Schattengesellschaft trägt den Untertitel “Sie waren schon immer da!”. Damit sind die übernatürlichen, nicht-menschlichen Wesen gemeint, die in diesem Urban-Fantasy-Setting mit den einfachen Menschen auf der Erde leben. Gestaltwandler, Vampire, Nekromanten und Fey sind nur einige von vielen Fraktionen, denen die Charaktere der Spielenden zugehören können. Wie bei den meisten Tabletop-Rollenspielen, erscheint zuerst ein umfassendes Regelwerk, mit dem man lernt, wie man spielt. Dieses trägt den Namen Schattengesellschaft - Das Werk das Regelt und wird im folgenden Text genauer betrachtet. Ein Blick ins Inhaltsverzeichnis zeigt die neun Kapitel des Regelwerkes:
- Wie funktioniert ein Rollenspiel,
- Gruppierungen,
- Vor- und Nachteile,
- Fertigkeiten,
- Zauberlisten,
- Action,
- Magietheorie,
- Antagonisten,
- Leben einhauchen.
Nochmal einmal von Anfang bitte!
Zu Beginn erhalten wir einen Einblick in die grundlegende Atmosphäre des Rollenspiels Schattengesellschaft. In der von Zingsheim erdachten Gesellschaft können einerseits fesselnde Abenteuer voller Geheimnisse und Mystik erlebt werden. Andererseits hat man sich mit bösen Antagonisten auseinanderzusetzen und erfährt gemeinsam so manchen Horror und Schrecken. Direkt im Anschluss betont Zingsheim wichtige Themen wie Akzeptanz und Teamgeist, welche durch eine Anwendung von Gendern verdeutlicht werden. Auch führt er eine Liste von möglichen problematische Spielelementen (“Triggern”) aus. In dieser Rollenspielwelt gibt es einen verschwindend kleinen Anteil der Weltbevölkerung, die nicht “normal” sind. Eine fiktive Geschichtserzählung erklärt, wie abseits der öffentlichen Bücher heimlich verschiedene Gruppierungen in Konflikte verstrickt sind. Diese Geschichtsstunde reicht sogar bis ins Jahr 2024. Nun liegt es an euren Charakteren zu handeln und Einfluss auf die Zukunft zu nehmen.

Die Schachtel von außen
Ein Spektrum an Fraktionen
Schattengesellschaft verfügt über diverse Aspekte, die einem aus anderen Rollenspielen bekannt sind. Das Grundprinzip lautet auch hier: Eine Spielleitung erzählt die Geschichte, in der die Charaktere der Spielenden die Protagonist*innen sind. Sie müssen mit Hilfe von Würfeln Proben ablegen, um Herausforderungen zu meistern. Ein im Vorfeld erstellter Charakterbogen zeigt ihre Attribute und Fertigkeiten. Besonders spannend sind die neuen Gruppierungen, denen man in diesem Spiel zugehören kann. Diese spalten sich erneut in insgesamt 25 Unterfraktionen auf. All diese hier zu nennen würde den Rahmen sprengen, weshalb einige Exemplare reichen müssen. Zu den einzelnen Fraktionen werden zudem eine Einführung, Ruf- und Spitznamen, Hintergründe, Schwächen, Organisation, Aussehen, Wahlspruch und gewählte Namen aufgeführt. Dabei ist der Fantasy-Klassiker, wie der Werwolf - stolze Gestaltenwandler, die in großen Rudeln leben - eine mögliche Variante. Natürlich dürfen ihre häufigen Widersacher, die Vampire, nicht fehlen. Bei ihnen kann man Mitglied einer von fünf Familien werden. Wie wäre es mit den “Primus”? Diese selbsternannte Elite will nach ganz oben in der Schattengesellschaft aufsteigen. Dafür ist ihnen jedes Mittel recht. Oder ihr tretet einem der Feenhöfe der Fey bei, welche über die vier Jahreszeiten regieren. Von der naturverbundenen Frühlingssfey bis hin zu kalkulierenden, empathielosen Winterfey ist hier alles möglich.

Die Schachtel von innen
Stärken, Schwächen und Magietheorie
Durch Vor- und Nachteile der Charaktere kann diesen zusätzliche Tiefe verliehen werden. Die Figuren erhalten Vorteile, die sie jedoch durch Nachteile wieder ausgleichen müssen: Dein Schamane verfügt zum Beispiel über ein fotografisches Gedächtnis und ist ein echter Glückspilz? Dann jedoch hilft ihm das nicht besonders, da er farbenblind ist und nur mit einer Sehhilfe funktioniert. Solche “Trade-Offs” können für charmante Charaktere und witzige Situationen sorgen: Welcher Trank war nochmal vergiftet, der rote oder der grüne? Ein weiterer, wichtiger Teil von Schattenwelten ist die Magie. Was wären denn Naturmagier oder Nekromanten ohne ihre Magie? Davon findet man ganze 21 Kategorien in Schattengesellschaft: Von Antimagie über Fluchmagie bis Wassermagie mit jeweils etwa 12 Zaubern.

