Game of Thrones – war das nicht dieses Lindenstraße goes Fantasy? In gewisser Weise schon. Die Anzahl an wichtigen (oder wichtig erscheinenden) Charakteren ist Fantasy-untypisch hoch. Es gibt auch keine wirkliche Hauptfigur. Wenn man glaubt, eine Person wäre ein Hauptcharakter, ist diese kurze Zeit später tot. George R.R. Martin hat Erfahrung als Verfasser von Drehbüchern – und er weiß schon in den Büchern, wie man das ausnutzt. Die Autoren der Fernsehserie sind sogar noch schlimmer. Wobei: Für eine Folge hat der Autor selbst das Skript geschrieben.
Der Inhalt
Leute leiden. Leute sterben. Gerade diejenigen, deren Tod man nicht erwartet hat. Es ist Game of Thrones.
Zur Story etwas zu sagen, wäre unsinnig. Wer Game of Thrones noch nicht kennt, sollte nicht mit Staffel 5 anfangen, sondern mit Staffel 1 – denn im Gegensatz zu Soap-Operas ist der Einstieg zu einem späteren Zeitpunkt etwas schwierig. Die Geschichte spielt hauptsächlich auf einem Kontinent namens Westeros, der etwas Ähnlichkeiten mit der mittelalterlichen Welt hat. Ein Hauptstrang der Handlung beschäftigt sich dann auch mit dem Thema „Wer wird denn als nächster Herrscher?“. Ein weiterer Strang kümmert sich darum, dass das schon bald egal sein kann, wenn aus dem Hohen Norden eine fürchterliche Bedrohung durch die Weißen Wanderer nach Süden kommt. Es geht um Politik, Macht, Gesellschaft, Religion, Kampf und Krieg. Es gibt kein Schwarz und Weiß, sondern alle Figuren haben dunkle und helle Seiten. Und jetzt guckt endlich Staffel 1 bis 4.
Für alle, die nun Staffel 1 bis 4 geguckt haben, gibt es einen kleinen Kurzabriss: Tommen Baratheon wird der neue Herrscher, und seine Mutter Cersei und seine Frau Margaery Tyrell beginnen gleich mit dem Kampf, wer den größeren Einfluß auf ihn hat. Cersei unterstützt religiöse Fanatiker, die sogenannten Spatzen. Sansa Stark kommt zurück nach Winterfell und muss sich dort den Boltons stellen. Jaime reist nach Dorne, um sich um seine Tochter zu kümmern – neu sind Szenen im heißen Königreich Dorne. Jon Snow versucht sich als Anführer der Nachtwache und macht seine Sache eigentlich gut, aber einige seiner Männer teilen nicht diese Ansicht. Und Arya hat sich nach Bravoos begeben, um dort den Tempel des Vielgesichtigen Gottes aufzusuchen. Daenerys Targaryen bemüht sich, über Meereen zu herrschen, doch die alten Herrscher der Stadt schlagen zurück: Die Söhne der Harpye ziehen mordend durch die Stadt, sodass Daenerys sich erst einmal mit ihren Eroberungsplänen für Westeros zurückhalten und sich stattdessen um die Meereen kümmern muss.
Wer irgendwelche Charaktere liebgewonnen hat, wird leiden müssen. Keiner wird ohne irgendeine Schramme durch die Staffel kommen und es müssen wieder einige sterben.
Die Schauspieler
Es gibt ja einige großartige, aber vor der Serie nicht so bekannte Schauspieler im Set wie Peter Dinklage, Emilia Clarke, Kit Harington oder Natalie Dormer. Mittlerweile zieht die Serie auch berühmtere Darsteller an (wenn auch nur in Nebenrollen), in der letzten Staffel beispielsweise Diana Rigg oder Marc Gatiss. In dieser Staffel darf Jonathan Pryce (Brazil, Fluch der Karibik) als Anführer der Spatzen auftauchen und das Leben der Königsmunder Charaktere verkomplizieren.
Vor einigen Jahren waren Fernsehserien häufig die schwächeren Brüder von Filmen. Es gab sicher einige gute Schauspieler, aber die Nebenrollen wurden eher nach dem Geldbeutel vergeben – und der war halt nicht besonders voll. Game of Thrones ist ein gutes Beispiel dafür, dass dem nicht mehr so ist. Auch Randfiguren sind gewissenhaft besetzt, es gibt eigentlich keinen Schauspieler, der durch mangelnde Leistung die Serie herunterzieht.
Das Drehbuch
Game of Thrones dürfte in der ersten Staffel auch einige Zuschauer durch nackte Brüste und Gewaltszenen gewonnen haben. Beides steigert sich in der 5. Staffel.
Mir gehen die Nacktszenen mittlerweile eher auf die Nerven. Einen Teil seines Erfolges verdankt Game of Thrones sicherlich der Tatsache, dass es sehr freizügig ist, aber dieser Aspekt langweilt mich immer mehr. Auch bei Gewalt wird natürlich versucht, immer noch einen Tick schlimmer zu werden, hier ist bei mir ebenso eine gewisse Abstumpfung zu beobachten.
