien für unterschiedlichste Fälle zu nutzen und wird es uns nicht allzu einfach gemacht. Auch wurde durch das Wechselspiel von Beschreiben und Suchen eine Lösung gefunden, um trotz eines Gerätes – mehrere Geräte gleichzeitig zu nutzen ist vorerst nicht möglich – alle Spielerinnen und Spieler involviert zu halten. Das Prinzip gelingt gut, auch wenn uns so nicht garantiert wird, dass wir alle relevanten Informationen gesammelt haben. Wir können aber üblicherweise zum Tatort zurückkehren. Je Fall dürfen wir etwa zwei dieser optisch aufwändig gestalteten Szenen durchsuchen. Dank eines kostengünstigen Virtual-Reality-Aufsatzes kann die Durchsuchung des Tatorts sogar in 3D geschehen. Das kann je nach Nutzer*in oder Gerät etwas anstrengend sein, ist aber eher ein Gimmick, das ohne Verlust weggelassen werden kann.

Moderne Technik

Chronicles of Crime ist bei weitem nicht das erste oder einzige Spiel, das auf App-Unterstützung setzt. Die Konsequenz, mit der das geschieht, ist aber einzigartig. Spielplan und Karten sind im Endeffekt Visualisierungshilfen, während das Geschehen im Wesentlichen am Bildschirm des Smartphones stattfindet. Das gelingt trotz anfänglicher Skepsis enorm gut. Nicht nur, dass der Spieltisch aufgeräumt bleibt, auch fallen nerviges Suchen, Dokumentieren und damit einhergehende Fehlerquellen weg. Dank App gelingt sogar ein fast völlig regelloses Spiel. Nach wenigen Minuten Tutorial wissen wir alles, was es über die Regeln zu wissen gibt, und können direkt ins Spiel springen. Einsteigerfreundlicher geht es kaum.

Das kann allerdings auch durchaus auf Vorbehalte stoßen, schließlich kauft man ja ein Brett- und kein „Handy-Spiel“. Auch könnte eine schlecht programmierte App oder eine notwendige Internetverbindung das Spielgefühl ruinieren. Beides ist jedoch nicht der Fall. Die App läuft bei akzeptablem Akkuverbrauch ohne Onlineverbindung oder Abstürze und ist dabei enorm flüssig und schnell. Verfügt man über ein halbwegs aktuelles und aufgeladenes Gerät und ist Willens, es aus der Hand zu geben, steht einem flüssigen Spielergebnis nichts im Weg. Musik und ein dokumentierter Verlauf werten das Flair sogar im Vergleich zu Brettspielen tendenziell auf.

Die Kombination von Brett und Bildschirm gelingt ohne große Schwierigkeiten und bewahrt immer den Charakter eines Brettspiels. Die App ist intuitiv und das Scannen gelingt aus fast jedem Blickwinkel. Nur zu direktes Deckenlicht kann die QR-Codes manchmal irritieren. Das Smartphone ersetzt letztlich einfach ein sonst herumzureichendes Buch oder einen Kartenstapel und „denkt“ dabei für uns mit.

Auch sonst weist die App-Nutzung einige Vorteile auf. Der geringe und mehrfache Materialeinsatz (Orte und generische Charaktere können, wie die Hinweistypen, in unterschiedlichen Szenarios verwendet werden) sorgt für einen geringen Preis. Auch neue Szenarios können mit bestehendem Material umgesetzt und bequem im Shop angeboten werden. Weitere Fälle sind bereits für Dezember als In-App Käufe angekündigt und sogar Fan-Szenarios lassen sich so potentiell umsetzen. Auch Übersetzungs- oder andere Textfehler sind per Download einfach zu korrigieren.

Optisch sind die QR-Codes gut in das Layout eingefügt und passen zum etwas comic-haften Stil der Charaktere. Die Grafik kommt beim aufgeräumten und textlosen Stil gut zur Geltung. Während die Charaktere etwas gewöhnungsbedürftig überzeichnet sind, wissen die Stadtteil-Illustrationen auf ganzer Linie zu überzeugen. Das Spiel fühlt sich stimmig und nicht zu ernst an. Auch die bereits vorbereiteten Erweiterungen versprechen passende Artworks, die das jeweilige Thema perfekt einfangen. Außer optionaler Musikuntermalung baut das Spiel jedoch durchgehend auf Text (in der App) und Bilder. Videos, Tonschnipsel oder interaktive Rätsel wurden noch nicht umgesetzt und sind auch noch nicht angekündigt.

Fälle

Investigationsspiele stehen und fallen mit den mitgelieferten Fällen. Die sind immer nur einmal sinnvoll spielbar und müssen fordernd, aber lösbar sein. Chronicles of Chrime kommt mit fünf Fällen und einem Tutorial daher, wobei drei dieser Fälle in eine Kampagne eingebettet wurden. Das ist für den geringen Preis mehr als ausreichend, zumal zwei Erweiterungen in anderen Settings und neue Fälle am „Tatort London“ in Arbeit sind.

Die Verbrechen sind durchgehend plausibel, wenn auch nicht umwerfend innovativ. Die meisten Zusammenhänge können zur Not mit etwas mehr Laufarbeit aufgeklärt werden, so dass wir fast nie stecken bleiben, selbst wenn uns einmal nicht die richtige Frage einfällt. Außerdem wurden ab und an Ereignisse eingesetzt. Ortswechsel, Tatortuntersuchungen und Befragungen kosten Zeit und lösen Ereignisse wie Drohnachrichten oder neue Morde aus. Auch die Expertinnen und Experten können ab und an etwas Zeit benötigen, um Ergebnisse vorzulegen. So kommt Dynamik in die Fälle, wenngleich die Zeuginnen und Zeugen nicht alle auf solche Änderungen reagieren, und auch die Einführungstexte der Orte meist gleich bleiben. Hier wäre noch Potential gewesen, um etwa beim neuerlichen Besuch etwas Abwechslung zu schaffen. Besonders actionreich formulierte Einstiege wirken beim zweiten Mal lesen etwas skurril.

Insgesamt ist das Falldesign konsequent aber kommt ohne allzu große Überraschungen aus. So gibt es keine Rätsel, Minispiele oder besondere Verhöroptionen, dafür ist das Prinzip auch für Krimi-Neulinge verständlich und die Falldauer wurde gut getaktet. Die etwa ein- bis eineinhalbstündige Spieldauer pro Fall ist lang genug, um sich in London heimisch zu fühlen, entwickelt aber keine Längen oder Hänger. Vorbildlich.

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