Selbst die NPCs können echt austeilen!
Würfelt auf Initiative!
Natürlich darf bei diesem Rollenspiel auch die kämpferische Auseinandersetzung mit feindlichen Figuren nicht fehlen. Nach der Bestimmung der Initiative geht es los: Es erfolgt ein Mix aus Nahkampf- oder Fernkampfangriffen, defensiven Paraden und allerlei Magie. Schadenspunkte werden verteilt und Figuren fallen in Ohnmacht oder sterben. Könnt ihr siegreich aus diesen Fehden hervorgehen? Letztlich findet man auch einige magischen Gegenstände, sowie Anleitungen zum Umgang mit Nichtspielercharaktere (NSC), Geistern (Sidekicks) und Antagonisten. Soviel erstmal zum Inhalt von Schattengesellschaft.
Ein Blick auf die Konkurrenz
Hinter dem Rollenspiel Schattengesellschaft steckt - das sollte allen bewusst sein - nicht wie bei Großproduktionen ein Team an mehr als 100 Mitgliedern und etlichen Tausend Spieletester*innen, sondern ein Mann mit einigen Unterstützer*innen, der angibt, bislang etwa 3.000 Stunden in sein Herzensprojekt investiert zu haben. So viel Mühe muss man erst einmal aufbringen - ohne zu wissen, ob das fertige Produkt seine Fanbase aufbauen wird, oder nicht. Der UVP von 49,90 € für ein Regelwerk mit mehr als 360 Seiten, sowie 3 Acrylfiguren und NSC-Wertekarten kann preislich, sowie von der Aufmachung nicht mit den Branchenriesen konkurrieren. Auch wenn die Seitenzahl stimmt, kann das präsentierte Spiel von der Materialqualität nicht mit den auf dem Markt führenden, professionellen Produkten mithalten.
Das beginnt dabei, dass es statt einem gebundenen Hardcover-Buch voller bunter Seiten lediglich eine 4-fach gelochte Loseblattsammlung mit einem bunten Cover gibt. Dieser Stapel ist beidseitig bedruckt und diese schwarz-weiß Seiten werden in einer Pappschachtel geliefert. Da diese Sammlung recht unhandlich ist, sollte man sie definitiv in einen Ordner heften. Ein Ordner im Stil von Schattengesellschaft ist separat käuflich erhältlich.

Sieht schick aus - ist aber keine Pflicht
Ein weiterer Punkt, wo die fehlende Professionalität leider auffällt, sind die Illustrationen. Hier zeigt sich erneut, dass hinter diesem Produkt kein großes Team an Experten steckt. Statt eines einheitlichen Artstyles eines Künstler-Teams stammen die Illustrationen aus einem breiten Spektrum: Es wechseln sich Fotos von realen Cosplayern (die Zingsheim extra für dieses Rollenspiel gewinnen konnte), AI-Zeichnungen, 3D-Grafiken und Piktogramme munter ab. Auch das Zurechtfinden im Werk ist schwieriger als bei anderen Rollenspielen oder Spielanleitungen der Fall ist, da auf eine Farbgebung verzichtet wurde. So werden für das Auge keine wichtigen Aspekte hervorgehoben. Auch ist kein offizielles PDF mit Verlinkungen geplant.

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Ein Autor mit Herzblut für das Rollenspiel
Was aber im Rahmen der Besprechung auffällt, ist das ganze Herzblut, welches Karsten Zingsheim in sein Projekt investiert hat. Alleine die Arbeit für die hundert Seiten an Text - bestückt mit etlichen Anspielungen an die Pop Culture und (halbwegs) passenden Fotos - ist beachtlich. Wer zum Beispiel die Serie Buffy the Vampire Slayer von Joss Whedon kennt, oder die Rollenspiele Word of Darkness, Shadowrun und Pathfinder gespielt hat, wird viele Motive wiedererkennen. Und was noch fehlt, beziehungsweise was Karsten noch nicht gemeistert hat, daran wird gearbeitet. Momentan entwickelt er ein kostenloses Einstiegsabenteuer, welches - genauso wie leere Charakterbögen - in naher Zukunft auf der Webseite von Karsten Zingsheim zum Download angeboten werden soll. Zudem ist ein Abenteuer, basierend auf seinem ersten Roman Leroy Phoenix, in Arbeit. Es bleibt also spannend.


Zusätzlicher Inhalt wie Würfel oder Bonusboxen sind bereits am Start
Das Produkt wurde kostenlos für die Besprechung zur Verfügung gestellt.