Das Geheimnis der Großen Schwerter, auch Die Sage von Osten Ard genannt, ist eine Fantasytrilogie von Tad Williams, die vor 25 Jahren ihr Ende fand. Sie handelt davon, wie der Küchenjunge Simon "Mondkalb" und die Prinzessin Miriamel nach langen, entbehrungsvollen Reisen zum Herrscherpaar des Landes werden. Sie ist eine der großen Fantasy-Sagen und lesenswert, wenn man auf Fantasyromane mit vielen Seiten steht. Wichtig ist dabei, dass sich die Saga viel Zeit lässt, um neben den Hauptcharakteren noch viele Nebencharaktere einzuführen – aus deren Sicht auch viel beschrieben wird. Im Großen und Ganzen geht es um den Kampf der Menschen mit Teilen der Elben, die hier Nornen und Sithi genannt werden.
Und hier setzt ungefähr 25 Jahre später die Fortsetzung an. Im Reich Osten Ard sind sogar noch mehr Jahre vergangen – Königin Miriamel und König Simon sind mittlerweile Großeltern. Nach den 1300 Seiten der Hexenholzkrone im letzten Jahr folgt nun Das Reich der Grasländer wiederum in 2 Bänden. Bei nur einem Band hätte man sich auch beim Lesen einen Bruch gehoben.
Der Hauptplot ist einfach: Die Nornen schlagen zurück. Sie greifen wieder die Menschen an, und sie sind nicht weniger erbarmungslos als beim letzten Mal. Doch sie haben dafür nur einen Bruchteil es Buches Zeit, da viele Handlungsstränge sich gegenseitig Seiten wegnehmen.
Das ist auch mein Hauptkritikpunkt: Die Geschichte zieht sich. Vielleicht bin ich älter geworden und habe nicht mehr so viel Zeit. In der alten Saga gefiel mir die langsame Geschwindigkeit. Tad Williams ließ sich Zeit für die Charaktere, sie durften sich entwickeln. Jeder durfte sein eigenes Abenteuer erleben, aus seiner eigenen Erzählperspektive. Dieses Schema übernimmt der Autor auch für seine neue Trilogie. Doch über ein Dutzend Charaktere mit jeweils einer eigenen Geschichte bedeutet auch, dass die gesamte Geschichte nur langsam weitergeht.
Zum Inhalt
Prinz Morgan reist, ähnlich wie sein Großvater in der ursprünglichen Geschichte, durch die Gegend – oder vielleicht eher: er wird gereist? Er selbst hat dabei nämlich eher wenig Einfluss. Dafür darf er Kontakt zu einer Sithi aufnehmen, die nichts einfacheres versucht, als die Wahrheit herauszufinden.
Königin Miriamel versucht gleichzeitig, in Nabban einen drohenden Bürgerkrieg abzuwenden. Dabei ist es ein bisschen unpraktisch, dass langsam all ihre Verbündeten ermordet werden.
Unabhängig davon versucht der Jäger Jarnulf, ein in der Hexenholzkrone eingeführter Charakter, eine wichtige Norne zu töten – aber der Plan ist riskant …
Hernystir hat einen Pakt mit der Nornenkönigin geschlossen. Die Nomaden der titelgebenden Grasländer wollen endlich ihren Hass an den Stadtbewohnern ausleben. Nebenbei gibt es noch am Hof einen Verräter.
Das ist dann noch nicht mal die Hälfte der Handlungsstränge. Viele Fantasyautoren kommen mit weitaus weniger aus.
Weniger ist mehr
Doch für mich ist es teilweise dann doch etwas übertrieben: die Kinder des früheren Prinzen Josua haben ein etwas übertriebenes Schicksal, die Reise des Thronerben Morgan erinnert stark an die Reisen seines Großvaters Simon, die Nornen sind noch listiger geworden – eine ziemlicher Evolutionssprung für ein ganz altes Volk. Und die anderen Elben, die Sithi, haben sich wieder zurückgezogen – eine Art Reboot auf die Sithi-Menschen-Beziehung im Drachenbeinthron.
Die Charakterentwicklung hingegen, die eine Stärke bei Tad Williams ist, greift endlich. Im Reich der Grasländer kann beispielsweise Prinz Morgan einen eigenen Charakter entwickeln, was im ersten Teil noch nicht so erfolgreich war.
Fantastische Welten
Osten Ard ist eine gut ausgearbeitete Welt mit interessanten Reichen. Diese können ihre Ursprünge nicht verbergen: die Rimmersmänner sind beispielsweise an den Wikingern angelehnt – dennoch sind sie nicht nur einfach Wikinger, sondern haben Eigenheiten, die von ihrem historischen Original abweichen. Die Landschaften sind gut beschrieben und abwechslungsreich – die Bücher könnten auch als Reiseführer durch eine fantastische Welt fungieren.
Das Buch strotzt von Intrigen, Bündnissen, Schlachten, Macht, Schicksalen – also das, was eine große Fantasy-Saga ausmacht. Es handelt sich um ein komplexes Werk. Die einzelnen Geschichten verweben sich nur langsam, streben aber langsam auf ein fantastisches Ende zu. Zumindest ist das zu hoffen, denn es gibt dieses Ende ja noch nicht.
Fazit:
Als eigenständiges Werk würde ich die neue Serie nur bedingt empfehlen – da ist das „Original“, Das Geheimnis der großen Schwerter, um einiges stärker. Allerdings basiert die neue Trilogie auf der alten.
Da hilft übrigens nicht die Zusammenfassung der Vorbände zu Anfang – diese ist vielleicht sinnvoll, wenn man die Vorgänger vor ein, zwei Jahren gelesen hat, fasst aber die Inhalte dieser nur sehr unvollständig zusammen. Was auf der anderen Seite auch für diese spricht.
Empfehlenswert sind die Bücher auf jeden Fall für die Leser, die sich in die Charaktere und die Atmosphäre des Ursprungsserie verliebt haben, und die noch mehr davon haben möchten. 2021 soll übrigens der letzte Teil folgen.
Für alle anderen gilt: lest gerne erstmal den Drachenbeinthron.
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Zauberwelten-Online.de