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Advential Meet&Feed

Das 14. Türchen des Kurzgeschichten-Adventskalenders

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Kategorie: Kurzgeschichten Literatur

Wer bestimmt, welcher Plätzchentrend dieses Jahr "In" ist, verrät euch Ann hinter dem vierzehnten Türchen unseres Kurzgeschichten-Adventskalenders.

Pling-pling-pling.

    Frau Weihnachtsfrau legte den kleinen Silberlöffel, mit dem sie soeben gegen das Wasserglas geschlagen hatte, wieder auf den runden Tisch zurück. Dann erhob sie sich würdevoll. So würdevoll, wie es ihr dicker, roter Mantel zuließ.
   „Hiermit eröffne ich den 8.125 Adventskaffeekranz in der Geschichte von Weihnachten und den dritten für dieses Jahr. Ich möchte damit beginnen …“
   Ein kurzes Räuspern erklang.
   „Ja, Zahnfee?“, fragte Frau Weihnachtsfrau verwundert.
   „Entschuldigung, wenn ich kurz unterbreche“, sagte die Zahnfee und rückte sich die Brille auf der spitzen Nase zurecht. „Aber im Zuge der Umstrukturierung und Digitalisierung sind wir angehalten worden, uns der neuen Keywords zu befleißigen.“
   „Ach ja, richtig“, erinnerte sich Frau Weihnachtsfrau. „Vielen Dank für den Hinweis. Nun denn, ich werde mir Mühe geben, aber ich kann nichts versprechen. Also willkommen meine Damen … und mein Herr … zum diesjährigen dritten Advential-Meet&Feed.“
   Ein Murmeln ging durch den Wintergartenpavillion.
   „Als erstes steht auf der Tagesordnung“, fuhr Frau Weihnachtsfrau fort, „die Anwesenheit der Anwesenden festzustellen. Schriftführerin Zahnfee wird wie immer alles dokumentieren. Da wäre meine Person, als Vorsitzende. Ich bin da. Dann, als meine Stellvertreterin, die oberste Wichtelfrau, ebenfalls vorhanden.“ Die oberste Wichtelfrau nickte gemütlich in die Runde „Als nächstes die Zahnfee, von ihr haben wir schon gehört. Das Christkind lässt sich hingegen für heute entschuldigen. Wie wir alle wissen, ist es u. a. auch mit der Gleichstellung beauftragt. Es muss noch einen Keynote-Vortrag vorbereiten und hat daher keine Zeit. Dann begrüße ich heute Petrus bei uns. Er ist vertretungsweise für seine Zwillingsschwester Petra hier.“
   „Den Unterschied hätte ich jetzt gar nicht bemerkt“, lehnte sich die oberste Wichtelfrau zur Zahnfee hin.
   „Eineiige Zwillinge“, tönte es von der anderen Seite des Tisches.
   „Ja und da meldet sich auch gleich unsere liebe Austauschkollegin Frau Osterhäsin zu Wort“, erklärte Frau Weihnachtsfrau beinahe schon feierlich. „Ihr Sabatical hat am 1. Dezember begonnen. Sie wollte sich schon immer mal eine Auszeit von Ostern, den Eiern und ihren vielen, vielen Kindern nehmen und ist zu uns gekommen. Sollten wir später noch Zeit haben, kann sie uns gerne einen Einblick in die Osterprozessionen und Prozesse geben. Aber jetzt wollen wir beginnen.“
   „Moment, was ist mit der Schneekönigin?“, warf die Zahnfee ein.
   „Ach ja, die hätte ich beinahe vergessen …“, meinte Frau Weihnachtsfrau und sah teilweise erleichtert aus, „obwohl das eigentlich recht schwierig ist. Offensichtlich ist die Schneekönigin nicht anwes …“
   „Ta-ta, ihr Flöckchen und Flocken!“, erschallte es plötzlich.
   Die Schneekönigin kam durch die Flügeltür hereingeschneit. Mit dem hohen Klirrfaktor ihrer Stimme brachte sie problemlos die Scheiben des Wintergartenpavillions zum Klirren. Zudem hatte sie den Polarwind im Rücken und eine große Schneewehe dabei. Augenblicklich wuchsen Eisblumen an den Fenstern und die Anwesenden bekamen eine Ladung eiskalten Schnee ins Gesicht geklatscht.
   „Pfff, pf, pf.“ Frau Weihnachtsfrau versuchte den Schnee aus dem Mund zu spucken. Sie zog ihren Mantel fester um sich. „Pfff … also doch, bitte notieren: Die Schneekönigin ist ebenfalls anwesend.“
   „Ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie schwierig der Weg hierher war. Der Flighway war die Hölle, sag ich euch, die Hölle“, plapperte die Schneekönigin los, während sie sich in ihrem ausladenden Kleid auf den freien, kleinen Stuhl zwischen der Osterhäsin und Petrus quetschte.
   „Ich möchte doch sehr bitten“, meinte Petrus daraufhin verärgert.
   Er versuchte den frostigen Eistüll des Kleides mit einem missbilligenden Blick zur Seite zu schieben, was nur mäßig gelang. Petrus hatte die Schneekönigin noch nie besonders leiden können und war nicht glücklich, dass sie ausgerechnet neben ihm saß. Mit einem weiteren mürrischen Blick nahm er wahr, wie sich zusätzlich zwei große Yetis mit schneeweißen Sonnenbrillen hinter die Schneekönigin in den Pavillon quetschten und es noch enger wurde.
