Rustalot – Spaß beim Zuschauen

Normaler Fantasy-Mittelalter-Alltag

Rustalot ist ein sogenanntes RP-Projekt, also ein Roleplay-Server, basierend auf einer durch Mods und Skins veränderten Version des Steam-Spiels Rust. Es zeigt ein abgeschiedenes Königreich, welches von König Schagges regiert wird. Dort gibt es Königskinder, einen Hofstaat, Dorfbewohner, eine Stadt- wache und Bauern, Adel und Kirche. Alle Charaktere werden von ausgesuchten Personen gespielt. Diesen Personen kann man beim Spielen zusehen und ihrem Charakter ins Abenteuer folgen, ähnlich wie bei einem Film, der nicht nur eine Handlung, sondern viele verschiedene bietet. Alles, was nicht in ein Mittelalter-Setting passen würde, ist aus dem Spiel entfernt worden.

Auch die Crafting-Aspekte wurden herausgenommen, damit sich die Spieler auf ihren Charakter konzentrieren können. Die Karte, die die Insel mit Schloss, Dorf, Sumpf, Wald und weiterem darstellt, ist eigens für Rustalot entworfen worden. So ist eine perfekte Kulisse für das Spiel entstanden.

Hintergrund des Spiels

Ein RP-Server ist ein Roleplay-Server eines online spielbaren Spiels. Oft wird dafür ein eigener Server von einer Gruppe bereitgestellt, welche als Leitung fungiert. Diese setzt Regeln fest, schaut, wer Zugriff zum Mitspielen bekommt, und achtet darauf, dass die Regeln eingehalten werden, damit jeder die Erfahrungen macht, die er sich wünscht.

Gerade bei GTA V Online gibt es einige RP-Server, die als sogenannte „Hard RP-Server“ bekannt sind. Dies bedeutet, dass sie oft im Voraus einen Bewerbungsbogen fordern, eine komplette Charakter-Lebensgeschichte lesen wollen und wissen möchten, warum der Charakter in der Stadt ist. Außerdem wird meist ein Mindestmaß an Zeit gefordert, die die Spieler online auf dem Server verbringen sollen, damit die Immersion entsteht, die entsprechende Person lebe tatsächlich in der Stadt. Diese Server sind so gemoddet, dass Polizei, Krankenhaus und alle Einrichtungen von Spielern bespielt, gespielt und geleitet werden und somit komplett auf NPCs, Nicht-Spielbare-Charaktere, verzichtet wird.

Neben diesen Hard RP-Servern gibt es „Soft RP-Server“. Die Spieler müssen nicht jeden Tag anwesend sein, dennoch gibt es Richtlinien und Wünschenswertes, und Charakterspiel wird bevorzugt. Wenn jemand mal aus der Rolle fällt, wird er aber nicht direkt vom Server ausgeschlossen. Rust ist im Original ein Crafting-Survival-Game, in welchem der Charakter nackt auf einer Insel aufwacht und nur einen Stein und eine Fackel bei sich trägt. Durch den Abbau von Ressourcen besorgt der Charakter sich das Nötige und baut eine Basis und Waffen, um diese zu verteidigen.

Währenddessen kämpft der Charakter mit anderen Spielern, erkundet teils verlassene, teils von NPC-Wissenschaftlern mit Schusswaffen ausgerüstete Gebäude, handelt in einem Banditenlager oder bestiehlt ein bewachtes Versorgungsschiff. Auch in diesem Spiel gibt es einige RP-Server, aber wie man sich vielleicht denken kann, sind diese in der Regel nicht sehr mittelalterlich.

Damit das Szenario mittelalterlich wird, steckt das Team hinter Rustalot viel Arbeit hinein: eine eigene Karte, ein Haufen Skins, sehr viele Mods und Spielanpassungen und einen Haufen Liebe und Hexenstaub. Rustalot ist als Soft RP-Server konzipiert. Es hat eine eigene Spielleitung und Richtlinien, denn schließlich soll in einem mittelalterlichen Setting entsprechend mittelalterlich gespielt werden.

Die Spieler

Die Mitspieler sind Twitch-Streamer. Viele sind schon seit der ersten Rustalot-Staffe-ley mit ihrem Charakter dabei, andere haben diesen zwischen den Staffeln gewechselt und wieder andere sind erst zur dritten Staffel dazugekommen. Das Spannende und Schöne daran ist, dass jeder seinem Lieblingscharakter zusehen, bei den verschiedenen Plots mitfiebern kann und dabei unterhalten wird. Bei Rustalot handelt es sich nicht um ein eigenständiges Videospiel, sondern um eine gemoddete Variante des Spiels Rust. Nur eingeladene und ausgesuchte Streamer dürfen dort für den gewählten Zeitraum spielen. Aber: Jeder darf zuschauen und das macht Spaß!

