In einem fernen Land spielt auf dem Kontinent Ardeen und ist verknüpft mit der Hauptgeschichte, kann jedoch auch abseits der anderen Bände verständlich gelesen werden. Lediglich die Bedeutung einiger Namen und ein paar Anspielungen entgehen einem.
Der Großteil der Geschichte dreht sich um den Umgang der beiden Protagonisten mit der Sklaverei. Die Charaktere, denen sie dienen, unterscheiden sich dabei stark in Charakter und ihrem Umgang mit ihren Sklaven. Von gnädigen Herren, die auch Ungehorsam noch verzeihen wollen, bis blutgierigen Tyrannen, die nur auf eine Gelegenheit warten, ihre Untergebenen zu bestrafen, ist alles vertreten.
Die Charaktere sind dabei vielfältig und bleiben sich auch treu, manchmal vielleicht ein wenig zu stark. So scheinen Monate der Gefangenschaft kaum eine Wirkung auf das Verhalten der Protagonisten zu haben.
Wirklich moralisch gute Charaktere gibt es in dem Buch nicht. Prinz Raiden besticht hauptsächlich durch Arroganz und Herablassung seinem Sohn gegenüber, sympathisch wird er erst durch den Verlust seines Gedächtnisses. Besagter Sohn bemüht sich zwar nach Kräften, das Richtige zu tun, hat aber im Zweifelsfall auch kein großes Problem damit, Frauen zu entführen. Im Gegensatz zu den finsteren Sklavenhaltern wirken die beiden aber durchaus rechtschaffend.
Roman mit kleinen Macken
Die Autorin hat ihren ganz eigenen Schreibstil, was sich recht erfrischend liest. Statt den ganzen üblichen Formulierungen und Regeln des Schreibens nutzt Sigrid Kraft eigene Varianten, die zwar manchmal etwas schwer verständlich sind, meist jedoch ihre ganz eigene Faszination haben. Auf der anderen Seite kann man sich auch stellenweise etwas zu sehr an die Hand genommen fühlen, wenn zum Beispiel zu jedem gesprochenen Satz auch noch die Gedanken der Sprecher hinzugefügt werden.
Feinde von popkulturellen Referenzen in Fantasy-Romanen könnten Anstoß an dem Roman nehmen. Schmähnamen wie Odi oder Dumbo sind ohne das Wissen um bestimmte Cartooncharaktere wohl kaum lustig und wirken in einem an arabische Kultur angelehnten Setting etwas unpassend.
Während der Kontinent Ardeen zumindest dem Roman nach ein vernunftregierter und recht fortschrittlicher Ort ist, gilt dies nur eingeschränkt für das Land der Indrajut, in dem der Roman spielt. Und dies gilt nicht nur für die Sklavenhaltung, denn diese geht mit einem starken Rassismus einher. Auch Räuberbanden sind hier Teil der Gesellschaft, solange sie ihre Raubzüge auf das Ausland beschränken. Obendrein blüht hier ein glühender religiöser Fanatismus.
Low Fantasy in einem High Fantasy Setting
Das Land hat starke negative Auswirkungen auf Magier, weshalb Prinzregent Raiden der einzige Magier bleibt, der in dem Roman vorkommt. Auch sonst gibt es keine phantastischen Rassen, das Land der Indrajut wird ausschließlich von Menschen bewohnt.
Das Buch wird durch einige Bleistiftzeichnungen aufgelockert, die zwar technisch nicht mit professionellen Illustrationen mithalten können, aber sehr ausdrucksstark sind. Dagegen wirken die computergenerierten Bilder im Roman eher künstlich.
In einem fernen Land ist ein Fantasy-Roman, der von der Autorin selbst verlegt wurde. Er hat nicht die Perfektion, die von professionellen Verlagen ausgeht. Wer sich daran nicht stört, bekommt einen figurenzentrierten Roman mit viel Augenmerk auf der Interaktion der Charaktere. Trotz vergleichsweise wenig Handlung liest er sich nie langweilig, vor allem auch, weil die Pläne der Charaktere sich bisweilen gegenseitig durchkreuzen und nie perfekt klappen. Das gibt dem Roman ein besonderes Gefühl von Realismus, was ihn trotz aller schreiberischer Schwächen herausstechen lässt.
In einem fernen Land: Ein Abenteuer aus der Welt von Ardeen
Sigrid Kraft
(Fahnauer Verlag, 2017)
360 Seiten, Taschenbuch
ISBN: 978-3941436206
Webseite: In einem fernen Land bei Sigrid Kraft