Die Geschichte der Magie – Für Kinder ab 8 Jahren
„Die Geschichte der Magie“ ist ein 160-seitiges Kindersachbuch aus dem DK Verlag, geschrieben von Tamara McFarlane, illustriert von Kristina Kister und übersetzt von Simone Heller. Das Buch richtet sich an Kinder ab acht Jahren und thematisiert unterschiedliche Formen magischer Vorstellungen in Geschichte und Gegenwart, ohne dabei Mystizismus oder Okkultismus zu fördern. Ausgangspunkt ist die Frage, welche Erklärungen sich hinter überlieferten, magischen oder rätselhaften Phänomenen verbergen. Die einleitenden Worte zitieren Arthur C. Clarke und betonen die wissenschaftliche Perspektive: Magie wird hier nicht behauptet, sondern zur Reflexion genutzt.
Eine Bandbreite der magischen Phänomene - mit bewusster Auslassung
Das Buch gliedert sich in acht Kapitel, die jeweils verschiedene Erscheinungsformen des Magischen behandeln. Kapitel 1 widmet sich klassischen Themen wie Magie, Hexerei und Wahrsagung und erläutert Praktiken wie Zaubersprüche oder das Lesen von Kristallkugeln. Der Begriff „Magie“ dient als thematischer Sammelbegriff für ein breites Spektrum, das von Wahrsagung über Geistererscheinungen bis hin zu UFOs reicht. Eine inhaltliche Klärung, was unter Magie zu verstehen ist – etwa im Unterschied zu Religion, Naturphänomen oder Aberglaube – wird nicht vorgenommen. Auch eine historische Herleitung oder die Einordnung in kulturelle Kontexte fehlt.
Kapitel 2 führt in sogenannte „sagenhafte Sinne“ ein, darunter Telepathie, Psychokinese und Psychometrie – Phänomene, die an der Grenze zwischen Fiktion und angeblicher Wissenschaft operieren.
Kapitel 3 behandelt Kryptozoologie und berichtet über Kreaturen wie Bigfoot, Yetis und verborgene Völker. Dabei wird auch aufgezeigt, dass einige ehemals als Fabelwesen geltende Tiere wie der Komodowaran oder der Berggorilla später wissenschaftlich bestätigt wurden – ein Übergang vom Mythos zur zoologischen Realität, der sachlich dargestellt wird.
Kapitel 4 befasst sich mit seltsamen Erfahrungen: Unerklärliche Phänomene wie Geisterzüge oder das rätselhafte Verschwinden historischer Personen wie Amelia Earhart werden vorgestellt, ohne eindeutige Erklärungen zu liefern, jedoch mit Anregung zum Weiterdenken.
Kapitel 5 behandelt Naturphänomene, die in der Vergangenheit als Wunder oder Zeichen galten, etwa Regenbögen, Wetterleuchten oder das Nordlicht.
Kapitel 6 erforscht legendäre Orte. Als Beispiel wird der Jadeberg aus dem chinesischen Kunlun-Gebirge behandelt. Die Darstellung kombiniert eine kurze Beschreibung mit einer detaillierten Illustration und ergänzt dies durch begleitende Doppelseiten, die Objekte und Wesen aus diesen mythischen Welten vorstellen – darunter magische Pilze, unsterbliche Tiere und Götterfiguren.
Kapitel 7 greift moderne Mythen auf: UFO-Sichtungen, außerirdisches Leben und Verschwörungsnarrative rund um Orte wie Area 51. Dabei bleibt die Darstellung distanziert, ohne sich den gängigen Spekulationen anzuschließen.
Kapitel 8 schließlich bildet den konzeptionellen Rahmen des Buches. Hier geht es um grundlegende wissenschaftliche Fragen, die sich aus den vorgestellten Themen ableiten lassen: Woher kommt das Universum? Gibt es Zeitreisen? Woraus bestehen Menschen und Natur? Das Buch endet nicht mit Antworten, sondern mit offenen Fragen, die zur Weiterbeschäftigung anregen. Damit verfolgt es einen didaktischen Ansatz, der sich an wissenschaftlichem Denken orientiert und Kinder zur selbstständigen Reflexion auffordert.