   „Wenn mir Weißröckchen und Fritzchen nicht den Weg durch meine Fanmassen freigeschaufelt hätten, hätte ich es heute überhaupt nicht geschafft“, redete die Schneekönigin weiter und kramte aus einer ihrer Kleidtaschen ein Snowphone heraus. „Ich muss noch ein, zwei Elfies machen, damit meine Fans wissen, was ich gerade tue und wie ich dabei aussehe. Content ist alles. Schließlich gilt: There’s no business like snowbusiness.“
   Sprachs und posierte mit einem zauberhaften Lächeln für die Kamera.
   Frau Weihnachtsfrau verdrehte kaum merklich die Augen. Die Schneekönigin war nach ihrem Mann der andere Superstar am Nordpol. Es war ihr sehr wichtig bei sämtlichen Kreaturen beliebt zu sein, vor allem seit der einen Geschichte damals, mit Kai und Gerda. Das hatte der Schneekönigin einen tiefen Knacks versetzt. Seit diesem Vorfall war das einzige, was sie noch interessierte, ein eisglattes, aufpoliertes Image. Frau Weihnachtsfrau hatte insgeheim gehofft, dass die Schneekönigin heute nicht erscheinen würde, denn dann wären sie sehr schnell fertig gewesen. Aber nun würde es ein langer Nachmittag werden.
   „Ja, wie dem auch sei“, sagte Frau Weihnachtsfrau. „Da wir also nun alle da sind, kommen wir zum Hauptgrund unseres Zusammentreffens. Wie wir das letzte Mal festgelegt hatten, geht es heute um die Plätzchenrezepte für dieses Weihnachten. Zuerst werde ich kurz die diesjährigen Sorten vorstellen. Danach werden wir darüber beraten und abstimmen, welche dieser Plätzchen auf den Kaffeetafeln der Welt über die Weihnachtstage landen werden. Dafür haben die oberste Wichtelfrau und ich in der Mitte unseres Tisches eine größere Auswahl an Keksen aufgebaut. Auf dieser Seite findet ihr die Klassiker wie Zimtsterne, Spekulatius, Lebkuchen und dergleichen mehr …“
   „Ach wie langweilig“, sagte die Schneekönigin gedehnt und goss sich etwas Eistee ein. „Die sehen ziemlich altbacken aus.“
      „ … und hier haben wir die aktuellen Trendsorten“, fuhr Frau Weihnachtsfrau ungerührt fort. Diese Kekse sind mit Superfood gebacken wie zum Beispiel mit Goji-Beeren oder Overnight-Oats.“
   „Oh, das ist ja spannend!“, meinte die Schneekönigin nun wieder aufgeregt. „Davon muss ich gleich ein paar Bilder machen. Huch, da sind Fledermaus-Plätzchen! Wie spookie!“
   „Ja, das ist eine Erfindung einer meiner Wichtelinnen“, erklärte die oberste Wichtelfrau stolz. „Es war ihre Idee, den Plätzchen eine andere Form zu verleihen.“
   „Eine Frage“, meldete sich nun die Zahnfee zu Wort. „Gehe ich richtig in der Annahme, dass bei dem Trendgebäck weniger Zucker zum Einsatz kommt?“
   „Ja“, antwortete die oberste Wichtelfrau. „Wir konnten den Zuckergehalt um 30 Prozent senken, ohne den Geschmack zu sehr zu beeinflussen. Bei den Low-Carb-Varianten haben wir außerdem ganz auf weißen Zucker verzichtet und mit anderen Süßungsmitteln gearbeitet. Wir konnten sogar eine vegane Version von Zimtsternen herstellen.“
   „Das ist sehr löblich“, kam es von unterm Kleid der Schneekönigin. Der Osterhäsin schien es nicht viel auszumachen, dass sie vollständig verdeckt war.
   „Ugh“, würgte die Schneekönigin. Sie hatte soeben einen veganen Zimtstern gekostet. „Das schmeckt ja wie eingeschlafene Yetifüße.“
   „Nun, zugegeben, diese Plätzchen sind noch in der Versuchsphase“, sprach die Wichtelfrau gutmütig.
   „Ihr solltet sie lieber Wookie-Cookies nennen, das kommt eher hin“, sagte die Schneekönigin mit ernstem Nicken. Zu jeder der anderen Plätzchensorte musste sie ebenfalls ihre häufig nicht besonders freundliche Meinung kundtun. Die Zahnfee und die oberste Wichtelfrau sahen der Schneekönigin stumm und leiderprobt dabei zu, wie diese in die Plätzchen biss und dann verächtlich auf den Teller fallen ließ. Die Osterhäsin blieb weiterhin unter den Eistüll-Massen verschwunden, dafür war Petrus kurz davor, seinen himmlischen Anstand zu vergessen.
   Frau Weihnachtsfrau griff seufzend nach ihrem Wasserglas, doch das Wasser war gefroren. Die Gegenwart der Schneekönigin hatte den Wintergartenpavillion in einen echten Wintergarten verwandelt. Es war so kalt, dass man seinen Atem sehen konnte und soeben fing es sogar an zu schneien.
   „Kommen wir nun zum nächsten Punkt“, meinte Frau Weihnachtsfrau daher und zog den Mantel noch etwas fester um sich. „Die Beratung.“
   „Also ich finde …“, hob die Schneekönigin sofort wieder an.
   Ja, es würde ein sehr langer Nachmittag werden.

 

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