Lang ist es her (ca. 2002), dass sich drei Spielemarken die Vorherrschaft über das Horrorgenre erkämpfen wollten. Und sie alle wurden ihrem Genre irgendwann abtrünnig. Resident Evil verkam zur Action Ballerbude, kehrte mit dem siebten Teil jedoch zu den Wurzeln zurück. Silent Hill endete mit Konamis Entscheidung sich aus dem Videospielgeschäft zurückzuziehen und Project Zero wurde Opfer fragwürdiger Releaseentscheidungen. Nach drei schaurigen Ablegern für PS2 und Xbox gingen die Rechte über an Nintendo. Doch leider wurden die treuen Fans außerhalb Japans im Stich gelassen. Der vierte Ableger erschien japanexklusiv für die Wii. Erst mit dem fünften Teil veröffentlichte Nintendo wieder einen Teil außerhalb Japans, jedoch ausschließlich für die erfolglose Konsole WiiU. Da diese Plattform nahezu niemand besaß, versank der Europarelease sang- und klanglos in der Nische.
Im Jahr 2021 erschien Project Zero: Priesterin des schwarzen Wassers zum 20jährigen Jubiläum der Serie in einer remasterten Fassung für PS4, PS5, Xbox Series, Nintendo Switch und den PC. Außerhalb Japans ist das Spiel nur als Download erhältlich. Kann das Remaster der Horrorserie zurück zu altem Glanz verhelfen?
Japanischer Horror
Das erfolgreiche Spielprinzip hat Project Zero über die Jahre hinweg beibehalten. Die Figuren untersuchen von Geistern heimgesuchte Orte, lösen ihre Geheimnisse und halten sich die aggressiven Geister mit einer mysteriösen Kamera vom Leib. Diese gewaltfreie Darstellung mit subtilem Horror, der mehr auf Angst, als auf Schrecken und Blut setzte, wusste die Kritiker seinerzeit zu begeistern. Die enge Verknüpfung zur japanischen Kultur und Mythologie schwamm hierzulande im Fahrwasser beliebter Horrorfilme, wie The Ring und The Grudge, die ihren Ursprung ebenfalls in der japanischen Kultur hatten.
Der Geisterwald
Erstaunlich ist es daher, dass zwanzig Jahre nach dem ersten Teil (Project Zero erschien in Japan bereits 2001) noch immer Figuren des ersten Teils mitspielen, obwohl die einst beliebten Teile 1 bis 4 für aktuelle Plattformen überhaupt nicht mehr erhältlich sind und für ein jüngeres Publikum verschlossen bleiben.
Schauplatz des fünften Ablegers ist ein mysteriöser Wald am Fuße des Berges Hikami, der zweifellos dem realen Waldgebiet Aokigahara nachempfunden ist. Immer wieder verschwinden Menschen dort. Die Anzahl der Selbstmorde ist erschreckend hoch und Menschen berichten über Geistererscheinungen.
Bitte Lächeln
Für unsere Protagonist*innen ist die Frage nicht ob, sondern wo es dort Geister gibt. Das Spiel ist in einzelne Missionen unterteilt, in denen wir abwechselnd die Kontrolle über die drei Figuren Yuri Kuzokata, Ren Hojo und Miu Hinasaki übernehmen. Alle drei besitzen eine Kamera Obscura. Dieser wundersame Fotoapparat schießt nicht nur exzellente Fotos im Dunklen, sondern ist mit den richtigen Filmen und Objektiven auch in der Lage, den angreifenden Geistern Schaden zuzufügen. Tauchen die ruhelosen Astralfiguren vor unserer Nase auf, wechseln wir in die Perspektive der Kamera und versuchen sie möglichst nah zu fotografieren. Für geschossene Fotos erhalten wir Punkte. Haben wir einen Geist möglichst nah vor der Linse erwischt, schießen wir einen Fatal Frame und bekommen Extrapunkte. Verpassen wir den perfekten Zeitpunkt oder lösen zu früh aus, erwischen uns die Geister und fügen uns Schaden zu. Das ist oftmals nicht einfach, denn wie schon im ersten Teil bewegen sich unsere Figuren wie schwerfällige Panzer und drehen sich nur sehr langsam. Wenn ein Geist sich dann auch noch hinter uns teleportiert oder aus der Wand neben uns kommt, macht sich schnell Panik breit.
