Alles in mir drängt zum Licht. Alles in mir will den auffrischenden Wind spüren, den es dort geben soll, am Rand unserer Gemeinschaft, auf dem Grat unserer Entität. So knisterte es jedenfalls in den tieferen Schichten, dort, wo noch Leben herrscht und wo man den Vorwärtsdrang noch deutlich spüren kann.
Im Zentrum hingegen, abgeschieden von aller Helligkeit, abgestumpft durch das stete Kreisen, das im Einklang mit der langsamen Vorwärtsbewegung steht, regiert das Nicht-Sein. Und gleichzeitig ist das Nicht-Sein der Speicher, der unsere Erinnerungen in sich birgt. Dort sind sie sicher, die Bilder, die vom Rand in das tiefe Innere geschickt werden. Dort gibt es keinen Informationsverlust. Und damit ist das Nicht-Sein, die Abgeschiedenheit der Speicherer, so kostbar.
Ich bin gerade jetzt das Gegenteil der Speicherer, dieser Nicht-Wesen. Ich bin agil und beweglich und kämpfe mich seit ungezählter Zeit nun schon an den Rand heran, den ausgefransten, hoch gefährlichen Grat, wo es nur einen Moment der Unachtsamkeit braucht, um von unserer Gemeinschaft herunterzufallen oder, vom Wind erfasst, hinfort getragen zu werden.
Ich bin also gegenwärtig ein Mobiler. Einer von vielen. Wir rascheln durch das Geflecht, das von den Immobilen gebildet wird und ohne das unsere Gemeinschaft auseinanderfallen würde. Unsere Gemeinschaft ist dabei nur eine von vielen. Alle zusammen sind sie die polypoden Silikatungetüme, die durch die kargen Lande streifen, dabei wachsen und wachsen, bis sie irgendwann einmal allen Fortschritt einstellen und auf der Stelle verharren, um zu versteinern.
Meine Gemeinschaft ist riesig, ich habe sie auf meinem Weg aus dem Auffangbecken unterhalb des Zentrums durchmessen. Sie ist abertausend Einheiten groß, unmöglich, sie in Zahlen zu fassen. Als ich unter den fünften Fuß der Gemeinschaft geriet und von ihm aufgesogen wurde, da wusste ich noch nicht, was mir die Existenz bereithalten sollte. Aber ich wusste, aktiviert von dem Geschehen, dass ich mehr wollte. Einfach mehr. Mehr Bewegung und – als ich spürte, was da im Schwange war – mehr Licht, mehr Wind. Ich wollte die Chance unbedingt wahrnehmen, die sich mir bot – wann konnte ein Sandkorn schon davon träumen, die Welt zu erspüren?
Natürlich hatten wir Silikate alle von den Polypoden gehört, aber die Chance, unter einen von ihnen zu geraten, war eher gering. Und so war ich wie im Rausch gewesen, als es durch den Kanal im Fuß des Polypoden empor ging, hin zum Sammelbecken. Oben angekommen, stellte ich fest, wie dunkel es dort war. Wie kalt. Und wie still. Genau in jenem Moment begann mein eigentlicher Aufstieg.
Und jetzt hänge ich im äußersten Geflecht der Immobilen, gleich werde ich mich aufschwingen und den Polypoden reiten. Doch Vorsicht, Vorsicht, der Sturz kann tief sein. Und dennoch schiebe ich mich mit dieser Mahnung in meinem Kern langsam an die Oberfläche. Eine Windbö streift den Rand der Gemeinschaft, und ich ducke mich unter der Luftströmung. Ich warte ein, zwei Momente, dann schiebe ich mich weiter hinauf, auf die oberste Schicht. Und werde für meinen Mut belohnt. Vor mir schwingt eine rot-gelb gemaserte Felswüste, an deren Erhebungen sich Sanddünen brechen. Über uns spannt sich ein blauer Himmel mit einer glühenden Sonne in seinem Zentrum, ein paar wenige Wolken zieren den Horizont. Zwischen Fels und Sand gibt es andere Lebensformen, sie sind struppig und braun und ich frage mich, ob ihnen überhaupt ein Sein innewohnt. Aber um das festzustellen, müsste ich die Gemeinschaft verlassen, und das will ich nicht.
