Literatur

Ghost Station – Von der Autorin von Dead Silence

Nach dem Tod eines Crewmitglieds wird dem Team des Raumschiffs Resilience die Psychologin Dr. Ophelia Bray zugeteilt, um psychologische Unterstützung zu leisten. Doch weder Captain Severin noch die restliche Crew sind von ihrer Anwesenheit begeistert. Schließlich müssen sie noch mehrere Planeten vermessen und dokumentieren. Doch der Planet Lyria 929-C, auf dem sich sowohl Alien-Ruinen wie auch eine verlassene Station befinden, lässt die Besatzung nach einem weiteren Todesfall in den Überlebensmodus wechseln. Sie werden feststellen: Diese Station wurde nicht grundlos verlassen.

Dr. Ophelia Bray, die aus der vermögenden und einflussreichen Familie Bray stammt, hadert sowohl mit ihrem verhassten Familienzweig als auch mit ihrer traumatischen Vergangenheit. Denn ihre Erlebnisse in der Kindheit haben sie dazu bewegt, sich nicht nur von der Familie abzuwenden und der Konkurrenzfirma Montrose beizutreten, sondern auch dazu, Menschen zu helfen. Sie möchte Fehler wiedergutmachen (und ihre Karriere retten), weswegen sie nun mit der Crew der Resilience unterwegs ist, um sie nach dem Tod eines Crewmitglieds psychologisch zu betreuen, während das Tagesgeschäft im All weiterlaufen soll.

Doch die Psychologin ist mehr Störfaktor als Unterstützung in den Augen der Crew, was sie Ophelia bei jeder Gelegenheit und Konversation spüren lassen. Angekommen auf der verlassenen Station des Planeten Lyria bessert sich die Situation nur geringfügig, ehe neue Probleme dazukommen. Denn neben den mysteriösen Alienruinen, die sich unweit der Station befinden, wirft der Zustand dieser viele Fragen auf. Sie ist verlassen, doch dies scheint in großer Eile geschehen zu sein, wie leergelaufenes und verstreutes Equipment nahelegt. Die erfahrene Crew der Resilience ist davon zunächst wenig beeindruckt, obwohl auch sie nicht alle auftretenden Unstimmigkeiten erklären können. Erst als das Leben einer weiteren Person unter ungeklärten Umständen endet, wird die nicht greifbare Gefahr der Station für alle wahrnehmbarer. Ist es das unter Raumfahrenden immer häufiger auftretende ERS-Syndrom, vor dem Ophelia beharrlich warnt oder steckt etwas oder jemand anderes dahinter? Was haben die Brays verschwiegen, die den Planeten erst vor Kurzem an die Montrose-Firma verkauft haben? Die Besatzung wird es bald herausfinden müssen, um die Station lebend verlassen zu können.

Same same but different

Wer bereits Dead Silence von S. A. Barnes gelesen hat, wird einige Muster wiedererkennen, die die Autorin hier erneut hat einfließen lassen. So handelt es sich beispielsweise bei der Hauptperson ebenfalls um eine Frau, der in der Kindheit ein Trauma widerfahren ist, welches sich im Laufe der Story immer präsenter in die Handlung einflicht und so die Geschichte grundlegend beeinflusst. Auch die Schauplätze vermitteln ein ähnliches Bild der Einsamkeit und Verlorenheit im weiten All, was zum Horror-Element des jeweiligen Buchs beiträgt. Das macht Ghost Station jedoch keinesfalls zu einer veränderten Abschrift ihres ersten Romans. Gleiche Schemata zu nutzen, ist weder verwerflich noch schlecht; es fördert in diesem Fall eher die "Comfort Read Vibes” beim Lesen, sofern man bei einem Horror-Sci-Fi-Titel davon sprechen mag.

Der Inhalt ist jedenfalls nicht sonderlich cozy, sondern spielt für mein Leseempfinden hervorragend mit den Kernelementen von Horror, Sci-Fi und Thriller, ohne zu sehr die Extreme auszureizen, und schafft so eine atmosphärische Spannung. Menschen, die eher im Horror-Segment lesen, werden hier wohl dennoch mehr die Horror-Elemente vermissen, denn diese sind im Buch eher als unheilvolles Gefühl der Bedrohung allgegenwärtig.

Ophelias Odyssee

Das Grundkonzept, Ophelia und die Crew der Resilience auf einen verlassenen Planeten zu setzen, der Ruinen sowohl einer uralten außerirdischen als auch einer menschlichen Zivilisation birgt und auf dem sie keinem anderen Leben begegnen, ist wunderbar umgesetzt. Der Roman lebt atmosphärisch viel davon, dass mit unterschiedlichen Konzepten der Einsamkeit und der Isolation und deren Folgen gespielt wird, sei es zwischenmenschlich oder in der Form einer unwirtlichen Welt, weit ab von der Erde.

Daher legt die Autorin S. A. Barnes auch besonderen Wert auf das Innenleben der Figuren, allen voran Ophelia, die als Hauptfigur und Psychologin natürlicherweise diese Art der Storyline bedingt. Die Crew besteht aus stark unterschiedlichen Charakteren, die jeweils auf ihre eigene Weise auf Ophelia reagieren. Manche Mitglieder begegnen ihr mit Wohlwollen, andere zeigen sich feindselig oder bewahren eine professionelle Distanz. Diese Vielfalt an Reaktionen ist glaubwürdig dargestellt und fügt sich nahtlos in das Gesamtbild der Geschichte ein. Nichts wirkt konstruiert oder so, als ob es nur für den Fortschritt der Handlung erzwungen wurde. Stattdessen entstehen die Konflikte und Interaktionen organisch aus den Persönlichkeiten und Hintergründen der Charaktere und tragen zur Authentizität und Tiefe des Settings bei.

Fazit

Ghost Station hat mich von der ersten Seite an fesseln können. Die stilistische und inhaltliche Nähe zu Dead Silence war zwar durchaus erkennbar, hat meinem Lesevergnügen allerdings keinen Abbruch getan. Die dichte Atmosphäre und die konstante Spannung hielten die Geschichte stets im richtigen Maß. S.A. Barnes ist es sehr gut gelungen, die Balance zwischen relevanten Storyelementen und einer packenden Erzählung zu finden, ohne sich in Nebenschauplätzen oder Nebensächlichkeiten zu verlieren. Auch das stimmige Ende des Romans konnte mich überzeugen, da es die vorhergehenden Ereignisse gelungen abrundet und perfekt in die Gesamtstory eingebettet ist, ohne überhastet oder surreal daherzukommen.

Für Lesende, die Horror, Sci-Fi und Thriller schätzen und nicht zwingend Schockeffekte benötigen, um sich in einer Geschichte wohlzufühlen, ist Ghost Station eine klare Leseempfehlung. Fans von Dead Silence werden viele vertraute Elemente wiederfinden, die jedoch frisch und spannend neu ausgelegt werden – aber mit besserem Ende. Kurzum: Ein Muss für alle, die sich düstere und faszinierende (Innen-)Welten jenseits unserer Erde entführen lassen möchten.

Das Produkt wurde kostenlos für die Besprechung zur Verfügung gestellt.

Dieser Artikel ist erschienen bei: Zauberwelten-Online.de

Ghost Station - Von der Autorin von Dead Silence

Nadine Kaiser

Text

Nadine ist in der Science-Fiction-Literatur zu Hau...

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