The Unknown – Ermittlungen zwischen Fiktion und Wirklichkeit
Kriminelle Machenschaften zu enthüllen fasziniert schon lange. Was als Krimi in Buch- oder Filmform fesselt, können wir dank zahlreicher Krimispiele auch am heimischen Spieltisch nacherleben. Die Escape-Game Profis von 4Brain haben sich an Fallakten zu Hause versucht, die sogar auf realen Ereignissen basieren sollen … Wie funktionieren Crime Games, und kann das True Crime Konzept von The Unknown überzeugen?
Mit Crime Games meine ich hier die in den letzten Jahren immer häufiger veröffentlichten Fallakten-Spiele. Also Spiele, die uns eine ganze Reihe an Indizien für einen ungeklärten (Mord)fall an die Hand geben, mithilfe derer wir eine Reihe an Fragen beantworten müssen und eine*n Täter*in überführen sollen. Diese Spiele kommen üblicherweise ohne Regeln aus und lassen uns mit dem Material (und einer Tippliste) alleine. Bei der Materialauswahl sind dabei keine Grenzen gesetzt. Vom fingierten Bankauszug über Internetseiten bis hin zum Fischernetz kann alles dabei sein.
Ganz schön viel Material
Gut gemachten Crime Games gelingt es so, uns immersiv in die Rolle von Ermittler*innen zu versetzen und ganz im Fall versinken zu lassen. Dabei kann gerade der Anfang recht fordernd sein, bekommt man doch üblicherweise die ganze Mappe auf einen Schlag vorgesetzt, sodass wir unsere Ermittlungsprioritäten selbst finden müssen. Fast so wie im echten Detektivleben also.
Der Millionenplan
Der Aufhänger des vorliegenden Falls ist für Krimifreund*innen nicht allzu überraschend: Der wohlhabende Unternehmer Frank Neumann wird tot aufgefunden und alles deutet auf einen Mord hin. Offenbar hatte es jemand auf sein Vermögen abgesehen? Oder war es Rache aus persönlichen Motiven? Oder doch nur ein Unfall? Wir decken eine ganze Reihe an potenziellen Motiven auf, die wir mittels Alibiüberprüfungen oder Widersprüchen ausschließen bzw. bestätigen müssen. Etwa 10 Personen geraten dabei ins Fadenkreuz der Ermittlung, die uns auf einem großformatigen Notizposter mit Fotos und Platz für eigene Anmerkungen immer vor Augen stehen.
Schon hier zeichnet sich ab, dass beim Material nicht gegeizt wurde. Es kommen unterschiedliche Papiersorten, aufwändig gestaltete Werbeflyer, eine Zeitung, Hochglanzfotografien und sogar eine Plastik-Mitgliedskarte zum Einsatz. Nichts, was man noch nirgendwo anders gesehen hätte, aber durchweg glaubwürdig gestaltetes, abwechslungsreiches Material, das verhältnismäßig plausible Ermittlungen ermöglicht.
Dank Plan immer alles im Blick
Promotionbild (mit freundlicher Genehmigung von 4Brain Games)
Wie bei den meisten Spielen dieser Art mittlerweile üblich wird das physische Material durch Webseiten ergänzt. So finden wir Hinweise auf Homepages, die extra für das Spiel entworfen wurden und gründlich gesichtet werden wollen. Einige davon sind passwortgeschützt, wodurch ein Puzzle Aspekt hinzukommt. Das Niveau der Seiten fällt sehr hoch aus, auch wenn man gelegentlich merkt, dass es nur Dummy-Seiten sind, wurde sich große Mühe gegeben, die Seiten professionell aufzubauen. Und auch das Gefühl, sich irgendwo hineingehackt zu haben, wird zumindest rudimentär bedient.
Darüber hinaus begleitet uns eine Kriminaldatenbank durch das ganze Spiel, in dem sich eine Personendatenbank und einige Audiofiles finden. Die werden sogar so geschaltet, dass sie den Spielrhythmus etwas steuern. Und natürlich fehlen auch keine Tipps bzw. "Lösungen" zu den Materialien. Die dürfte man auch gelegentlich brauchen, denn der Schwierigkeitsgrad ist zwar fair aber durchaus fordernd. Hier steckt so mancher Rätselteufel im Detail.
Es liegt in der Natur der Sache, dass man den Millionenplan nur einmal lösen kann. Beim Spielen wird das Spiel allerdings nicht zwangsweise zerstört, so dass man es weitergeben kann. Selbst wer gerne intensiv mit dem Material arbeitet und etwa den Notiz- oder Stadtplan nutzt, kann ein nachhaltiges Refillpaket erwerben um das Spiel mit einer anderen Gruppe zu erleben.
Ein True Crime Spiel?
Als ein Alleinstellungsmerkmal, wirbt The Unknown damit, auf einer wahren Begebenheit zu basieren. Es gibt sicherlich gute ethische Gründe, die dagegensprechen, reale Todesfälle zur Grundlage von Freizeitunterhaltung zu machen. Dass das True Crime Format trotzdem funktioniert, zeigen zahlreiche erfolgreiche Podcasts und Dokumentationen. Vorweg muss man jedoch sagen, dass der hier vorliegende Fall stark fiktionalisiert und überarbeitet wurde. Ein paar Kernelemente basieren auf realen Begebenheiten, alle Namen und Schauplätze wurden jedoch umgeändert und einige Leerstellen kreativ gefüllt. In keinem Moment geht es darum, die Realität des Geschehens zu betonen. Und auch der oft extrem morbide Charme von True Crime Serien wird nicht bedient. Der vorliegende Fall ist für True Crime Verhältnisse eher harmlos.
Im Spiel selbst merkt man vom Realitätsbezug also nichts, stattdessen wurde ein Quiz angefügt, in dem wir in bester X-Factor-Manier einschätzen müssen, welche Details der Geschichte wahr und welche fiktiv waren. Das ist durchaus unterhaltsam, insgesamt wirkt der True Crime Bezug aber eher über den Fall gestülpt. Oder positiver gesagt: Der Fall, den wir in The Unknown lösen müssen, hat dieses Element gar nicht nötig und wird durch ein paar Bonusfragen erweitert.
Promotionbild (mit freundlicher Genehmigung von 4Brain Games)
Escape Game Profis
Das wir hier ein rundes, unterhaltsames Produkt vor uns liegen haben, hat mich allerdings nicht überrascht. So sind wir auf die Spiele für zu Hause im Dortmunder Escape Room Key & Free der 4Brains aufmerksam geworden. Die von uns gespielte "Welt der Schatten" hat uns schnell durch ein ungewöhnliches Thema, kluges Rätseldesign und liebevolle Gestaltung begeistert. Für uns ist es ein echter Escape-Room-Tipp. Damit ist das Spiel in den eigenen vier Wänden natürlich nicht zu vergleichen, man merkt aber schnell, dass das Team weiß, worauf es ankommt und mit Herzblut dabei ist.
Fazit:
Der Millionenplan von 4Brain Games ist ein durchaus anspruchsvolles Crime Game, das durch seine gut gestalteten Materialien und die vernetzte Handlung überzeugt. Obwohl - oder je nach Geschmack: weil – der True-Crime-Aspekt eher oberflächlich bleibt, bietet das Spiel eine immersive Spielerfahrung auf hohem Niveau. Für Krimifreund*innen ist das Crime Game eine klare Empfehlung.
Das Produkt wurde kostenlos für die Besprechung zur Verfügung gestellt.
Dieser Artikel ist erschienen bei: Zauberwelten-Online.de
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