Im Normalfall stehen sich in Frostgrave zwei Banden gegenüber, die jeweils aus einem Magier, dessen Lehrling und bis zu acht Kriegern bestehen. Unterschiedliche Szenarien bilden die Rahmenbedingungen, aber fast immer ist das Ziel die Bergung von Schatzmarkern. Die Banden treffen in Felstad aufeinander, in den Ruinen einer einstmals strahlenden Metropole, die gespickt ist mit Magiertürmen, Laboren und Zauberschulen. Nach einer gewaltigen Katastrophe, die ein Zauberer ausgelöst hatte, lag die Stadt für ein Jahrtausend im Eis begraben. Nun beginnt sie zu tauen, und die vielen Artefakte und Zauberbücher aus alter Zeit kommen zum Vorschein.
Jeder der Magier hat natürlich ein Interesse daran, diese arkanen Schätze zu besitzen. Entsprechend liegt der Fokus bei Frostgrave sehr stark auf dem Magier (und dem Lehrling). Alle Krieger einer Bande sind austauschbares Gefolge. Sie bekommen keine Profilsteigerungen und man sollte sich nicht zu sehr an sie gewöhnen. Der Magier hingegen wird über die Spiele hinweg ausgebaut, lernt neue Zauber, kann bleibende Verletzungen davontragen und vieles mehr. Frostgrave ist deutlich für das Kampagnenspiel geschaffen, überfordert Spieler aber nicht mit zu extremen Individualisierungen.
Auf zum Spiel!
Der Spielmechanismus selbst ist recht einfach und abhängig vom eigenen Glück. Zauber und Kampf werden mit vergleichenden modifizierten W20-Würfen bestritten. Großen Einfluss auf die Fähigkeiten einer Bande hat die Zusammenstellung der Zauber eines Spielers. Hier bietet Frostgrave ein sehr offenes System: Jeder Zauberer gehört einer von zehn Zauberschulen an. Dies gibt ihm zwar eine Richtung vor, welche Zauber aus welchen Schulen er leichter oder schwieriger erwerben und ausführen kann, doch er hat grundsätzlich Zugriff auf sehr viele verschiedene Zauber, darunter drei aus der eigenen Schule und eine Mischung von fünf weiteren aus fremden Zauberschulen, die er dann erschwert spricht. Durch dieses System ist jeder Zauberer sehr individuell.
Gespielt wir normalerweise auf 90 mal 90 Zentimeter großen Spieltischen, die möglichst viel Gelände enthalten sollten. Die Spielzugfolge jedes Spielers ist in drei Phasen aufgeteilt: Zuerst agiert je ein Magier zusammen mit wenigen Kriegern in dessen direkter Nähe, gefolgt vom Magier des anderen Spielers, anschließend die Lehrlinge und zum Schluss die verbleibenden Krieger. Durch diese Abfolge ist ein schöner Aktivierungsverlauf gelungen, der sich von jeder aktiviert ein Modell ebenso abhebt wie von jeder aktiviert seine gesamte Bande.
Fazit
Das Spiel lässt die Zeit schnell vergehen und macht Spaß. Es ist geeignet für Hobby-Einsteiger, obwohl für unerfahrene Spieler die Auswahl der Zauber vor dem ersten Spiel etwas schwierig sein kann. Man benötigt außerdem nicht viele Modelle, sodass die Einstiegshürde für den einzelnen Spieler sehr gering ist, wenngleich es wichtig ist, dass ausreichend Gelände für den Spieltisch vorhanden ist.
Das Regelsystem ist nicht lückenlos, sodass es an manchen Stellen zu Ungleichgewicht führen kann, sollte ein ausgeprägter kompetitiver Spielgedanke dominieren. Frostgrave wird nie zu einem turnierfähigen System werden, aber das soll es auch nicht. Es ist ein tolles Spiel für freundschaftliche Partien.
Das Grundspiel bringt alle zehn Zauberschulen ins Spiel, insgesamt 80 Zauber sowie zehn Szenarien. Auf Deutsch ist inzwischen neben einem Kartenset mit den Zaubersprüchen der erste Erweiterungsband Das Erwachen des Lichlords erschienen, in dem ein mächtiger Untoter den Banden das Leben noch schwerer macht. In zehn neuen Szenarien baut sich der Kampf gegen den Lichlord auf und es gibt neue umherstreifende Monster und Schätze. Die zweite Erweiterung In den Tiefen der Zuchtgruben ist in Vorbereitung und soll die Unterwelt Felstads zugänglich machen.
Frostgrave - in den Ruinen der vereisten Stadt
Joseph A. McCullough/Dmitry Burmak
(Osprey Games/MiniaturicuM, 2015)