Gewalt und Nacktheit dienen aber zwei Zwecken: Einerseits ziehen sie Zuschauer, andererseits zeigen sie die Welt, die George R. R. Martin auch in seinen Büchern beschreibt. Eine Welt, in der man nicht leben will, die aber immer interessant bleibt. Und im Gegensatz zu anderen Serien hat Game of Thrones weitaus mehr zu bieten.
Meine Lieblingsszene der ganzen Serie spielt im Kerker – allerdings schon in Staffel 4. Die beiden Lannisters, Tyrion und Jaime, unterhalten sich über einen Verwandten mit leichtem Gehirnschaden, der immer Käfer tötete. Der Vorfall dürfte für die Geschichte sehr unwichtig sein (wobei man bei George R.R. Martin nie sicher sein kann) und es passiert eigentlich nichts, es ist aber großartiges Theater. Und solche Szenen gibt es auch in Staffel 5 immer wieder, in denen nicht die Story an sich, sondern das Flair und die Beziehung von Charakteren vorangetrieben werden. Beispielsweise gehen sich Tyrion und Varys auf einer Reise tierisch auf die Nerven. Dazu gibt es wirklich großartige Sprüche, und nicht nur von Tyrion Lannister.
Im Internet wird teilweise über die Staffel geschimpft, dass die ersten Folgen im Vergleich zu den vorherigen Staffeln eher langweilig sind. Das kann ich nicht nachvollziehen, wenngleich in den ersten Episoden auch einiges an Vorarbeit für das Ende der Staffel gelegt wird. In Folge 8-10 geht es extrem spannend zu. Der durchschnittliche Charakterverlust pro Folge ist dann auch am Ende wieder größer.
Ob Game of Thrones wirklich die beste Serie auf dem Markt ist, kann ich nicht beurteilen – dafür gucke ich zu wenige Serien. Sie ist aber hinsichtlich Ausstattung, Schauspielern und Story einfach überragend und kann sich meiner Meinung nach auch mit großen Hollywood-Produktionen messen.
Die Bücher
Zwiespältig finde ich, dass Bücher und Serie immer stärker auseinanderlaufen. Einige Personen sterben etwas eher, andere leben noch. Teilweise sind Charaktere aus den Büchern eingespart (sinnvollerweise), dafür müssen dann andere Figuren deren Aspekte übernehmen. Zeigt irgendwie, dass einige Charaktere, die ich im Buch für bedeutsam hielt, doch nicht so wichtig sind.
Die Blu-ray
Schon die Menus sind sehr schön, damit ist definitiv der Start gelungen. Das Filmmaterial ist sehr gut, wenngleich ich mangels DVD-Version nicht beurteilen kann, ob sich Blu-ray gegenüber DVD wirklich lohnt. Manche Szenen enthalten ein bisschen zu viel Grauschleier für meinen Geschmack.
Es gibt natürlich wie immer Kommentare zu den einzelnen Episoden, das ist mittlerweile ja Standard bei Veröffentlichungen. Die vier Deleted Scenes hätten auch in die Serie gepasst – da wird wieder Zeit eine Rolle gespielt haben. Zumindest eine erklärt eine Handlung eines Charakters (Alliser Thorne) besser.
Lustig ist eine Hilfe für die jeweilige Episode: man kann in jeder Szene Informationen über die Charaktere, den Ort der Handlung und passende Hinweise zur Vergangenheit aufrufen. Für den Game of Thrones-Fan ist das sicherlich höchstens ein Gag, für einen Gelegenheitsgucker vielleicht eine ganz feine Sache.
Es sind einige Specials dabei, u.a. die Geschichte Tanz der Drachen über den Erbstreit im Haus Targaryen. Diese sind als eine Art computeranimierte Scherenschnitte umgesetzt. Auch ein Special mit George R.R. Martin über realhistorische Hintergründe für das Buch ist enthalten. Dieses ist ganz interessant, zumal Game of Thrones sich wirklich vom Krieg der Rosen (englische Historie) hat inspirieren lassen. Laut Autor wollte er eigentlich einen alternativ-historischen Roman schreiben, bis ihm Freunde rieten, Drachen dazu zu packen …
Fazit
Jeder Fan von Game of Thrones sollte sich die Blu-rays oder DVDs besorgen. Jeder, der Game of Thrones nicht kennt, sollte erstmal mit Staffel 1 anfangen.
So, und jetzt kommt der Nachteil: Auf die Veröffentlichung der DVDs/Blu-rays von Staffel 6 müssen wir noch ein Jahr warten. Immerhin gibt es mittlerweile einige Möglichkeiten, die Staffeln auf Deutsch schon vorher zu gucken (Sky, Amazon Video …). Im April geht es dort schon weiter.
Und wie George R.R. Martin die Geschichte je zu Ende bringen will (seine Planung für die letzten beiden Büchern scheitert ja immer wieder), ist mir schleierhaft. Vielleicht läuft die Serie einfach so lange wie Dr. Who …
Game of Thrones
Staffel 5, ab 16 Jahren
Warner Home Video, 2016
Webseite: Game of Thrones bei HBO
Das Produkt wurde kostenlos für die Besprechung zur Verfügung gestellt.