Eine zweite Böe zieht über mich hinweg, sie ist stärker als die erste gewesen, doch inzwischen ducke ich mich automatisch hinunter in den schmalen Spalt, bin gelassen dabei und fühle mich unverwundbar, unbezwingbar.
Da fällt der Wind erneut auf uns. Schon bin ich versucht, mich aufzurichten, in meinem Stolz und meiner Selbstüberschätzung gefangen, da sehe ich eine Handvoll meiner Kameraden an mir vorbei wehen. Ihr einzelnes Schicksal lässt mich unberührt, ich kenne sie nicht, aber die Warnung, die mir der Wind schickt, erreicht mich in meinem Kern. Und so ziehe ich mich wieder in die Zwischenschicht zurück, dorthin, wo die Sonne mich wärmt, der Wind aber über mich hinweg pfeifen kann, ohne dass ich Angst haben muss, mitgerissen zu werden. Still liege ich in der Nische, in die ich gefallen bin, umgeben vom Geflecht der Immobilen. Ich verfalle in die Zwischenexistenz, die sich in ständig wiederkehrendem Rhythmus über mein Sein legt. Ich bin dann nicht in der Lage, mich zu bewegen, Bilder zu sehen oder andere Dinge zu bemerken. Ich bin dann für eine kurze Periode nicht, bevor ich wieder erwache und als Mobiler meinem Drang nachgebe.
Doch diese Zwischenexistenz ist anders. Es fängt damit an, dass Bilder in mir wiederschwingen. Die Wüste schiebt sich in die Mitte meines Seins und pulst strahlend in ihren satten Farben. Ich wundere mich, ruckele unbewusst herum. Da blitzt es auf einmal neben meinem Sein auf, mein Kern wird erschüttert, ich zerfließe unter dem Hitzestoß. Dann falle ich in eine Zwischenexistenz, die so tief ist, dass sie dem Nicht-Sein dermaßen gleicht, als sei es schon so weit. Als ich wieder zu mir komme, bemerke ich, dass meine Form sich verändert hat. Ich bin dünn und lang gestreckt. Mein Körper ist starr und durchsichtig, ich bin gläsern. Ich kenne diese Form nicht, ich bin nicht in ihr zu Hause. Schon will ich mich wieder zusammenziehen – zu gerne schrumpfte ich auf meinen kleinen sandkorngroßen Körper zurück – da blitzt in mir ein Bild auf. Es ist die Sandwüste, der erste Eindruck, den ich von ihr hatte. Doch diesmal ist das Bild schärfer als in meiner Zwischenexistenzvisualisierung. Ich kann darum herum gehen und es von allen Seiten betrachten.
»Schick es weiter!«, singt es da in meinem Kern. Ich weiß nicht, woher die Worte kommen, allein, sie sind so drängend, dass ich ihnen nachgeben will. Doch wie?
»Sende das Bild an deinen längsten Auswuchs. Dort wird es ein anderer übernehmen.«
Ich suche in meiner Form, messe die Auswüchse ab und finde schließlich den gesuchten. Mit aller Kraft schiebe ich das Bild dorthin und warte. Einen Moment später ist es verschwunden.
»Gut gemacht«, singt es wieder in mir.
Dann bin ich allein in meinem Glaskörper und wünsche mir die Zwischenexistenz her. Doch die folgt ihrem Rhythmus und bleibt trotz meines Wunsches fern. Erst in ein paar langen Momenten wird sie sich wieder manifestieren. Also liege ich in meiner Nische und sinne, nicht mehr als Mobiler, aber auch nicht als Immobiler. Ich habe sie gesehen, die Immobilen, sie sind ganz normale Silikate, nur ohne den Drang, zu wandern. Was bin ich dann also?
»Du bist der Übermittler. « Ich schrecke hoch. Wieso hat diese Schwingung sich ausgerechnet mich ausgesucht?
»Weil du unser neuer Kamerad bist. Weil du Fragen hast. Weil ich dein Übermittelnder bin.«
Ich stocke.
»Also, pass auf«, hebt die Schwingung an. »Du wurdest vom Blitz der Erkenntnis getroffen. So nennen wir das hier. Das kann manchmal gezielt passieren, wenn wir uns auf einen Kandidaten geeinigt haben. Manchmal reicht es aber auch nur, das Netz zu streifen. Wenn es bereit ist, eine neue Zelle einzubinden, kommt es zu einer Überspannung und derjenige, der dem Netz in die Fänge geraten ist, wird transformiert. Daher der neue Körper.«
Ich ruckele etwas herum.
