John Matthews bringt eine Sammlung an Geschichten heraus, die sich mit den Legenden von König Arthur und den Rittern der Tafelrunde beschäftigt. Dabei verlässt er aber den Sektor des Bekannten und bietet den Lesenden tiefe Einblicke in die damalige Sagen-Welt und die Heldentaten eher unbekannter Ritter der Tafelrunde.
Prachtvolles Buch im Ritter-Style
Bereits die Aufmachung des umfassenden Werks kann sich sehen lassen. Das opulente Hardcover-Buch besticht nicht nur durch seinen Umfang, sondern vor allem durch das an die Rittergeschichten angepasste Design. Mehrfarbige Textgestaltungen, die zweispaltige Aufteilung der Geschichten und das güldene Lesebändchen versetzen uns Lesende schon durchs Aufschlagen des Buchs in die Zeit der Ritter und Könige. Das macht nicht nur auf dem Schoß, sondern auch im Bücherregal was her und erinnert mit einem Augenzwinkern an die Originale der Bücher, die uns in ebenjene Ritterzeit zurückversetzen, wenn wir sie in einem Museumskasten bestaunen.
Die wunderbaren Illustrationen von John Howe (der übrigens auch Der Herr der Ringe und Das Silmarillion verziert hat) bilden das Sahnehäubchen dieser Schmuckausgabe. Leichte Bleistiftzeichnungen und farbenfrohe Bilder, die stets im passenden Stil der damaligen Zeit gehalten sind, machen deutlich, dass hier echte Fans der Arthus-Sage am Werke waren, die ihre Leidenschaft zu Papier gebracht haben.
Einen Einblick bekommt ihr direkt hier, mit einem Blick ins Buch.
Die Geschichten
Schon im Vorwort von Neil Gaiman und der Einführung durch den Autor John Matthews selbst erhalten wir Einblick in die Intentionen und Entstehung des Buches. Auch hier lässt sich der wort-gewordene Fan-Herzschlag deutlich spüren, der sich ebenfalls in der Zusammenstellung der Geschichten widerspiegelt. Matthews, Experte auf dem Gebiet altenglischer Sagen, beschäftigt sich bereits ein Leben lang mit König Arthur und seinen Rittern der Tafelrunde. Seine Begeisterung drückt er nicht nur im umfangreichen Wissen über die Legende aus, sondern auch durch seine Worte über die Inspirationen aus dem Werk von Sir Thomas Malory, auf das er sich nicht nur im Vorwort bezieht. Die Zusammenstellung des vorliegenden Buches enthält jedoch Ergänzungen zu Malorys Epos, sodass wir hier nicht auf eine andere Version bereits existierender Geschichten zurückgreifen, sondern eher mit einer Fortsetzung des bekannten Werkes erfreut werden.
Die Geschichten beschäftigen sich eben nicht mit den Teilen der Artus-Sage, die allgemein bekannt sind, sondern decken die Hintergründe und Heldentaten auf, die bisher noch nicht so deutlich ans Licht getreten sind. So erfahren wir zum Beispiel den Zusammenhang zwischen dem Titel Papageien-Ritter für König Arthur selbst und den dazu führenden Taten. Auch die weniger berühmten Ritter bekommen Raum für ihre Vergangenheiten, Ruhmes- und Missetaten. Natürlich ist der jeweilige Protagonisten-Ritter dabei immer der stärkste, kräftigste und heldenhafteste, sodass sich ein Bild schierer Halbgötter um die Tafelrunde bildet. Allerdings werden auch die weniger schmückenden Situationen beleuchtet und zweifelhafte Charakterzüge herangenommen, um den Held*innen den passenden Schurken an die Seite zu stellen. Ob es sich dabei um machtgierige Herrschende oder liebesgierige Herrinnen handelt, der Ritter-Legenden-Fan kommt voll auf seine Kosten.
Ritter ohne Klischee – geht das überhaupt?
Natürlich muss das feministische Herz hier wie bei nahezu allen mittelalterlichen Sagen und Geschichten Abstriche machen. Frauen spielen eine passive Rolle, werden gerne als Opfer dargestellt und dienen dazu, den Grausamkeiten einiger oder den Heldentaten anderer mehr Gewicht zu verleihen. Auch die klassische Verführerin und Zauberin ist natürlich dabei, die zwar dem ein oder anderen einen rettenden Ausweg bietet, aber doch eher in ihrer Klischee-Weiblichkeit verhaftet bleibt. Eine Tochter Arthurs kommt aber als Heldin zum Zuge, was mich (und meine innere Feministin) gefreut hat, da hier ein schöner Kontrast zur gewohnten Opfer-Prinzessin geschaffen wird. Da lässt es sich etwas leichter darüber hinwegsehen, dass wir in typischen Rittergeschichten nun mal immer noch als schwaches Geschlecht dargestellt werden, das es zu retten, zu besänftigen, zu rauben, wegzusperren oder – im weniger schlimmen Falle – zu heiraten gilt.
Ebenfalls muss man bedenken, dass die Ritter, um die es in den Geschichten gerade geht, natürlich immer die jeweils besten ihrer Zunft sind. Die Logikfragen, wer aus den Tafelrundenrittern denn gewinnen würde, fände ein entsprechendes Turnier statt, darf man sich einfach nicht stellen. Lassen wir uns aber ohne diese hintergründigen Fragen in die Rittergeschichten fallen, erleben wir zahlreiche Abenteuer, wie wir sie von König Arthur und seinen Gefolgsleuten gewohnt sind.
Fazit
Besonders die Aufmachung des Buches, die Auswahl der Geschichten und die unglaubliche Anpassungsfähigkeit an den Stil der Rittergeschichten, die man in jeder Faser des Buches findet, machen die Ausgabe zu einer wirklichen Hommage an die Arthur-Saga. Zwar spiegelt sich das auch im Preis wider, aber dennoch lohnt sich das Buch nicht nur für eingefleischte Fans.
Auch Arthur-„Neulinge“ dürften diesem Werk wohl schnell verfallen, wenn sie Rittergeschichten mögen, und als Geschenk ist das Buch mit Sicherheit etwas Besonderes.
Das Produkt wurde kostenlos für die Besprechung zur Verfügung gestellt.