Literatur

Die Erlöser – Im Schutz des Habitats liegt die größte Gefahr

Siram lebt im Habitat. Diese Konstruktion sichert das Überleben der restlichen Menschheit, abgeschirmt von der feindlichen Außenwelt. Gebaut von den „Erlösern“, geheimnisvollen Wesen, die einst die überlebenden Menschen nach einer Katastrophe retteten, gewährleistet das Habitat nun die Sicherheit der Menschen.

Die Erlöser sind allgegenwärtig: Sie treten als Wachen auf, managen das Habitat, lenken die Informationen, die die Menschen erhalten, und bieten die Möglichkeit der Beichte an. Ihre allgegenwärtige Präsenz sichert den Frieden, überwacht aber auch gleichzeitig alle bis in den kleinsten Winkel ihres Lebens - und Rebellen verschwinden spurlos. Ein entscheidendes Ritual in dieser Gesellschaft ist der „Aufstieg“, den jeder Mensch mit 53 Jahren antreten muss und vond em keiner je zurückgekommen ist. Obwohl die Details unklar sind, wird den Bewohnenden ein besseres Sein bei den Erlösern versprochen – ein Versprechen, das mit Hoffnung und zugleich Ungewissheit gefüllt ist.

Siram ist ein Junge, der von Neugier und Wissensdurst getrieben wird, und dessen Eltern kürzlich den Aufstieg angetreten haben. Zusammen mit seinem Freund Gayan, der eher für seine unbeschwerte Art und Partys bekannt ist, besucht er noch die Schule des Habitats. Im Gegensatz zu Gayan zieht es Siram jedoch in die verborgenen wie auch verbotenen Ecken und Winkel des Habitats. Er ist fasziniert von den geheimnisvollen „Erkundern“, die anonym die gesperrten oder verlassenen Bereiche des Habitats erforschen und ihre aufregenden Entdeckungen miteinander teilen. Sein großes Idol ist der unter den Entdeckern legendäre Eisvater, der das Unmögliche schaffte – nämlich einen Sonnenaufgang zu sehen, den man im metall-konstruierten Habitat nie zu Gesicht bekommt.

Die Handlung nimmt unerwartet an Fahrt auf, als Siram durch seine verbotenen Erkundungen in Gefahr gerät. Er sieht sich unbekannten Feinden abseits der Erlöser gegenüber, die selbst innerhalb des vermeintlichen Schutzes des Habitats lauern.

Raus aus der Komfortzone – hinein ins Ungewisse

Der Beginn des Buches ist direkt fesselnd; die dystopische Stimmung und das Leben im Habitat werden überzeugend beschrieben und ziehen die Lesenden sofort tief in die Welt des Romans. Die Stärke des Romans Die Erlöser liegt außerdem in der kontinuierlichen Auseinandersetzung mit Themen wie Überwachung und Selbstbestimmung. Siram hinterfragt nach und nach das ihm auferlegte System – ein System, das ihm seine Eltern genommen hat. Getrieben zwischen Neugier und Skepsis, begibt er sich auf gefährliche Erkundungen, die ihn an seine Grenzen bringen und in Lebensgefahr stürzen. So tauchen wir, ganz nebenbei, immer tiefer in die Welt der von den Erlösern kontrollierten Habitaten ein.

Dennis Geier schafft es so, Siram zu einer sympathischen und nachvollziehbaren Figur zu entwickeln, dessen Gedankengänge und persönliche Entwicklung den Lesenden nähergebracht werden, während beispielsweise Yaas, eine Freundin von Siram, stark startet, jedoch zunehmend blasser und hilfloser wird. Ich hätte mir auch bei den geheimnisvollen Erlösern mehr Hintergrunddetails gewünscht, aber so wird auch gut ihre rätselhafte Präsenz unterstrichen und immer eine gewisse Verwunderung und Neugier beim Lesen geschürt. Trotz meiner etwas unbefriedigten Neugierde trug das Mysterium um die ominösen Wächter zur Grundstimmung des Buches bei und verstärkte die Spannung.

Ab der Mitte des Buches nimmt die Handlung zügig an Fahrt auf, wir nehmen Abstand von dem vermeintlich sichereren, von den Erlösern bewachten Habitatleben und blicken hinter die Fassade, hinter der sich eine ganz neue Lebenswirklichkeit verbirgt - man könnte fast sagen, eine ganz neue Geschichte. Jedoch wirken die Entwicklungen ab diesem Zeitpunkt auf mich teilweise zu glatt, denn Siram scheint mühelos durch Konflikte zu navigieren und wird fast schon selbstverständlich in Pläne eingeweiht, was ich etwas schade fand. Einige Seiten mehr, um neue Situationen und Menschen, mit denen Siram interagiert, mehr Raum zu geben, während der Handlungsstrang rasant fortschreitet, hätten der Geschichte in diesem Punkt gutgetan.

Davon unangetastet bleibt der Spannungsbogen hoch, und man wird nicht nur von Sirams Schicksal gefesselt, sondern auch von dem Wunsch, mehr über die Welt und das Leben vor den Habitaten zu erfahren. Neue Wendungen gehen mit dem Fortschreiten der Story Hand in Hand und gipfeln in einem actionreichen Schluss, der die Geschichte mit einem unerwarteten, wenn auch passendem – und offenem – Ende abrundet.

Fazit

Die anfänglich düstere und intensive Atmosphäre zieht den Lesenden sofort in den Bann. Trotz eines spannungsgeladenen und packenden Beginns stockte das Lesen der Geschichte im weiteren Verlauf unter einer zu glatten Erzählweise. Ein etwas komplexerer Handlungsverlauf hätte der Story gutgetan, insbesondere um die Herausforderungen für Siram glaubhafter darzustellen und die Faszination der Welt weiter zu vertiefen.

Nichtsdestotrotz überwiegen die Stärken des Buches, sodass es eine lesenswerte und empfehlenswerte Lektüre für diejenigen ist, die eine Vorliebe für dystopische Science-Fiction haben, in vielschichtige Welten eintauchen möchten, ohne, dass lange Technik-Erklärungen den Lesefluss einschränken. Auch wenn nicht alle Charaktere voll zur Entfaltung kommen, gelingt es dem Autor, eine fesselnde Geschichte zu erzählen, deren Spannung bis zum actionreichen und gelungenen Ende anhält.

Das Produkt wurde kostenlos für die Besprechung zur Verfügung gestellt.

Dieser Artikel ist erschienen bei: Zauberwelten-Online.de

Die Erlöser - Im Schutz des Habitats liegt die größte Gefahr

Nadine Kaiser

Text

Nadine ist in der Science-Fiction-Literatur zu Hau...

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