Der saarländische Autor Benjamin Spang spricht über seine antifaschistische Action-Reihe „Inglorious Bitches“, Crowdfunding-Erfolge, kreative Freiheit als Selfpublisher – und warum es heute politisch ist, überhaupt noch Geschichten zu erzählen.
Zauberwelten-online.de: Hi Benjamin, danke, dass wir dich interviewen dürfen! Kannst du uns ein bisschen von dir erzählen?
Benjamin Spang: Ich bin ein verlagsunabhängiger Autor aus dem Saarland und schreibe seit ca. 2012 Romane und Kurzgeschichten. 2015 erschien mein Debütroman „Blut gegen Blut“, der drei Jahre später noch einen Nachfolger bekam. Neben dem Schreiben mache ich meine Buchcover und mein gesamtes Marketing selbst. Ich bin ausgebildeter Mediengestalter und zertifizierter Social-Media-Marketing-Manager. Aber am meisten bei dieser Arbeit hilft mir, dass es verdammt viel Spaß macht.
Daneben arbeite ich auch Vollzeit als Grafikdesigner für Print oder Webgrafiken. Innerhalb des Saarlands bin ich immer mal wieder auf Messen mit eigenem Büchertisch anzutreffen, auf der Frankfurter und Leipziger Buchmesse bin ich als Besucher unterwegs.
Wenn ich nicht schreibe, veröffentliche oder Grafiken bastele, gucke ich sehr gerne Serien und Filme, lese Bücher oder treffe mich mit Freunden.
ZWO: Deine aktuelle Buchreihe heißt „Inglorious Bitches“ – ein zugleich eigenwilliger und eindeutiger Titel. Erzählst du uns, wie du zu diesem Projekt gekommen bist?
Benjamin: Durch eine Kurzgeschichte, die ich auf Patreon veröffentlicht habe. In dieser muss eine Gruppe amerikanischer Soldaten im Zweiten Weltkrieg das Grab einer Hexe finden. Eine geheime Macht verbirgt sich darin, die den Nazis auf keinen Fall in die Hände fallen darf – quasi ein „Soldat James Ryan“ ohne Ryan, dafür mit paranormalen Elementen.
Diese Idee hat mir so gut gefallen, dass ich einen Roman daraus machen wollte. Doch irgendetwas fehlte mir. Etwas Besonderes. Die eine Zutat, die den Roman noch eindeutiger von der Masse an Kriegsromanen abhebt.
Und da musste ich nicht lange überlegen. Schon in meinen vorherigen Romanen und Kurzgeschichten waren meine Hauptcharaktere fast alle weiblich – das zieht sich wie ein roter Faden durch mein Autorenleben. Und diesen roten Faden habe ich bei dieser Idee einfach weitergesponnen. Auf einmal waren es Elite-Soldatinnen auf geheimer Mission. Und da ich großer Fan von Quentin Tarantino bin – vor allem von seinem Film „Inglorious Basterds“ – war auch der Titel schnell gefunden. Natürlich auch aus Marketing-Aspekten.
ZWO: Und aktuell läuft eine Crowdfunding-Kampagne zu der Romanserie. Wofür brauchst du das Geld?
Benjamin: Wer die „Inglorious Bitches“ in Taschenbuchform lesen möchte, muss auf die Bücher von Amazon zurückgreifen. Dort bekommt man die Einzelbände in Papierform.
Aber nur im Crowdfunding bekommt man die „Sammelbände“. Hier sind immer drei Bände (eine Staffel) in einem Buch zusammengefasst. Diese Sammelbände sind besonders veredelt und auch innen sehr hübsch gestaltet – was Besonderes eben.
Das Geld brauche ich für den Auflagendruck der Bücher und auch den Versand. Sollte am Ende Geld „übrig“ bleiben, wird dieses in die nächsten Romane der Serie gesteckt – ins Korrektorat und die Druckkosten. Vieles davon zahle ich aktuell aus eigener Tasche.
