Mit jedem Roman tiefer eintauchen – Jörg Benne über die Fantasywelt Nuareth und das Abenteuer Self-Publishing

Andreas Giesbert (Zauberwelten-Online): Lieber Jörg, wie die Zeit vergeht! Wir haben vor ziemlich genau vier Jahren schon über deinen Zugang zur Fantasy gesprochen. Frisch doch unsere Erinnerung bitte trotzdem nochmal mit ein paar Worten zu dir auf.

Jörg Benne: Hallo, ich bin Autor und schreibe seit über zehn Jahren vor allem Fantasy, habe aber auch schon zwei Spielbücher (1, 2), ein Kinderbuch und einen Thriller geschrieben. Nachdem ich zu Beginn vor allem über Kleinverlage veröffentlicht habe, bin ich jetzt hauptsächlich im Self-Publishing unterwegs.

Andreas (ZWO): Und was ist in diesen vier Jahren bei dir geschehen? Zumindest ein Escape Spiel aus deiner Feder durfte ich spielen - das Erbe des Stahlbarons, angesiedelt in unserer beiden Geburtsort, dem Ruhrgebiet. Und natürlich das großartige Paulson’s Peak, das du zusammen mit David Staege entwickelt hast. Was hast du sonst noch veröffentlicht oder vorbereitet?

Jörg: Die vier Jahre waren, was das Schreiben angeht, etwas zäh. Neben den beiden genannten Neuerscheinungen habe ich noch den Geocaching-Thriller Der Puppenkiller im Self-Publishing veröffentlicht. Darin erlebt man quasi in Echtzeit einen Geocache in einem verlassenen Landhaus mit, der “etwas” aus dem Ruder läuft. Interessanterweise verkauft der Roman sich jedes Jahr zu Weihnachten sehr gut, scheint also ein beliebtes Geschenk für Geocacher zu sein.

Außerdem habe ich einen neuen Fantasy-Zweiteiler geschrieben, der dieser Tage erschienen ist.

Andreas (ZWO): Mit den beiden Titeln sind wir dann auch schon bei dem eigentlichen Anlass zum Interview, deiner neuen Duologie in Nuareth. Bevor wir zu den Büchern selber kommen: Was ist denn genau Nuareth? Und was zeichnet diese Welt besonders aus?

Jörg: Ich denke mir nicht für jeden Roman eine neue Fantasy-Welt aus. Das hat sicher auch mit Bequemlichkeit zu tun (lacht), aber ich möchte meiner Welt eben eine gewisse Tiefe verleihen. Im Rahmen der Einzelromane, die ich bislang überwiegend veröffentlicht habe, wäre das kaum möglich, da immer nur ein kleiner Ausschnitt der Welt beschrieben würde.

Da ich immer dieselbe Welt verwende, können meine Leser*innen nun mit jedem Roman tiefer in Nuareth eintauchen, lernen Details über Gebiete, Königreiche, Religionen … kennen, die in einem anderen Band vielleicht nur mal am Rande erwähnt wurden, erkennen aber auch immer etwas wieder, z.B. die drei Monde oder die Nobos, die Reitechsen die in Nuareth genutzt werden, Magiesysteme usw.

Andreas (ZWO): Ähnlich wie in einem Rollenspiel also. Welche Geschichten hast du denn bereits in Nuareth angesiedelt? Und hast du ein Buch oder eine Geschichte, die du besonders empfehlen würdest um in die Welt hineinzuschnuppern?

Jörg: Mit dem neu erschienenen Zweiteiler gibt es nun acht Romane in Nuareth. Die zuerst erschienene Trilogie Das Schicksal der Paladine ist sicherlich am besten für den Einstieg geeignet, weil es sich dabei um eine Parallelwelt-Geschichte handelt, in der ein Junge aus Berlin durch ein Portal nach Nuareth gelangt und die Leser*innen damit die Welt durch die Augen von jemandem kennenlernen, der dieselben Voraussetzungen hat wie sie.

Die Einzelromane decken jeweils unterschiedliche Genres ab. Königsfeuer ist ein Thriller über eine Geiselnahme auf einer Königshochzeit mit politischen Intrigen, Dämonengrab ein Dungeon-Crawler mit Grusel-Elementen und Die Stunde der Helden eine klassische Pen&Paper Queste, wobei es aber weniger um die Queste, als um die Helden geht, was Helden ausmacht und was nur Überhöhungen und Legenden sind.

Andreas (ZWO): Über deine weiteren Pläne mit Nuareth hast du in den sozialen Medien schon ein paar Andeutungen gemacht. neben dem Zweiteiler erwähnst du auch ein Gruselfantasybuch. Jetzt bin ich natürlich neugierig: Was macht den Zweiteiler aus? Wird etwas Bestehendes weitererzählt? Beleuchtest du einen neuen Flecken der Welt?

Jörg: Mit Drachenheim reisen wir erstmals in den Westteil Nuareths, nach Tarisien. Das Reich wurde schon mehrfach in den anderen Romanen erwähnt, ebenso die Drachenritter und die Magierzirkel. All das spielt nun in diesem Zweiteiler eine Rolle.

Ich versuche mit Drachenheim ein großes Publikum anzusprechen, indem ich drei sehr unterschiedliche Protagonisten etabliere. Gosek, der desillusionierte Stadtgardist, der einer Verschwörung auf die Spur kommt und zu ermitteln beginnt, ist ein Charakter wie er auch in Königsfeuer, Die Stunde der Helden oder Dämonengrab hätte vorkommen können. Seine Welt ist klar dem Grimdark entlehnt, denn die titelgebende Stadt Drachenheim ist im Niedergang begriffen und in Goseks Augen geht alles den Bach runter, dennoch steht er für Gerechtigkeit ein.