Plotlos geht der Plot los

Während die ersten beiden Staffeln noch vorgesehene Plots hatten, gab es für diese Staffel keinen. Nichtsdestotrotz gab es keinen ruhigen Tag auf Rustalot. Die Vorgeschichten der Charaktere, das Ränkespiel, welches Adlige oder die Kirche betreiben, gelegentliches Verteilen von Briefen durch „Heinzelmännchen“, Sichtungen von Lebkuchenmännchen, die klassische Suche nach der Hexe oder die Frage, warum die Schneiderin nur Gefallen für ihre Kleidung einfordert, halten die Bewohner und Zuschauer auf Trab.

Ein Ziel der Spielleitung war es, dass sich sämtliches Spiel organisch entwickelt, von den Spielleitern nur unterstützt wird und dadurch ein natürlicheres Spiel möglich wird. Dies hat meiner Meinung nach sehr gut funktioniert, auch wenn man als Zuschauer nicht jede Handlung jeden Spielers versteht oder sich mal jemand in den Vordergrund drängt. Wir wissen alle, dass es immer diesen einen gibt, der den Mittelpunkt etwas zu stark sucht.

Bedenkt man, dass fast nur Helden zweiter Klasse von Menschen, die zum Großteil hauptberufliche Alleinunterhalter sind, gespielt werden und diese bei ihrem Spiel von über 1000 Leuten beobachtet werden, ist der Drang, seinen Charakter in den Vordergrund zu spielen und Abenteuer zu erleben, meiner Meinung nach verzeihbar und wurde von niemandem zu sehr ausgenutzt.

Spaß und Unterhaltung

Man beobachtet durch den Charakter und seinen Spieler der Wahl, was in Rustalot passiert. Manche Handlungen bekommt man daher nur am Rand mit. Ist beispielsweise der beobachtete Charakter ein Bauer, wird er weniger von den Ränkespielen im Schloss mitbekommen, als wenn man dem Maester Raztradamus (Razzortainment) folgt, der es kaum bis zum Schlossausgang schafft, ohne drei Briefe mit Informationen über Komplotts gegen König Schagges zugesteckt zu bekommen und von vier Schlossbewohnern angehalten wird, um sich um verschwundene Dinge oder Schreie in der Nacht zu kümmern.

In einer anderen Ecke von Rustalot kann es passieren, dass gerade eine spontane Musikeinlage von Jan Hegenberg mit seinem Charakter Janzelot von Hegensporn gegeben wird, welcher der Barde Rustalots ist, während zeitgleich die Schneiderin Panika Feenstich (Panikfee) ihrem Nachbarn hinterherstellt und in letzter Zeit etwas zu viel blutiges Leder verwendet. Es passiert immer irgendwo irgendwas. Da das Ganze live ist, kann man nicht alles sehen, aber die meisten laden ihr Spiel auf Youtube hoch oder man kann es auf Twitch anschauen.

Ist das Spiel immer ernst zu nehmen? Auf keinen Fall. Aber mit dem Wissen, dass es kein ernstes Spiel auf Nordic-Larp-Niveau ist, sondern der Unterhaltung dient, ist es wundervoll. Egal, wem ich zugeschaut habe, am liebsten bin ich direkt im Anschluss dem nächsten Charakter gefolgt und wollte erfahren, was dieser an jenem Tag erlebt hat. Zum Schluss habe ich gerne bei einem der streamenden Spielleiter zugesehen, bei denen man am ehesten mitbekommt, was alles nur durch Zufall entstanden ist, oder wo ein Spielleiter einen Brief mit einer Quest zufällig liegengelassen und darauf gewartet hat, dass sie bespielt wird.

Wer nicht weiß, was er gerade anschauen soll – ich empfehle ein paar Abende Rustalot. Die vorherigen Staffeln müssen nicht geschaut werden, aber auch diese sind sehenswert (Nur nicht irritieren lassen, wie sehr an der Karte und dem Aussehen des Spiels im Verlauf der Staffeln gearbeitet wurde). Ist Rustalot zu Ende? Nein, es gibt noch einige Plots von Charakteren, die nicht abgeschlossen sind und die es in einer vierten Staffel aufzuklären gälte, auch wenn ich hier keinen davon nenne, um nicht zu spoilern. Es gibt durchaus ein paar Cliffhanger. Um es mit den enthusiastischen Worten der Königin abzuschließen: „Gott zum Gruße!“

Text: Fiona Sereina Köther-Styner 

Weitere Infos zu Rustalot, eine Liste der Spieler und ihrer Charaktere und Infos zu zukünftigen Staffeln gibt Hier

Rustalot: Staffel Drei fand vom 25. Februar bis zum 3. März 2024 statt und lief in dieser Zeit (außer am 29. Februar) täglich von 18 bis 23 Uhr auf den Twitch-Live-Kanälen der jeweiligen Mitspieler.