»Nein, du wurdest nicht gezielt ausgesucht. Du bist das Produkt einer spontanen Entladung. Tut mir leid, wenn das wenig schmeichelhaft ist. Aber das ist eben ein Fakt.« Nach einem Moment der Stille schwingt es erneut in mir. »Jetzt bist du also einer von uns. Du hängst an mir und an dir hängt ein anderer. Der braucht die Informationen, die ich dir schicke. Wir bewerten nicht, wir unterschlagen nicht, wir geben nur weiter. Wir sind die Boten. Aber noch haben wir etwas Zeit, denn wir sind ein junger Zweig des Netzes. Wir müssen uns erst noch festigen, bevor die Bilderflut über uns hereinbricht. Wenn es so weit ist, werden wir die Informationen weiterleiten. Sie werden durch die Stränge des Netzes fließen, bis sie im Zentrum eingelagert werden. Wir geben dem Ganzen den Sinn. Ohne uns wäre das hier nur ein Sandhaufen. So aber sind wir die Polypoden auf der Suche nach neuen Bildern. Wir kartographieren die Welt und legen visuelle Chroniken von ihr an.«
In der Folgezeit wurden mir die ersten Bilder übermittelt. Ich delektierte mich an ihnen, dann gab ich sie weiter. Manchmal zu langsam, dann klang fremder Ärger in mir wieder. Manche Bilder waren aber so grässlich, dass ich nicht anders konnte, als sie sofort weiterzuleiten. Die ersten Male schickte ich eine Entschuldigung vorweg. Doch man hämmerte mir als Dank ein, dass wir nichts zu bewerten hätten, dass wir nur die Übermittler seien – absolut neutral.
Und so wurde ich mit der Zeit ein verlässlicher Übermittler, schnell, diskret, unkritisch. Ich fühlte mich wohl in dem Netz. Dadurch, dass ich der Oberfläche so nah war, fiel Sonnenlicht auf mich, wärmte mich und ließ mich meine Arbeit im steten Fluss erledigen. Doch mit der Zeit krabbelten immer mehr Mobile über mich hinweg, auf dem Weg zum Licht. Sie verdunkelten meinen Horizont. Ich erinnerte mich, wie es war, diesen Drang auszuleben und spürte eine gewisse Sehnsucht. Doch während ich mich so auf das Geschehen über mir konzentrierte, bemerkte ich nicht, wie sich das Zentrum immer mehr ausdehnte. Je größer das Netz, desto mehr Informationen hielten wir bereit, desto mehr Speicherplatz wurde benötigt. Das Zentrum wuchs also und die Speicherer, das personalisierte Nicht-Sein, lungerten knapp unter mir herum. Ich spürte die Kälte an mir heraufziehen.
Da begann ich die Bilder zu untersuchen, die ich weitergeben sollte. Und ich stellte fest, dass sie sich glichen, manchmal waren sie nur um Haaresbreite unterschiedlich.
»Hast du nicht bemerkt, wie unbeweglich wir werden?« Die treue Schwingung war wieder da. Mein Übermittelnder meldete sich. »Da gibt es nur die gleichen Bilder, egal, wie viele der Mobilen auf dem Grat hocken und ihre Eindrücke an uns weitergeben.«
Der Übermittelnde schwieg einen Moment, dann knisterte er etwas. Räusperte sich und wiederholte seine Aussage klar und deutlich. »Unsere Entität stirbt. Dieser Polypode ist der Versteinerung geweiht.«
»Wenn er stirbt, sterben wir auch?«
„Wir sind er und er ist wir. Ja. Sein Nicht-Sein ist das unsere.«
»Und wir funken jetzt die immer gleichen Informationen ins Zentrum, das sich aufbläht und uns somit aus der Entität treibt?«
»So sieht es aus.«
»Und wenn wir nichts mehr funken?«
»Dann bleibt der Polypode auch stehen, denn er ist seiner Funktion beraubt.«
»Und wenn er steht?«
»Versteinert er!«
Ich zitterte vor Anspannung. Was konnten wir nur tun? Da wisperte mein Übermittelnder etwas. Ich spitzte meine Sinne, lauschte und erstarrte. Dann zog sich die Schwingung wieder zurück und ich startete mein Unternehmen.
