X

Cookie Notice

Wir nutzen auf unserer Website Cookies und andere Technologien, um zu analysieren wie Sie unsere Webseite nutzen, Inhalte zu personalisieren und Werbung zu schalten. Durch die weitere Nutzung erklären Sie, dass Sie mit der Nutzung von Cookies einverstanden sind. Beachten Sie bitte, dass dieser Hinweis und die Einstellungen nur für die AMP Version unserer Seite gelten. Auf der regulären Website treffen Sie die Auswahl über den Cookiebot.

Startseite
Brett- und Kartenspiele Cosplay Filme Games Intern Interview Kurzgeschichten LARP Literatur Musik Pen & Paper Rezepte Sonstiges Tabletop Veranstaltungen

Baltimore – Band Zwei

Die Jagd auf den Roten König

Zur klassischen Webseite

Kategorie: Literatur

Mit dem zweiten Band von „Baltimore" liegt die Ausnahmeerzählung vollständig in komfortabler Sammelbandform auf Deutsch vor. Bereits der erste Teil hat gezeigt, dass es sich hier um ein Werk von Sonderklasse handelt: Angesiedelt vor dem Grauen des Ersten Weltkrieges, kommt eben jener in der Parallelwelt von Baltimore durch das Erwachen von Vampiren zu einem verfrühten Ende mit Schrecken. Hauptcharakter Lord Baltimore ist an diesem Ereignis nicht ganz unschuldig und wird fortan von Gewissensbissen geplagt, die ihn auf seine persönliche Odyssee schicken.

Die besagte Odyssee kommt im ersten Band von Baltimore zwar teilweise zu einem Ende, es bleiben aber genug Fäden offen, zumal das vampirische Grauen noch lange nicht aus der Welt gebannt wurde. Band Zwei beinhaltet fünf umfangreiche Geschichten, die mehr oder minder nahtlos an die Geschehnisse des ersten Teils anschließen. Die ersten beiden Geschichten fügen sich dabei verhältnismäßig lose in die bisherige Erzählung ein.

In der Hexe von Harju wird ein für die Reihe typisches, okkultes Thema aufgegriffen. Baltimore und seine Mitstreiter finden sich in Estland wieder, wo die titelgebende Hexe ihr Unwesen treibt. Ein ganzes Dorf ist in Aufruhr und verteidigt sich mit teils dubiosen Mitteln gegen die Gefahr. Es entfaltet sich ein durchaus blutiges Inferno, welches gelungen in die Welt zurückführt und eine weitere Facette der verfluchten Nachkriegszeit aufzeigt.

Der Wolf und der Apostel ist auf der Krim angesiedelt und erzählt in Rückblende eine entscheidende Szene für die Gründung der neuen Inquisition. Auch die zweite Geschichte ist nichts für schwache Mägen, führt aber insbesondere den Inquisitor „Rigo“ als Teil der Gruppe ein. Die Geschichte füllt die Welt von Baltimore mit Leben und greift gekonnt Themen des ersten Bandes auf.

Der Rote König

Mit dem Kult des Roten Königs wird das eigentliche Thema des zweiten Bandes eröffnet, das die letzten drei umfangreichen Geschichten bestimmt. In Rom macht man sich auf die Suche nach einem Kult, der dem grausigen König zuarbeitet, während Baltimore auf Schiff in der Ostsee liegt. Die Erzählung eröffnet Raum für Charakterzeichnungen und die Hintergrundgeschichten der Hauptfiguren, es gibt sogar einen kurzen Rückblick auf die Schicksalsmomente Baltimores selber. Die verstörende Handlung führt auf die Spuren einer ominösen Puppenspielerin und insbesondere des Kults des roten Königs.

Leere Gräber führt das Motiv fort, die Geschichten der Hauptfiguren zu erzählen und so in Rückblenden mehr über die Welt und Schicksalsschläge der Charaktere zu offenbaren. Traurige Erinnerungen and gefallene Freunde werden von einem blutigen Aufeinandertreffen mit Dienern des Roten Königs jäh unterbrochen. Das letzte Kapitel führt dabei zielgerichtet auf die finale Geschichte hin.

Den fulminanten Abschluss macht Das Rote Königreich. Nach einer zweijährigen Erzählpause hat sich der Horror wirklich aus der dörflichen Heimlichkeit bewegt und eine wahrhaft weltumspannende, apokalyptische Dimension angenommen. Hier kommt das Weltkriegsthema in einer finalen Schlacht zurück und lässt den Horror jegliche Grenzen überwinden. Wir begegnen den bekannten Charakteren in einem militärischen Setting wieder, das vor völlig veränderter geopolitischer Kulisse stattfindet. Die Verschmelzung von Militarismus und okkultem Horror gelingt überzeugend und schafft es, die Ebenen zwischen anonymen Massensterben und ‚heroischen‘ Kämpfen der Einzelcharaktere plausibel zu verbinden. Baltimore kommt – in einem Satz gesagt – zu einem angemessenen Ende.

Neben dem heftigen Wechsel auf die Ebene des Weltkrieges muss dabei die gelungene Dramaturgie gelobt werden. Die Erzählung nimmt fast gigantomanische Züge an und mündet in einem gut geplanten und durchgetakteten Endkampf. Auch das Ende selbst ist überraschend und lässt die Geschichte sanft aber traurig abklingen. Dadurch wirken das ganze Buch und die gesamte Reihe rund und in gewisser Weise „tief“. Die Erzählung Baltimores kommt zu einem schweren aber passenden Abschluss.

Gesamtaufmachung

In Bezug auf Darstellung und Umsetzung hat sich im Vergleich zum ersten Band nichts Wesentliches geändert. Der Stil bleibt für eine Erzählung im Mignolaverse realistisch, wobei starke Farbflächen und -kontraste genutzt werden. Auch dramaturgisch wechseln sich fast schon beschauliche Dorfszenen mit feurigen und blutigen Momenten ab. Wie durchdacht diese Inszenierung ist, wird an den jeweils beigefügten Sketchbooks deutlich, welche Szenenentwürfe, Charakterskizzen, alternative Coverentwürfe und Panelentscheidungen beinhalten und vorführen. Im Gegensatz zum ersten Band finden sich jedoch keine Vorworte, sondern nur ein kurzes Nachwort von Mitschöpfer Christopher Golden.

Das großzügige Format, robuste Hardcover und Lesebändchen machen die Reihe ebenso gut lesbar wie im Regal wirksam.

Weitere Artikel: