Andreas Giesbert (Zauberwelten-Online): Liebe Elif, an Dir und deinen Arbeiten kommt man kaum herum, wenn man sich für Phantastik, insbesondere phantastisches Rollenspiel interessiert. Stell dich uns doch kurz vor und was Phantastik für dich bedeutet.
Elif Siebenpfeiffer: Vielen Dank erstmal, das nehme ich als tolles Kompliment! Für mich ging Kreativität und Phantastik eigentlich immer Hand in Hand – ich habe als Kind so ziemlich alles gelesen, was ich in die Finger bekommen habe, aber Fantasy hat mich am meisten begeistert, so dass meine eigenen Ideen sich einfach schon immer in dem Bereich bewegten. Mit Rollenspielen kam ich mit etwa 14 zuerst in Kontakt, da haben wir bei einer Schulfreundin spontan AD&D gespielt. Danach gehörten Rollenspiele in verschiedenen Formen einfach irgendwie immer zu meiner Freizeitgestaltung und Rollenspielcharaktere und -szenen zu den beliebtesten Motiven meiner Zeichnungen. Deswegen war mir auch schon immer klar, dass ich als Illustratorin in diesem Bereich arbeiten möchte.
Andreas (ZWO): Mir bist Du neulich als Coverillustratorin von Dane Rahlmeyers Klingenherz aufgefallen. Woher kann man dich denn sonst noch kennen? Was für Projekte hast du realisiert?
Elif: Ich habe von 2012 bis etwa 2019 sehr viel für Das Schwarze Auge, also Deutschlands größtes P&P, illustriert, einige Coverillustrationen und hunderte Innenillus. Einige Bilder von mir finden sich auch in Produktionen von Fantasy Flight Games, wie dem Star Wars TCG und Talisman. Ansonsten gibt es einige Buchcover von mir im Karl-May-Verlag und auch für den Heyne-Verlag habe ich schon gearbeitet, dazu verschiedene Kleinverlage – letztes Jahr beispielsweise habe ich für den österreichischen Fairyland-Verlag das Erstleser*innen-Buch Der Ring des Zwergenkönigs illustriert, an dessen Fortsetzung dieses Jahr gearbeitet wird. Für Dane Rahlmeyer und Sven Matthias arbeite ich außerdem an Covern für die Hörspielserie Gusbird & Kenrick.
Andreas (ZWO): Du hast dich selber auf Phantastisches konzentriert. Welche Rolle nehmen Illustrationen für dich in der Phantastik ein. Was können sie für dich leisten und wo stößt phantastische Illustration vielleicht auch an ihre Grenzen?
Elif: Für mich sind Illustrationen in erster Linie ein effektives Werkzeug, um nüchterne Informationen über ein Setting, aber auch Atmosphäre, Stimmung und Emotion zu übertragen, die es Betrachter*innen ermöglichen, eine phantastische Welt intensiver zu erleben. Problematisch wird es, wenn Illustrationen mit den Vorstellungen der Leser*innen, die der Text allein hervorruft, im Widerspruch stehen, deswegen ist enge Kommunikation zwischen Autor*innen und Illustrator*innen so wichtig – im Produktionsalltag geht das nicht immer optimal, weil häufig viele Illustrationen in kurzer Zeit benötigt werden, und oft eine Redaktion mit wieder eigenen Vorstellungen dazwischen sitzt. Aber generell ist es auch kaum möglich, einen Text so zu schreiben, dass er bei jedem Menschen die gleichen Bilder im Kopf erzeugt, deswegen denke ich grundsätzlich, dass auch offizielle Illustrationen nicht zu wörtlich (oder bildlich?) genommen werden sollten. Letztlich zählt für das Erleben einer phantastischen Welt immer, wie sie sich für jede*n individuell im Kopf manifestiert.
Andreas (ZWO): Vielleicht etwas theoretisches hinterher: Cover, Innenillustrationen, Brett- und Rollenspieldesign. Alles hat seine besonderen Herausforderungen. Was davon setzt du am liebsten um und was fällt dir am schwersten?
Elif: Ehrlich gesagt bin ich ganz froh darüber, so viele unterschiedliche Arten von Illustrationen bearbeiten zu können, weil die Abwechslung einen Teil des Reizes für mich ausmacht. Ich mag es gern, für Coverillustrationen wirklich ordentlich zu arbeiten und alle Bereiche genau zu planen, aber schnellere Innenillustrationen können auch sehr viel Spaß machen. Rein von der technischen Erfahrung her tue ich mich mit Landschaftsbildern meistens noch deutlich schwerer als mit Szenen mit Figuren.
Andreas (ZWO): Vermutlich wächst einem jede Arbeit ans Herz, aber was ist denn eine Arbeit, die dir besonders im Kopf geblieben ist und was findest du daran so besonders, dass sie hervorsticht.
Elif: Tatsächlich sind wir Fantasy-Illustrator*innen häufig eher mit dem Problem geplagt, konstant unzufrieden zu sein, das ist bei mir auch auf jeden Fall so. Dieses Bild hier, ein Charakterportrait zu meinem eigenen Comicprojekt Era of Ashes, ist mir aber sehr ans Herz gewachsen, unter anderem auch, weil ich darin gut für mich feststellen konnte, in welche stilistische Richtung es mich eigentlich zieht. Ich mag es sehr, wenn der Stil nicht zu realistisch ist, sondern noch ein leichter Comic-Einschlag sowie deutliche Pinselstriche darin zu erkennen sind – das geht wahrscheinlich etwas gegen die verbreitete Vorstellung, dass illustratorisches Können sich proportional mit dem Realitätsgrad der Arbeiten entwickelt, aber tatsächlich ist es ab einer bestimmten Stelle eher schwieriger, bewusst zu vereinfachen.
Andreas (ZWO): Ja, die spätestens seit der Renaissance diskutierte Kunst, den Pinsel zum richtigen Zeitpunkt abzusetzen! Etwas unter uns gefragt – gibt es auch ein Motiv an dem du dich so langsam satt gesehen hast?
Elif: Ich habe in den letzten zehn Jahren auch viele Privataufträge von Rollenspielcharakteren umgesetzt und muss zugeben, dass sich da einfach viele Tropes so oft wiederholen, dass ich einfach eine Pause von dem Bereich brauchte. Das liegt natürlich nicht an den Spieler*innen, viele Charaktere haben tolle Persönlichkeiten und Geschichten, aber allein durch die Struktur der Spiele fallen sie ja dann doch meistens in relativ engmaschige Kategorien, so dass sich vieles wiederholt. Zu individuelle Charakterkonzepte sind dagegen dann meistens für außenstehende Betrachter*innen nicht so spannend, weil der Kontext fehlt, um einen Zugang zu finden, und als Illustratorin ist es für mich natürlich immer befriedigender, an Bildern zu arbeiten, die für ein möglichst großes Publikum funktionieren.
Andreas (ZWO): Es gibt zahlreiche phantastische Illustrator*innen. Gerade im Rollenspielbereich gibt es viele begabte Hobbykünstler*innen. Was würdest du Nachwuchsartists als Tipps mit auf dem Weg geben?
Elif: Vor allem Referenzen zu benutzen, Fundamentals wie Anatomie und Perspektive zu lernen und sich Feedback von erfahreneren Zeichner*innen einzuholen. Ich glaube, dass jede*r auf ein professionelles Niveau kommen kann, weil Zeichnen und Malen ein Handwerk ist, das man lernen kann wie jedes andere, aber wichtig ist dabei auch, den Spaß nicht aus den Augen zu verlieren, sonst brennt man schnell aus.
Die gute Nachricht ist, dass die Branche weiter wächst und Nachwuchs gefragt ist, wenn das Können auf dem richtigen Stand ist. Deswegen würde ich allen angehenden Artists unbedingt empfehlen, Kontakt zu suchen und sich zu vernetzen, wir Illustrator*innen sind grundsätzlich sehr hilfsbereit und helfen gern beim Berufseinstieg, wir freuen uns auch immer, neue kreative Menschen kennenzulernen.
Andreas (ZWO): Hast du Kolleg*innen die dich besonders beeinflusst haben oder die du uns besonders empfehlen kannst?
Elif: Ich bin großer Fan von Ilse Gort, Sam Hogg und Micah Epstein, um ein paar internationale Namen zu nennen. Im direkten Kontakt habe ich eine kleine Bubble von befreundeten Künstler*innen, mit denen ich mich regelmäßig austausche und die mich natürlich auch in meiner Arbeit beeinflussen, dazu gehören Ben Maier, Verena Biskup, Nele Klumpe, Julia Metzger und Lorena Lammer. Gemeinsam mit Kristina Gehrmann leite ich außerdem die Facebook-Gruppe “Zeichnen als Beruf - Treffpunkt für IllustratorInnen” und in Hinblick auf die geschäftliche Seite der Illustration habe ich von ihr vieles gelernt.
Andreas (ZWO): Außerdem würde mich noch interessieren woran du zur Zeit arbeitest. Was können wir von dir 2022 erwarten?
Elif: Seit April 2021 gebe ich neben dem Illustrieren auch Unterricht im digitalen Zeichnen an der Designschule Schwerin, deswegen haben sich meine Kapazitäten für neue Projekte etwas verkleinert; es wird aber definitiv noch Cover zu Band 2 und 3 der Ritter von Danmor geben, sowie den zweiten Band zum Ring des Zwergenkönigs. Bis vor wenigen Tagen habe ich auch ein umfangreiches Brettspiel für das Museum für islamische Kunst illustriert, das im mittelalterlichen Orient spielt und im Rahmen eines Projektes gegen Rassismus an Schulen und Jugendeinrichtungen verteilt werden soll. An meinem Comic arbeite ich auch im Hintergrund, hierfür plane ich auch eine (Neu-)Veröffentlichung online.
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