Als Erstes musste ich mir einen Überblick über die Umgebung verschaffen. Ich startete damit, Erkundigungen im Netz einzufangen. Das war schwierig, da nicht alle verstanden, was ich von ihnen wollte und nicht alle wissen sollten, was ich da so trieb. Schließlich hatte ich eine beeindruckende Sammlung von visuellen Notizen zusammengetragen und konnte mit Bestimmtheit sagen, welche Besonderheit wo lag und wie die Zusammensetzung der verschiedenen Schichten beschaffen war.
Ich wusste, wie und wo das Netz positioniert war, wie und wo der Aufbau der Immobilen verortet war. Ich kannte meinen Polypoden wie mein Innerstes.
Als meine Nachforschungen abgeschlossen waren, nahm ich den Kontakt zu meinem Übermittelnden auf.
»Kannst du deinen Übermittelnden dazu bringen, sich zu überlasten?«
»Wieso sollte ich das?«
»Er soll so viel Energie freisetzen, dass das Netz überlastet wird. Es wird dann die Immobilen grillen, bis sich das Silikat erhitzt und flüssig wird.«
»Warum sollte er das?«
»Weil ich vorhabe, uns zu retten. Ich habe keine Lust, sinnlos zu sterben. Wenn wir unseren Polypoden aufteilen, dann kann der kleinere Teil weiterziehen.«
»Vergehen wir nicht dabei?«
»Vielleicht. Aber selbst wenn das so ist, dann können die anderen weiterexistieren.«
»Ich will nicht vergehen.« Der Übermittelnde gab seine Schwingung nur langsam an mich weiter.
»Ich doch auch nicht. Ich rechne damit, dass sich unsere Körper verändern werden, ja. Aber sobald wir abkühlen und wieder fest werden, dann machen wir weiter wie bisher.«
»Aber so eine Absprengung – das ist doch unsäglich, das hat es noch nie gegeben.«
»Täten wir dies nicht und gingen wir spürend in den Tod, ist das nicht ein Verbrechen an uns selbst durch uns selbst?«, hielt ich dagegen.
Mein Gegenüber schwieg.
»Rede mit ihm, bitte.« Mehr blieb mir nicht zu sagen.
Die Stille umschloss meinen Kern. Dann war ich wieder allein, wie zuvor.
Die nächsten Abschnitte – Existenz, Zwischenexistenz, Arbeit, Existenz, und das ganze drei Mal hintereinander – verbrachte ich mit der pflichtbewussten Erfüllung meiner Aufgaben, auch wenn mich jedes Bild, das dem Vorgänger auf das letzte Staubkorn glich, im Innersten frieren ließ. Gleichzeitig spürte ich die Absenz von Bewegung, von Vorwärtsbewegung oder Fortschritt. Ich war versucht, meinen Übermittelnden noch einmal zu kontaktieren, aber allein die Erinnerung an seine Reaktion ließ mich schweigen.
Als die nächsten Abschnitte sich mehr und mehr in die Länge zogen, spürte ich, dass das Zentrum auf mich überzugreifen drohte. Die Speicherer kamen immer näher, schon umschlossen sie den Ausläufer meiner selbst, der dem Innersten am Nächsten war. Langsam erstarrte ich. Als die Zwischenexistenz kam, konnte ich nicht einmal mehr sagen, ob sie im Rhythmus war oder nicht. Ich war inzwischen fern von allen und allem. Bilder löschte ich, anstatt sie weiterzutragen, in der Hoffnung, die Ausdehnung des Zentrums damit stoppen zu können. Doch dem schien nicht so.