Zum Auslösen der Kamera benötigen wir Filme. Mit unserem Standardfilm haben wir zwar unendlich viele Fotos zur Verfügung, jedoch macht dieser nur wenig Schaden. Außerdem braucht die Kamera eine Weile, bis sie erneut Fotos schießen kann. Alternativen bieten hier die höherwertigen Filme, die mehr Schaden zufügen oder schneller laden. Allerdings sind diese nur begrenzt verfügbar. Wenn wir durch die Level laufen, erkennen wir einsammelbare Verbrauchsgegenstände daran, dass es auf dem Boden blinkt. Wir können uns aber schon vor der Mission ausstatten.
Nicht jeder Geist will uns ans Leder. Zeitweise nutzen wir die Kamera auch, um Rätsel zu lösen und Spuren zu verfolgen. In diesen Momenten ist die Atmosphäre wieder so dicht wie in den Vorgängern. Richtig knackige Rätsel sind jedoch Mangelware. Auch das Fotografieren dieser Erscheinungen bringt Punkte für die Endwertung.
Punkte statt Horror
Mit den gewonnenen Punkten kaufen wir uns Upgrades für die Kamera. Zusätzlich zu den Filmrollen können wir die Kamera mit speziellen Objektiven ausrüsten, die uns Vorteile, wie das Zurückstoßen von Geistern, bringen.
Natürlich soll die verbesserte Ausrüstung auch ermutigen, absolvierte Missionen noch einmal zu wiederholen, denn für höhere Punktzahlen steigen wir in der Highscoreliste weiter auf. Und hier liegt auch der größte Problempunkt des Spiels. Koei Tecmo schraubt den Grusel und die atmosphärischen Rätsel zurück, um schnellere Zeiten und bessere Highscores zu ermöglichen. Boten die Vorgänger noch eine zusammenhängende Geschichte in einem größeren Gebiet, so kehren wir in Project Zero: Die Priesterin des schwarzen Wassers nach jeder Mission immer wieder in unsere „Basis“ zurück und beginnen die nächste Mission wieder am Eingang des Waldes, wo wir altbekannte Wege und Gebäude mit nur wenig Variation mehrmals betreten. Auf diese Weise können wir Abschnitte gezielt wiederholen, um unseren Punktestand zu erhöhen. Da es aber auch unterschiedliche Enden gibt, lohnt sich das erneute Spielen auch inhaltlich.
Modenschau
Haben wir unsere Figuren und Kameras genügend verbessert, können wir uns optionale Kostüme freispielen. Einige dieser Kostüme sind für das Setting eher unpassend, allerdings ist es auch keine Pflicht, diese zu nutzen. Es ist ein nettes Feature für Cosplayfans. Die in der WiiU-Fassung integrierten Nintendo-Kostüme sind im Remaster leider nicht mehr erhalten. Dafür erhielt die neue Auflage einen Fotomodus und ein paar neue Kostüme sowie zusätzliche rein kosmetische DLCs.
Fazit:
Project Zero: Die Priesterin des schwarzen Wassers ist derzeit das einzige Spiel der Serie, das noch erhältlich ist. Die neue Generation der Gamer wird die Atmosphäre der Vorgänger vermutlich nicht mehr so erleben, wie es PS2-Besitzer am Anfang des Jahrtausends taten. Trotzdem ist das Remaster des fünften Teils noch immer ein Ausnahme-Survival-Horrorspiel. Die Highscorejagd sorgt zwar für einen Wiederspielwert, verwässert das Erlebnis jedoch auf Kosten des Wettbewerbs und der damit verbundenen Redundanz unnötig. Mit der Bewegungssteuerung der aktuellen Konsolen, insbesondere der mobilen Switch, hat die Marke das Potenzial, die Immersion zu maximieren, ja auf PC und Playstation vielleicht sogar mit VR zu unterstützen. Der Weg hingegen, eine Arcade-Punktejagd zu integrieren, war leider keine gute Entscheidung für das Project-Zero-Erlebnis.
Das Produkt wurde kostenlos für die Besprechung zur Verfügung gestellt.
Dieser Artikel ist erschienen bei:
Zauberwelten-Online.de