Wer also mein Projekt gegen Rechts unterstützen möchte und besonders hübsche Bücher haben will, sollte jetzt beim Crowdfunding mitmachen – denn das läuft nicht mehr allzu lange.
ZWO: Hast du die Kombi aus Badass-Protagonistinnen und dem Tarantino-Vibe geplant, oder entstand das während des Prozesses?
Benjamin: Die Idee ist über mehrere Wochen gereift, eins kam zum anderen. Und als klar war, dass ich mich grob an „Inglorious Basterds“ orientiere, habe ich den „Tarantino-Aspekt“ stärker in das Projekt gebracht. Bedeutet: witzige Dialoge, überspitzte Gewalt, erfundene Marken wie „Pink Apple“ und das Neuschreiben geschichtlicher Ereignisse. Und natürlich auch viele weitere Referenzen auf Tarantino-Filme.
ZWO: Die „Inglorious Bitches“ sind ja schon … etwas eigenwillig (auf gute Art!). Wie schätzt du die Chancen und Risiken ein, in einer Nische zu sein, die so wenig Mainstream ist?
Benjamin: „Inglorious Bitches“ ist die Magie, die passiert, wenn die richtige Idee auf den dazu passenden Wahnsinnigen trifft – das bin in diesem Fall ich. Die Formel ist in ihren Einzelteilen nichts Besonderes. Aber die Kombination macht diese Romanserie zu einem ganz besonderen Cocktail. Ich vereine hier Antifaschismus und Feminismus mit Action und Humor. Ich kenne nichts Vergleichbares. Und das ist Fluch und Segen zugleich.
Ein Segen, weil ich mit ganzer Überzeugung selbst auf der größten Buchmesse sagen könnte: „Guck, du bist hier an meinem Stand. Ich verspreche dir, du wirst auf der gesamten Messe nichts finden, was so ist wie dieses Buch!“ Diese Einzigartigkeit liebe ich, und ich bin verdammt stolz darauf, dass ich diese Idee haben darf. Ich sehe es als meine Pflicht, sie großzuziehen, damit sie noch stärker wird.
Diese Idee ist aber auch ein Fluch, eben weil ich nicht sagen kann: „Die Idee ist wie Roman XY.“ Ich bediene mit dieser Idee auch keinen aktuellen Trend auf dem Buchmarkt. Wenn es mir darauf ankäme, bekannt zu werden und möglichst viel Geld zu verdienen, würde ich sofort anfangen, Romane mit Drachen zu schreiben. Oder New Adult. Oder Dark Romance. Oder eine Dark Romance mit einem Drachen. Das traue ich mir alles zu, das ist nicht die Frage. Aber was mir auch klar ist: Bei diesen Themen packt mich bei Weitem nicht die Begeisterung, die ich bei meinen „Inglorious Bitches“ spüre.
Und ich bin felsenfest davon überzeugt, dass meine Romanserie auch ein größeres Publikum begeistern würde. Deshalb schreibe ich weiter – und mache weiter Marketing dafür.
ZWO: Inwieweit hältst du dich in der „Inglorious Bitches“-Reihe an historische Fakten? Gibt es Begebenheiten, die du bewusst anders erzählst, um die richtige Wirkung zu erzielen?
Benjamin: Ich nehme historische Fakten und erzähle sie so weit nach, wie es für die Geschichte wichtig ist. Sobald es aber nötig wird, diesen Pfad zu verlassen, springe ich mit beiden Beinen voraus in den Seitengraben, renne quer über das Feld und springe nackt in den darauffolgenden See. Deshalb gibt es in der Romanserie auch einige Fantasy-Elemente, weil man dafür unglaublich verrückte Dinge anstellen kann – vom Dämonen-Panzer namens Jürgen bis hin zu verrückten Schrottwichteln oder Werwölfen in Netzstrumpfhosen. Das macht die Serie auch aus: In jedem Kapitel eine neue Überraschung. Alles kann passieren.
