Ridley Scott, einer der einflussreichsten Regisseure unserer Zeit, nahm sich bereits 1985 dem Thema „Fantasy“ an. In seinem Film Legende haucht er gut und böse auf wirklich phantastische Art den Lebensodem ein.
Doch das Werk stand unter keinem guten Stern. Nicht nur, dass während der Dreharbeiten die Bühnenbauten vollständig abbrannten, und man sich mit improvisierten Kulissen alle Mühe geben musste, um einigermaßen rechtzeitig fertigzuwerden. Auch als der Film 1986 in den USA veröffentlicht wurde, floppte er zunächst an den Kinokassen. Zwar erhielt Legende 1987 eine Oscarnomierung für das „Beste Make-up und beste Frisuren“ und auch finanziell hatte sich der Film mittlerweile rentiert, dennoch bekam die Fantasy-Geschichte von Kritiker*innen ein negatives Echo.
Wir schauen uns den Film mal genauer an und prüfen kritisch, welche Berechtigung die Kritiken haben.
Wenn die Königstochter in den Zauberwald geht …
Die Königstochter Lili liebt es sich aus dem Schloss zu stehlen, um einfache Leute in einem kleinen Bauernhaus am Waldesrand zu besuchen. Von dort aus startet sie ihre Ausflüge in den Zauberwald, bei denen sie sich mit Jack trifft. Der junge Mann kennt so manches Geheimnis des magischen Ortes, außerdem ist er verliebt in Lili. Daher will er ihr an diesem Tag die zwei wunderbarsten Geschöpfe des Waldes zeigen: Die Einhörner. Als Jack die Prinzessin zur Quelle führt und Lili die magischen Wesen sieht, ist sie sofort von deren Schönheit und Aura verzaubert und möchte sie, von Sehnsucht erfasst, berühren.
Doch wo das Gute naiv ist, ist das Böse meist nicht fern. Der Herr der Finsternis hat bereits seine Kobolde ausgesandt, damit diese die beiden Geschöpfe erlegen und deren Hörner entwenden. Mithilfe der Zauberkraft der Hörner, möchte der Herr der Finsternis die völlige Macht über die Welt erlangen. Nur die Existenz der Einhörner ist es, die das bisher verhindert hat. Genau in dem Moment, als Lili eines der Einhörner berührt, nutzen die Unholde des Bösen ihre Chance und töten das Wesen. Das Unheil ist angerichtet, der Zauberwald versinkt in Eis und Schnee und die Welt steht vor dem Abgrund. Trotzdem gibt es Hoffnung, denn das zweite Einhorn ist noch am Leben. Doch die Schergen sind ihm bereits auf der Spur und auch Lili schwebt in größter Gefahr. Nun ist es an Jack und den guten Geistern des Waldes zu retten was zu retten ist.
Traumhaft und zeitlos
Die starke Bildersprache ist gleichermaßen Highlight und Kernpunkt des Filmes. In märchenhaften, mythisch-intuitiven Sequenzen wird die Geschichte ruhig erzählt. Die Spanne reicht von sonnigen, leichtlebigen Szenen im Wald bis hin zu düsteren, unheimlichen Momenten im Hort der Dunkelheit.
Die sphärischen Bilder werden durch den regelmäßigen Einsatz des Zeitlupeneffekts und einer sehr guten Lichtsetzung erzeugt. Außerdem fliegt ständig was durch die Luft: Vögel, Blätter, Pollen, Schnee, Seifenblasen, Qualm, Glitzer. Die Kulissen sind „fantastisch“ im besten Sinne des Wortes. Hinzu kommen natürlich die faszinierenden Kostüme und Masken, die ebenfalls beeindruckend sind. Sei es die Teufelsgestalt des Herrn der Finsternis, die Masken der Schergen oder auch das Kostüm für die Hexe Sumpfmarie Schwabbelschwamp, die übrigens von Robert Picardo gespielt wird, den Trekkies als Doktor vom Raumschiff Voyager kennen werden. Auf eine große Wesenausgestaltung der Figuren oder eine verwinkelte Handlung wurde verzichtet, um den archetypischen Charakter des Filmes zu unterstreichen und damit die traumartige Atmosphäre und den zeitlosen Erzählstil zu erhalten.
Fazit:
Legende hat alles, was ein famoses Film-Fantasyabenteuer benötigt.
Traumschöne Bilder, herrliche Kostüme, eine klassische Geschichte von archetypischen Gut und Böse, die spannend und ergreifend erzählt ist.
In einer Zeit, in der man noch weit entfernt war von digitalen Effekten wie wir sie heute gewohnt sind, ist das, was man tricktechnisch und atmosphärisch geliefert bekommt ein Augenschmaus.
Sicher hat der Film auch seine kleinen Schwächen.
Ignorieren wir mal, dass Tom Cruise den Helden spielt. Auch mit Mia Sara muss man erstmal ein wenig warm werden, bevor diese später durchaus glaubhaft die Wandlung vom unschuldigen Mädchen zur eigenständig handelnden Frau, aufgrund des Konflikts mit der Versuchung durch das Böse, darstellt. Doch Tim Curry, als Inkarnation des Teufels, ist so verführerisch böse, dass es einem wirklich schwerfällt, ihm nicht zu verfallen. Und was Figuren wie Gump, Pilz-Tom oder auch Oona anbelangt – sie sind typisch fantastisch und hinreißend.
Die Geschichte selbst ist eigen und einfach erzählt, man muss sich darauf einlassen. Und es stimmt, dass der Erzählfluss manchmal hakt und die Geschmeidigkeit hin und wieder verloren geht. Das könnte aber auch daran liegen, dass die deutsche Version im Vergleich zur Originalversion um 20 Minuten gekürzt wurde.
Auch die Tatsache, dass eine gewisse schwebende Distanz zu den archetypisch gehaltenen Figuren verbleibt, passt zum speziellen Erzählstil des Filmes und unterstreicht dadurch sogar dessen Einzigartigkeit.
Die vielen Negativ-Kritiken sind nicht nachvollziehbar. Sicher hätte man hier und da Kleinigkeiten verbessern können, aber im Ganzen gesehen, handelt es sich um einen Film, der berührend ist und einfach schön.
Vielleicht sollte man grundsätzlich daran denken, dass Kritiker*innen ein spezielles Völkchen sind. Es ist ja nichts Neues, dass diese „Expert*innen“ – Gibt es dafür eigentlich eine Ausbildung oder einen Studiengang? – teilweise mit ganz eigenen Maßstäben an die Werke gehen, die oft nur sie selbst verstehen.
Die Stärken von Legende hingegen sind eindeutig.
Im Unterschied zu anderen Fantasyfilmen gibt es kein ewig langes Politik- oder Intrigenspiel und auch keine Abenteuer-Helden-Reise über Jahre hinweg. Schließlich gibt es mehr als eine Fantasyfacette. In dieser Geschichte geht es ganz simpel um den Untergang und die Rettung der Welt mit archetypischen Charakteren in einer zeitlosen Sphäre. Dieser Film spricht in erster Linie über die intensive, malerische Bildsprache, weniger über die Dialog- oder Handlungsebene. Kurzum: Er bezaubert einfach.
So bleibt schlussendlich festzustellen: Legende ist ein Fantasymeisterwerk der Extraklasse, das man definitiv gesehen haben muss.
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Zauberwelten-Online.de