Literatur

Halbmond und Hugenottenkreuz – Glaubenssache

Mitten im 16. Jahrhundert toben Glaubens- und Gebietskonflikte in ganz Europa. Protestanten gegen Katholiken, Christen gegen Muslime und weltliche Streitigkeiten wirbeln die Schicksale von vier sehr unterschiedlichen Menschen über den Kontinent.

So steht im Sommer 1565 der Anwärter des Johanniterordens Arthur de Vevre fast hoffnungslos auf den Festungsmauern der belagerten Festungsteile Maltas und erwartet die Angriffe der osmanischen Truppen des Sultans Süleyman dem Prächtigen. Die dauerhaften Kanonaden, die Abwehrkämpfe und die Verzweiflung in den Stadtteilen lassen Arthur schnell abstumpfen gegenüber dem Leid seiner Kameraden und der Bevölkerung. Und doch wächst in ihm auch der Hunger nach Leben, ein Leben, das auch die strengen Regeln seines Ordens in Frage stellt. Und die Hoffnung auf Rettung lässt ihn weiterkämpfen. Doch die Zuversicht auf eine Flotte mit einem Entsatzheer zerschlagen sich mehrfach und immer wieder werden die Festungsanlagen von den Osmanen bestürmt. Eine Bastion nach der anderen fällt und die immer weniger werdenden Verteidiger scharen sich verzweifelt um den siebzigjährigen Großmeister Jean de la Valette.

Zur gleichen Zeit kämpft sich Franz Wolters, im Auftrag des Landgrafen Philipp von Hessen, durch die Gassen Marburgs und versucht eine eigentlich einfache Aufgabe nicht zu einem persönlichen Desaster werden zu lassen. Durch Glück und der Liebe wegen wechselt Franz dann in die Dienste des protestantischen Herzogs Wolfgangs von Pfalz-Zweibrücken und seinem Sohn Philipp Ludwig, was ihn nach Ungarn und während des Hugenottenkrieges in das Herz Frankreichs führen wird. Doch die Pestkrankheit zwingt ihn erst einmal in eine Pause und seine Schwester Elisabeth, die nur mit knapper Not der Krankheit und dem Tod entkommen ist, wird an seiner Stelle zu einem Dreh- und Angelpunkt in der Geschichte.

Als letzter Protagonist des Romans befindet sich der katholische Schmiedegeselle Peter wegen Wilderei auf der Flucht und sucht in Graz bei Protestanten Schutz. Mangels Alternativen schließt sich Peter den Hellbardieren an, die sich als Verstärkung auf dem Weg zur Festung Szigetvár in Ungarn befinden. Doch die Festung wird bereits von den Osmanen belagert und die türkische Reiterei macht Jagd auf heranrückende Verstärkungen.

Vier in Eins

Mitten im 16. Jahrhundert toben Glaubens- und Gebietskonflikte in und an der Peripherie von Europa. Wie in einer Petrischale in einem Labor bilden sich immer neue Gegensätze der Menschen in zwei oder mehrere Teile und sie stehen miteinander im tiefgreifenden Konflikt. Alt gegen Neu, Protestanten gegen Katholiken, Christen gegen Muslime und die alltäglichen, fast schon gewöhnlich anmutenden, weltlichen Streitigkeiten der Herrschenden bilden die Begleitmusik in dieser komplizierten Hochphase der Renaissance.

Wieviel geschichtsträchtigen Inhalt kann man in einem historischen Roman mit wenig mehr als vierhundert Seiten verarbeiten? Mal abgesehen davon, dass in diesem Buch auch diverse Genres Einzug halten. Ein wenig Spionage-Thriller, ein wenig Romantik, ein wenig Road-Trip durch Europa etc. und dann bitte den Cocktail gut schütteln. Sven Kantelhardt verschiebt hier still und leise mittlerweile Grenzen und setzt seine ganz eigenen Standards. Seine vorherigen Veröffentlichungen u.a. Der Schmied der Franken, Das Spital zu Jerusalem, die auch im acabus Verlag erschienen sind, haben mich schon durch ihre erzählerische Kompaktheit begeistert, aber mit dem neuen Roman Halbmond und Hugenottenkreuz setzt Kantelhardt noch einen drauf und verschiebt das weiter in den Grenzbereich. Letztendlich liefert er Stoff für vier Romane und verarbeitet das in einem. Und nicht einer davon wäre nicht lesenswert.

Kritik

Was aus meiner Sicht die Stärken des Buches sind, könnten für andere Lesende natürlich die Schwächen sein. Zum Beispiel gibt es, um der Gleichzeitigkeit der Ereignisse gerecht zu werden, sehr viele kleine Kapitel und stetig wechselt dementsprechend die Hauptfigur. Das sorgt für viel Tempo in dem Buch, kann auch etwas herausfordernd sein, im schlimmsten Fall ärgert man sich, wenn es gerade spannend ist, dass man ein paar Seiten darauf warten muss, wie es weitergeht. Aber alle Handlungsstränge und Figuren an sich sind spannend und haben ihren ganz eigenen Charme. Nur die weibliche Hauptfigur hat nach einem starken Beginn das Problem, dass sie zum Schluss in der Gesamtgeschichte als Charakter immer blasser wird. Da war noch Potential, welches in meinen Augen nicht voll ausgeschöpft wurde.

Fazit

Grundsätzlich habe ich manchmal den Eindruck, dass Autoren oder Verlage, besonders bei historischen Romanen, ihre Leserschaft auf gar keinen Fall überfordern möchten und der Trend setzt auf ein einfacheres Storytelling mit viel, viel Gefühl.

Demgegenüber ist der neue Roman von Kantelhardt eine schöne Abwechslung und eher ein Skydive durch ein bewegendes Jahrzehnt der Geschichte, was einen an vielen Stellen animiert, die historischen Fakten nachzulesen, um das eigene Bild und die Kenntnisse zu komplettieren. Lesende bekommen kein großes Bild präsentiert, viel eher den Detailreichtum einer Briefmarke, welche man mit der Lupe betrachtet.

Die Figuren sind schnörkellos und doch mit der gewissen Erzähltiefe ausgestattet. Das Prinzip ist: Alle nötigen Informationen zu liefern und den Rest übernimmt die Imaginationskraft der Lesenden. Und dabei vermittelt der Autor einem nicht das Gefühl, dass etwas fehlt. Im Zentrum stehen die historischen Ereignisse, deren Zeuge die vier Hauptfiguren werden und wie sich ihre Schicksale, nachdem sie quer über den Kontinent getrieben wurden, zu einer gemeinsamen Geschichte formen.

Speziell diese Epoche und die Themen sind in der Literaturlandschaft eher unterrepräsentiert, was ein absolutes Plus für Halbmond und Hugenottenkreuz ist. Und wenn das Buch dazu noch in einem sehr schönen Artwork eingebunden ist, dann rundet das den positiven Gesamteindruck einfach ab.

Das Produkt wurde kostenlos für die Besprechung zur Verfügung gestellt.

Dieser Artikel ist erschienen bei: Zauberwelten-Online.de

Halbmond und Hugenottenkreuz - Glaubenssache

Bewertung

5

Positiv

Negativ

Halbmond und Hugenottenkreuz - Glaubenssache

Frank Hainke

Autor

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acabus Verlag

Kommentare

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