ZWO: Vorher hast du Romane und Novellen im Dark-Fantasy-Bereich veröffentlicht. Möchtest du auch wieder (vielleicht nur zeitweise) dorthin zurück, oder hast du mit deinem neuen Pseudonym Benny B. Savage deine Bestimmung gefunden?
Benjamin: Ich liebe Fantasy und habe auch noch ein Romanprojekt in der Schublade. Daran will ich in Zukunft immer mal wieder arbeiten – wenn meine „Inglorious Bitches“ es mir erlauben. Momentan liegt mein Fokus aber eindeutig auf meinen drei Damen.
ZWO: Du hast schon einige Erfahrung im Crowdfunding – also der Vorfinanzierung bestimmter Projekte durch Privatleute. Kannst du denjenigen, die darin eine Chance für ihr eigenes (Buch-)Projekt sehen, vielleicht kurz den Ablauf erklären?
Benjamin: Die aktuelle Kampagne ist mein viertes Crowdfunding. Vor exakt zehn Jahren habe ich schon meinen Debütroman darüber finanziert.
Der Ablauf ist, dass man ein Buchprojekt hat, für das man Geld benötigt – zum Beispiel für Buchcover, Lektorat und Korrektorat. Das kalkuliert man alles entsprechend. Dann überlegt man sich, wie man die „Crowd“ mit sogenannten „Dankeschön-Paketen“ zum Unterstützen überzeugen kann. Das können Goodies sein oder aber auch die Erwähnung im Buch oder ein Meet & Greet. Da kann man sich viele coole Sachen überlegen.
Dann richtet man die Crowdfunding-Seite entsprechend ein, schreibt Texte und dreht ein überzeugendes Video dafür. Und was viele vergessen: das Marketing. Ich muss jetzt zum Beispiel über mehrere Wochen die Leute immer wieder motivieren, mein Crowdfunding zu unterstützen. Da muss man kreativ sein und sich Wege überlegen, wie man auf sich und das Projekt aufmerksam macht. Auch das erfordert viel Zeit und Energie.
ZWO: Bekommt man da eine gewisse Routine, oder zitterst du immer noch, ob du die benötigte Summe zusammenbekommst?
Benjamin: Das Zittern ist weg, aber es ist dennoch immer wieder eine Art Test, wie viele Menschen man für sich und seine Idee begeistern kann. Jede Crowdfunding-Kampagne ist auch ein Indikator dafür, wie gut mein Social-Media-Marketing der letzten Jahre war. Wie viele Leute folgen mir? Wie viele davon kaufen und lesen auch meine Bücher? Das ist ein ständiger Prozess. Diese Arbeit hört nie auf – aber sie zahlt sich aus, wenn treue Follower und Leser*innen dann auch gerne Geld für die Bücher ausgeben, die man schreibt oder über Crowdfunding anbietet.
ZWO: Du bist zusätzlich auch noch Grafiker und gestaltest deine Bücher selbst – ein Segen, wenn man seine Bücher nicht in Verlagshände gibt. Was ist der größte Vorteil als Selfpublisher?
Benjamin: Die Unabhängigkeit. Keiner quatscht mir in meine Ideen rein. Wenn ich mit „Inglorious Bitches“ zu irgendwelchen Verlagen gegangen wäre, hätte ich wahrscheinlich mehr Zeit ins Exposé gesteckt als ins Schreiben der Romane. Zumal sich meine „Inglorious Bitches“ auch keinem eindeutigen Genre zuordnen lassen, einfach weil sie nicht so richtig in irgendwelche Schubladen passen. Das sehe ich aber als Stärke.
Wer den hundertsten Drachenroman oder den vierhundertsten Dark-Romance-Roman lesen will, weiß, wo er sie bekommt. Wer aber eher Bock hat auf „weibliche Finesse mitten in die Nazi-Fresse“, bekommt das nur bei mir. Und (noch) bin ich damit alleine. Aber vielleicht gründe ich mit der Idee ja auch ein ganz neues, eigenes Genre?