Somit wird die Stärke des Sachbuchs deutlich: eine fundierte und umfassende Einführung in magische Phänomene, ergänzt mit Fragestellungen und dem Ziel, Kinder zum wissenschaftlichen Denken heranzuführen. Jedoch wird bei diesem Inhalt deutlich, dass der Titel irreführend ist. „Geschichte der Magie“ suggeriert eine systematische oder chronologische Darstellung, die das Buch nicht einlöst. Stattdessen werden Beispiele präsentiert, die vor allem der Anregung von Neugier und der Formulierung von Fragen dienen, ohne einen geschichtlichen oder begrifflichen Rahmen zu setzen. Zum Kindersachbuch passt für den Verlag und oder die Autorin scheinbar auch nicht, dass historische und noch gegenwärtige magische Orden oder Gruppen thematisiert werden. Eine Spur fehlt von Rosenkreuzern, Mystischen Orden, Freimaurern, dem Hermetic Order of the Golden Dawn, Theosophie, Wicca oder Formen organisierter Ritualpraxis oder in neuzeitlichen Strömungen wie dem Illuminates of Thanateros oder technomagischen Szenen vorkommen. Damit wird das Phänomen ausgeklammert, dass Menschen sich in Gruppen organisieren, um Magie als Praxis oder Weltbild zu pflegen. Die Möglichkeit, diese Aspekte neutral und kindgerecht darzustellen – etwa durch eine soziokulturelle Einordnung ohne Mystifizierung oder Moralisierung – wurde nicht genutzt. Dadurch entsteht eine inhaltliche Auslassung, die das Spektrum magischen Denkens einschränkt und das Thema auf Phänomene im Grenzbereich zwischen Mythologie und Popkultur verengt.
Illustration und Buch-Layout
Das Buch ist vollständig farbig gestaltet und verbindet durchgängig eine Doppelseitenstruktur: eine Seite enthält jeweils den erklärenden Text, die gegenüberliegende eine großflächige Illustration. Die grafische Gestaltung verzichtet auf düstere Darstellungen und setzt auf lebendige, farbenfrohe Bilder, die teilweise in neongrelle, fröhliche Zeichnungen von Gespenstern und Fabelwesen ausarten. Die Illustrationen verfolgen einen konsequent nicht-bedrohlichen Zugang zu Phänomenen wie Geistern oder Fabelwesen, was der Zielgruppe entgegenkommt. Die Ausstattung – vollfarbiger Druck, hochwertiger Hardcover-Einband – lässt eine deutlich höhere Preisgestaltung vermuten, bleibt mit einem Verkaufspreis von knapp 17 € jedoch im unteren Bereich vergleichbarer Veröffentlichungen.
Fazit:
„Die Geschichte der Magie“ ist kein Buch über Magie im esoterischen Sinne. Es nutzt bekannte und unbekannte Beispiele aus Mythologie, Volksglauben und Pseudowissenschaft als Ausgangspunkt für wissenschaftlich orientierte Reflexion. Dabei bleibt der Ton sachlich und vermeidet Sensationalismus. Die dargestellten Inhalte sind thematisch vielfältig, methodisch jedoch einheitlich auf das Ziel der Erkenntnisgewinnung ausgerichtet. Die Illustrationen und Druckqualität erfüllen die Anforderungen an ein Kindersachbuch in vollem Umfang. Kritisch zu fragen bleibt, inwieweit die kindliche Zielgruppe ohne weitere Begleitung in der Lage ist, den transferierten Wissenschaftsbegriff selbstständig zu erfassen. Insgesamt liegt hier ein sorgfältig produziertes, inhaltlich konsistentes Werk vor, das altersgerecht zur kritischen Auseinandersetzung mit dem vermeintlich Magischen einlädt.
Als Kritikpunkt ist festzuhalten, dass der Titel Die Geschichte der Magie eine historische Darstellung suggeriert, die das Buch nicht bietet. Stattdessen werden einzelne Phänomene lose nebeneinandergestellt. Treffender wäre der Titel Geschichten der Magie gewesen, was Struktur und Inhalt präziser beschreibt. Die Entscheidung für den aktuellen Titel dürfte marketingbedingt erfolgt sein und geht zulasten der inhaltlichen Genauigkeit.
Das Produkt wurde kostenlos für die Besprechung zur Verfügung gestellt.
Dieser Artikel ist erschienen bei: Zauberwelten-Online.de
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