Da schoss auf einmal ein Blitz durch mich hindurch, ich wurde nachgiebig, weich. Zäh floss ich in die Spalten der Immobilen, sodass auch sie erweichten, bis ich auf den Rand des Zentrums traf. Dort ließ die Kälte mich erstarren. Mein ehedem gläserner Strahlenkörper war nun flach, gequetscht, ein einziger Placken, der sich gegen die Kälte aus dem Inneren wehrte. So spürte ich, dass noch immer das Sein in mir war, ich ahnte die Energie der vergangenen Abschnitte und gab dem Drang nach, mich gegen das Zentrum zu stemmen. Als mir die Kraft ausgehen wollte, spürte ich, wie man mich anfeuerte, nur nicht nachzugeben. Mein Übermittelnder war wieder an meiner Seite! Ich spürte zu ihm hinüber und merkte bald, dass auch er eine Fläche bildete. Ich spürte zu meinem Übermittler hinunter und auch er bildete eine zweidimensionale Einheit – und nicht nur er, auch andere hatten, ebenso wie ich, ihre Körper transformiert. Mit einem Mal ging ein Ruck durch den Polypoden. Durch meinen Polypoden. Er zerbrach entlang der gläsernen Fläche in zwei ungleiche Teile. Die schwere Masse, die das Zentrum barg, schien wie abgesprengt. Unser Teil, der kleinere Teil, der auf nur drei Füßen stand, verharrte still und steif. Schon glaubte ich, dass unser Plan nicht aufgehen, dass unser Teil versteinern würde, da er sich keiner Aufgabe bewusst war. Alles umsonst?
Die Zwischenexistenz legte sich über uns und schaltete das Sinnen aus.
Im nächsten Abschnitt fing ich an, den uns verbliebenen Teil zu kartographieren. Ich spürte vorsichtig in alle Richtungen und fand überall Antworten. Schnell stellte sich heraus, dass wir eine gesunde Mischung von Immobilen, Mobilen und Übermittlern bildeten. Das Netz erstreckte sich in alle Richtungen, und ich fand heraus, dass wir sogar über einen Sammlerfuß verfügten, der neue Silikate aufnehmen konnte. Unser Zentrum war sehr klein. Das war ein Umstand, der mich glücklich machte, denn es bedeutete, dass wir uns um den Speicherplatz nicht so schnell Sorgen machen mussten. Unsere neue Gemeinschaft würde viele Bilder sammeln können, würde sich durch die Welt bewegen, auf der Suche nach neuen Eindrücken. Nur – dafür musste sich unser Tripode in Bewegung versetzen. Doch noch verharrte er im Schatten der Ursprungsgemeinschaft. Es schien, als hätte er nicht begriffen, dass er frei war, sich dorthin zu bewegen, wohin ihn die Sonne lockte.
Sonne! Ich schrak hoch. Warum hatte ich nicht daran gedacht? Die Sonne lenkte alle Vorgänge unserer Gemeinschaft, war unser Antrieb und Motor, der die Bewegung aufrechterhielt. Nur nicht in den Zwischenexistenzen oder in der Nähe von Erhöhungen. Überall dort, wo Dunkelheit auf uns fiel, umarmte uns die Nicht-Existenz. Also musste ich nur warten. Irgendwann würde das Sonnenlicht auch uns streifen, erwecken, und dann – dann würde uns nichts aufhalten.
Ich fühlte mich wieder wie ein junger Mobiler, der unbedingt ans Licht wollte. Der neue Körper, der sich flächig über das Geflecht der Immobilen verteilte, spürte das alte Sehnen stark in sich, konnte ihm aber nicht nachgeben. Da wurde mir ganz trüb zumute. Nie wieder das Sonnenlicht sehen, für immer gefangen in der Dunkelheit, das zog und zerrte in mir und stieß vor bis in alle Auswüchse meines Seins.
Die Ungeduld kostete viel Energie und irgendwann verfiel ich in einen Sinneszustand, in dem ich nichts mehr wahrnahm.
Da ging mit einem Mal ein Ruck durch den Tripoden. Er löste sich von der Ursprungsgemeinschaft und bewegte sich schwankend links an ihr vorbei. Mit einem Mal fiel das Sonnenlicht auf meinen Körper und riss mich aus meinem Dämmerzustand. Und ich bemerkte mit einem Strahlen, dass ich nun alles war, was ich sein wollte, dass ich alles machen konnte, was ich wollte. Ich war mehr als ein Mobiler auf dem Grat, ich war jetzt selbst der Grat. Ich sammelte Bilder und gab sie weiter. Ich spürte den Wind auf mir, die Sonne über mir. Ich war umgeben von Schwingungen und der Eindrücke übervoll.
Und während unserem Tripoden schon bald ein vierter und fünfter Fuß wuchs, ritt ich die Entität unserer Gemeinschaft. Mein Sein dem Licht zugewandt.