ZWO: Gerade im Zeitraum um die Bundestagswahl gab es vermehrt politischen Content von Autor*innen und anderen Künstler*innen. Gibt es für dich eine Abgrenzung von Kunst und Politik – oder sollte es diese geben?
Benjamin: Die Zeit, „unpolitisch“ zu sein, ist vorbei. Glaubt mir, ich finde kaum etwas langweiliger als Politik – na ja, Steuern und Versicherungen vielleicht. Aber in den letzten Jahren wurden die Nazis im Bundestag immer stärker, und diese blaue Partei bedeutet einen Angriff auf uns alle.
Hier kommt mein Gerechtigkeitssinn zum Tragen, der (leider) sehr ausgeprägt ist. Ich will nicht in einem Land leben, in dem Migranten in Lager gesteckt werden oder noch Schlimmeres passiert. Dafür stehe ich auf, werde laut und gehe auch auf die Straße. Dieser Aktivismus ist definitiv auch eine Art Selbsttherapie.
Statt alleine zu Hause fassungslos die Nachrichten zu verfolgen, bin ich gemeinsam mit Gleichgesinnten auf der Straße, um für eine gerechte Sache zu demonstrieren. Deshalb bin ich auch der Vereinigung „Autor*innen gegen Rechts“ beigetreten, die mit einem offenen Brief Stellung bezogen hat.
Und natürlich ist meine Romanserie „Inglorious Bitches“ auch eine Art von Aktivismus. Hier setze ich meine kreative Kraft ein, um gegen reale Gefahren ganz klar Stellung zu beziehen. Außerdem hat mir eine Leserin bereits die heilsame Wirkung meiner Bücher bestätigt, wenn die Nachrichten mal wieder vom nächsten Erfolg der Nazis berichten – ob bei uns oder in den USA. Auch das freut mich: dass ich den Leuten mit meinen Romanen Entspannung und Ablenkung bieten kann. Und das Schreiben der Geschichten tut mir selbst auch gut. Denn ich und meine Leserinnen wissen: Bei den „Inglorious Bitches“ gibt es kein Happy End für Faschist*innen.
ZWO: Während der Vorbereitung des Interviews habe ich deine Bücher auf Amazon in den verschiedenen Kategorien gesucht – und unter anderem in „Machtergreifung“ gefunden. Freust du dich, dass man dort neben aller Literatur über Hitler deine Mädels findet, oder wärst du gern in besserer Gesellschaft?
Benjamin: Ich selbst habe beim Hochladen der Bücher auf Amazon diese Kategorien gewählt. Damit meine „Inglorious Bitches“ dort mal für ein bisschen frischen Wind sorgen können. :)
ZWO: Verrätst du uns, wie viele Bände du noch planst, oder steht das noch nicht fest?
Benjamin: Um selbst besser planen und schreiben zu können, habe ich die Romanserie auf 18 Bände ausgelegt. Wenn ich ab diesem Jahr also jedes Jahr drei Bände veröffentliche, bin ich 2029 „fertig“. An das Ende will ich noch gar nicht denken – das wird verdammt hart, mich von den drei Damen irgendwann verabschieden zu müssen. Diese Serie wird mein ganz persönlicher „Dunkler Turm“.
ZWO: Auf welchen Kanälen kann man dich am besten supporten – auch unabhängig vom Crowdfunding?
Benjamin: Auf meiner Website www.benjaminspang.de kann man sich für meinen Newsletter registrieren. Hier bekommt man einmal im Monat die wichtigsten Infos zu mir und meinen Büchern – weil Social Media leider immer schneller den Bach runtergeht.
Ansonsten findet man mich auf Instagram und TikTok unter „benjaminspang“ und darf dort gerne folgen – aber auch sehr gerne meine Postings teilen.
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