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All Our Hidden Gifts - Die Macht der Karten

Magischer Raum für jugendliche Entwicklungsprozesse

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Kategorie: Literatur

Maeve ist das jüngste Kind der Familie. Alle ihre Geschwister sind quasi Genies, nur sie fällt aus dem Raster. Sie scheint nichts wirklich zu können und zweifelt an sich selbst. Bis sie ein Deck Tarotkarten findet.

Leider sind die Noten der 16jährigen Maeve so schlecht, dass ihre Eltern sich gezwungen sehen, eine Privatschule für sie zu zahlen. Damit steigt der Druck der Jugendlichen, die sich nicht nur als Versagerin der Familie zwischen ihren strebsamen Geschwistern sieht, sondern auch in der katholischen Einrichtung irgendwie nicht passend aufgehoben scheint. Ihre Impulsivität und das Emotionschaos in ihrem Inneren bringen sie immer wieder dazu, auszurasten. Und alle müssen darunter leiden. Letztens erst ihr Italienisch-Lehrer, dem sie einen Schuh an die Tafel pfeffert. Natürlich wird sie zu Strafarbeit verdonnert, die sie ins „Loch“ führen – einen alten, staubigen Wandschrank, den sie aufräumen soll. Beim Ausmisten der alten Kartons findet Maeve nicht nur einen Walkman mit Musik aus den 90ern, sondern auch ein altes Deck an Tarotkarten, von dem sie sich quasi magisch angezogen fühlt. Begierig sucht sie nach Informationen über Tarot und lernt die Bedeutung der Karten auswendig – was ihr übrigens wesentlich einfacher fällt, als Verben und Konjugationen zu behalten. Endlich scheint sie etwas gefunden zu haben, was sie gut kann, und ihr auch in der Schule Anerkennung einbringt.

Ene, mene, meck – die Lily, die muss weg

Seit einem Jahr redet Maeve schon nicht mehr mit ihrer ehemals besten Freundin Lily. Irgendwie schien es Maeve in der weiterführenden Schule wichtig, mit den richtigen Leuten befreundet zu sein, was Lily wiederum völlig gleichgültig war. Wegen dieser unterschiedlichen Sichtweisen zerbricht die Freundschaft, aber beide Mädchen haben daran zu knabbern. Über die Karten geraten sie in Streit, böse Sätze fliegen hin und her und Maeve wünscht sich, Lily möge doch einfach verschwinden. Plötzlich erscheint eine Karte, die im Deck eigentlich gar nicht vorkommt: Die Mamsell. Eine gruselige Frauengestalt, die den Mädchen Angst einjagt und Maeves Wunsch gefährlich genau wahrgenommen hat. Am Montag erscheint Lily nicht mehr in der Schule – und das scheint Maeves Schuld zu sein.

Jugendliche Entwicklungskonflikte

Das Buch behandelt aber nicht nur eine spannende Geschichte um die Kraft hinter Tarotkarten und baut damit eine magische Welt inmitten der Realität auf, sondern besticht vor allem dadurch, dass es typische Entwicklungskonflikte von Jugendlichen aufgreift. Mit wem sollte man auf einer Schule, auf der Beliebtheit eine große Rolle spielt, Umgang haben, ohne sich selbst und den geliebten Menschen im Umfeld Unrecht zu tun? Wo kommen all die Selbstzweifel her und wie wird man ihrer Herr*in? Vor allem das Thema Selbstidentifikation wird behandelt, in den Bereichen Religiösität, Selbstbewusstsein und dem Herausfinden der eigenen Stärken, aber auch der sexuellen Lebensrichtung. Maeve muss sich klar werden darüber, wie sie ihre Emotionen unter Kontrolle bringt und in richtige Bahnen lenkt. Ihr Freund Roe – Lilys Bruder – weiß nicht, ob er auf Männer oder Frauen steht und warum er so gerne auch mal einen Rock anzieht. Seine Eltern finden das bestimmt gar nicht toll, und auch er selbst weiß nicht, ob er jetzt ein Mann ist, der auf Männer steht, oder eine Frau, die im falschen Körper steckt. Das wird ihm alles so kompliziert, dass der ideale Weg für ihn daraus besteht, einfach keinem der Geschlechter anzugehören, sondern sich einfach als Person mit Vorlieben und Stilen zu identifizieren. Fiona, die Maeves Nähe sucht, wenn alle anderen sich von ihr abwenden, wird als Person of Colour noch oft genug mit rassistischen Vorurteilen und Klischees konfrontiert, gegen die sie sich so heftig wehrt, dass sie darüber nicht herausfinden kann, was sie eigentlich selber möchte. All diese Konflikte werden innerhalb der Handlung thematisiert und bieten somit einen theoretischen Rahmen, in literarischer Sicherheit mit dem Gedanken zu spielen, was auf die Leser*innen selbst zutreffen könnte und was die jeweiligen Konsequenzen bedeuten.

Magische Fähigkeiten

Als die Jugendlichen auf ihrer Suche nach Lily mit diesen typischen Entwicklungsprozessen konfrontiert werden, suchen sie gleichermaßen nach Lösungen für die Probleme in der Realität, aber eben auch Wege, die eigene Persönlichkeit zu stärken und sich selbst zu akzeptieren, so wie sie sind. Mit allen positiven und negativen Facetten. Sie müssen darum kämpfen, auch von anderen akzeptiert zu werden und ihren Weg gehen zu dürfen, müssen ihr eigenes Handeln in Frage stellen, kritisch auf dem Prüfstand bewerten und entscheiden, ob sie etwas ändern möchten. Belohnt werden sie aber nicht nur mit der Stärkung der eigenen Identität, sondern auch mit dem Zusammenhalt in der neuen Gruppenkonstellation. Die magische Reise, der Umgang mit den Tarotkarten und die real gewordene Magie rücken dadurch deutlich in den Hintergrund, bilden aber immer noch einen unterhaltsamen Rahmen, der all die wirklich schwierigen Thematiken in eine mysteriöse Atmosphäre bettet, die wir unbedingt erkunden wollen und in der es niemals langweilig wird.

 

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