Arnik ist ein sechzehnjähriger Junge und gehört der Minderheit der Margai an. Diese wird in Drachenheim unterdrückt, aber weil er besondere Fähigkeiten hat, darf er trotzdem einen Drachen hüten und träumt davon, einmal ein Ritter zu werden. Er ist ein klassischer Jugendbuch-Protagonist und auch wenn er natürlich in derselben Grimdark-Welt wie Gosek lebt, hat er einen anderen Blick darauf, hat noch Träume und Hoffnungen und erlebt Abenteuer.

Dazu kommt Diani, eine achtzehnjährige, queere Zauberschülerin die kurz vor der Abschlussprüfung steht und davon träumt, mit ihrer heimlichen Geliebten dann an die Zauberakademie in der Hauptstadt zu wechseln und Drachenheim hinter sich zu lassen. Doch ihr strenger Vater hat andere Pläne mit ihr. Also ein klassisches Young Adult-Setting, selbständig werden, Konflikt mit den Eltern, erste Liebe, große Träume.

Und durch die titelgebende Verschwörung kommt dann alles zusammen und schließlich (vor allem im zweiten Teil) dann auch jede Menge Action und Spannung rein, wie man das von mir gewohnt ist :)

Andreas (ZWO): Und das Gruselhorrorprojekt?

Jörg: Daran schreibe ich aktuell, bin aber noch in einer frühen Phase, sodass ich hier noch nicht zu sehr ins Detail gehen möchte. Zwar plotte ich im Vorhinein, schmeiße aber dann im Schreibprozess gern einiges über den Haufen (lacht).

Sicher ist nur, dass ich wieder Fantasy und Grusel mischen möchte, diesmal soll es in Richtung Haunted House gehen, aber natürlich vermischt mit Magie, Dämonen, Aberglauben und was es sonst noch so in meiner Fantasywelt gibt.

Andreas (ZWO): Du hattest mit Königsfeuer einige - eher negative - Erfahrungen mit Selfpublishing gemacht. Der Zweiteiler soll nur digital und ebenfalls im Selfpublishing erscheinen. In der Zwischenzeit ist viel passiert. Ist der Markt für Autor*innen interessanter geworden? Oder was hat dich dazu bewegt?

Jörg: Meine Erfahrungen mit Kleinverlagen liefen – sagen wir mal – gemischt. Finanziell bringen Kleinverlags-Veröffentlichungen (die Spielbücher mal ausgenommen) einfach so gut wie nichts, dafür sind die Tantiemen und die Werbebudgets der Verlage zu niedrig. Klar gibt es da auch Ausnahmen, aber viele Kleinverlags-Veröffentlichungen sind für die Autor*innen eher Liebhaberei oder bestenfalls ein kleines Zubrot.

Das man mit Fantasy im Self-Publishing Erfolg haben kann, beweisen diverse Kollegen wie Peter Hohmann, Pascal Wokan oder die Weltenbauer um Sam Feuerbach. Allerdings sollte man sich nicht der Illusion hingeben, dass das einfach zu erreichen ist. Man braucht vor allem einen langen Atem und muss ständig neuen Content liefern, um nicht in Vergessenheit zu geraten – und den muss man dann auch noch gut vermarkten.

Wie alle Digital-Märkte droht auch der eBook-Markt meiner Meinung nach an schierer Masse zu ersticken. Früher wurde ein Buch mit einer Startauflage rausgebracht. Verkaufte es sich gut, gab es eine zweite usw, wenn nicht, wurde nicht nachgedruckt, die Restbestände verramscht und das Buch gab es dann nur noch antiquarisch, Platz für Neues.

Mittlerweile hat ein schlecht laufendes eBook bei Amazon einen sehr hohen sechsstelligen Verkaufsrang. Daran kann man ablesen, dass es buchstäblich hunderttausende eBooks allein im deutschen eBook-Markt gibt. Jede Neuerscheinung ist also bloß noch ein Tropfen im Ozean und es bedarf eben einiger Anstrengungen, auf diesen Tropfen aufmerksam zu machen. Wenn man es nicht wenigstens für einige Zeit unter die besten 5000 schafft, wird man die Kosten für Lektorat und Cover kaum wieder reinholen, geschweige denn große Gewinne machen.

Mal sehen, ob mir das mit Drachenheim besser gelingt als mit Königsfeuer, bei dem ich sicher bei Zielgruppenansprache, Cover und Klappentext viele Anfängerfehler gemacht habe.

Andreas (ZWO): Das wünsche ich dir jedenfalls! Zuletzt würde mich natürlich ein Blick in die (noch weitere) Zukunft freuen. Gibt es weitere Pläne für Nuareth? Und was hast du sonst noch in der Planung? Gibt es andere phantastische Projekte an denen du aktuell arbeitest? Vielleicht sogar ein neues Spielbuch?

Jörg: Ein weiterer Nuareth-Zweiteiler ist grob in Planung, aber nun erstmal den Grusler fertig schreiben und dann schauen wir weiter.

Zu Spielbüchern geistern gleich mehrere Ideen in meinem Kopf herum, aber da ist noch nichts konkret. Wegen Corona und der dadurch ausgefallenen Messen konnte Paulson’s Peak (Anfang 2021 erschienen) leider nicht annähernd an die Zahlen meines Science-Fiction Spielbuches VERAX heranreichen, von daher schaue ich erstmal, wie sich nun alles entwickelt, da der Mantikore Verlag wieder mit Messen richtig loslegt.