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Alice im Düsterland

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Kategorie: Pen & Paper

Wer hätte gedacht, dass sich Alice jemals wieder von ihrer Reise ins Wunderland erholen würde. In Jonathan Greens Spielbuch Alice im Düsterland muss sie sogar noch ein zweites Mal in den Kaninchenbau absteigen und das seltsam dunkel gewordene Wunderland von einem neuen Schrecken befreien.

Das Düsterland

Wer Alice nicht nur mit der Disney-Umsetzung verbindet und sich einmal die Mühe gemacht hat, in das Original von Lewis Carrol hineinzulesen, merkt schnell, dass der Roman 150 Jahre später kaum mehr als Kinderbuch durchgehen kann. Nicht nur Tim Burtons surreale Adaption, sondern auch die große Begeisterung für Alice von Seiten der alternativen Rauschkultur sind sicher keine Zufälle. Permanenter Konsum von realitätsverändernden Substanzen und eine auf einem psychedelischen Pilz sitzende und Wasserpfeife rauchende Raupe führten bereits bei Jefferson Airplane zur Forderung, seinen Geist zu füttern und nicht auf die Empfehlungen der Elterngeneration zu hören.

Das Wunderland ist schon im Original verstörend genug, Jonathan Greens Düsterland dreht die Schraube aber noch etwas weiter. Die berühmte Grinsekatze ziert nicht nur mit tollem Präge- und Glanzdruck das Titelbild, sondern auch mit blutverschmierten Fangzähnen. Und das vermeintlich harmlose weiße Kaninchen tritt uns gleich auf den ersten Seiten brutal entstellt entgegen. Füllmaterial tritt aus allen Nähten und ein großes Loch im Bauch ist mit einer tickenden Uhr gefüllt. Daneben wird die Welt von kruden Apparaturen und zweiköpfigen Ogern bevölkert. Kurzum: Die verstörenden Elemente des Originals wurden im Spielbuch mit Horror- und Fantasyelementen angereichert und richten sich nun ganz explizit an ein erwachsenes Publikum.

Dabei geht das Düsterland gekonnt spielerisch mit Carrols Vorlage um. Immer wieder werden Zitate aus der Vorlage eingeflochten und in einen anderen Kontext gestellt. So haben wir einigen Wiedererkennungswert, ohne eine bereits bekannte Geschichte neu zu erleben. Die Königin ist eine ganz neue Gefahr geworden und die Bewohnerinnen und Bewohner haben sich alptraumhaft gewandelt.

Diese Verzerrung wird auch von den zahlreichen Illustrationen gestützt. Die stammen allesamt aus der Feder von Kev Crossley, variieren aber im Stil deutlich. Ein düster-realistischer Stil wechselt sich mit abstrakten, verschlungenen Umrisszeichnungen ab. Dabei sind beide Stile auf ihre Weise passend. Auch das bereits genannte, äußerst gelungene und durch verschiedene Drucktechniken akzentuierte Titelbild macht das Buch zu einem echten Hingucker.

Herzdame oder: Mit Glück und Spielkarten

Alice im Düsterland ist ein sogenanntes Spielbuch – oder, wie Green es nennt: ein Baumdiagramm-Spielbuch. Das bedeutet, dass wir am Ende jedes Abschnittes zwischen verschiedenen Optionen wählen können, die uns zu jeweils anderen Folgeabschnitten führen. So gibt es unzählige viele verschiedene Wege, die Alice einschlagen kann. Zu einem wirklichen Spielbuch wird Alice im Düsterland aber erst durch die Spielregeln. Alice muss, wie in einem Rollenspiel, Proben ablegen, kämpfen und Sonderfähigkeiten einsetzen.

Die Regeln sind dabei angenehm übersichtlich. Alice verfügt über fünf Attribute, wobei Logik und Gewandtheit klassische Fertigkeiten darstellen, Kampf in körperlichen Auseinandersetzungen eingesetzt wird und Wahnsinn und Ausdauer Lebenspunkte beziehungsweise geistige Gesundheit darstellen. Zu Beginn dürfen wir einige Punkte auf diese Werte verteilen und so unsere persönliche Alice erstellen.

Der Einsatz der Attribute ist denkbar einfach. Üblicherweise müssen wir mit zwei Würfeln unser Attribut unterwürfeln, im Kampf hingegen addieren wir einen Wurf auf unseren Wert und schauen welche Konfliktpartei besser abschneidet und Schaden verursacht.

Im Kampf wird etwas Dynamik durch wechselnde Initiative erzeugt, ansonsten sind diese Grundregeln aber wenig überraschend. Gelungen ist hingegen der Umgang mit den Attributen im Spielverlauf. Die Attribute sind im Dunkelland nämlich etwas instabil und verändern sich mit der Zeit. Nicht nur unsere Ausdauer sinkt und unser Wahnsinn steigt, sondern selbst unsere Logik und Gewandtheit können sich im Spielverlauf verändern.

Besonders passend ist die Möglichkeit, statt Würfel auf Spielkarten zurückzugreifen. Das passt perfekt ins Genre und ist recht komfortabel. Ein Zufallsgenerator im Buch – etwa durch Spielkarten auf den Seitenrändern oder eine Zufallszahlenseite – fehlt aber. Dafür sind mehrere Abenteuerbögen abgedruckt, um direkt im Buch schreiben zu können.

Ebenfalls thematisch passend sind die zwei Sonderfertigkeiten Seltsamer und seltsamer sowie Die Feder ist mächtiger. Beide Fertigkeiten dürfen wir im Spiel in vielen Abschnitten aktivieren, um Situationen zu verändern. Durch die mächtige Feder können wir Kämpfe kreativ umgehen, während die Seltsamkeit Szenen zum Besseren oder Schlechteren ändert. Ein äußerst passender und in der Form neuartiger Ansatz.

Rätselhafte Uhrwerke

Grundsätzlich reisen wir im Spiel durch das Düsterland und versuchen, die richtigen Informationen und Zutaten zu finden, um unseren finalen Auftrag zu erfüllen. Der Weg durch das Düsterland ist dabei alles andere als übersichtlich angelegt. So können wir auch in der Traumwelt selbst noch einmal ein Portal betreten und geraten an einer Stelle in ein echtes Labyrinth. Nicht umsonst wird uns geraten, während des gesamten Spiels eine Karte anzufertigen. Diese Orientierungsarbeit kann bereits als Rätsel betrachtet werden, daneben konfrontiert uns das Spiel aber immer wieder mit zum Teil anspruchsvollen Kopfnüssen.

Die Grinsekatze fragt uns aus, wir müssen bestimmen, in wie viel Zügen wir einen Schachgegner Matt setzen können und ab und an müssen gesuchte Wörter gefunden werden. Die Rätsellösungen ergeben, wenn möglich, Zahlen. So kodieren wir Lösungswörter über eine Alphabetnummerierung (A=1, B=2 ...) oder nutzen die Zahl der nötigen Schachzüge. Das Ergebnis ergibt dann direkt oder zu einem späteren Zeitpunkt einen Abschnitt, an dem wir weiterlesen sollen. So ist das Düsterland immun vor Schummeleien und stellenweise eine echte Herausforderung.

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