Um diese Mechanik herum entfaltet sich eine verwinkelte Welt mit mysteriösen Burgen, Wäldern, Friedhöfen und Krypten. Jede Örtlichkeit ist auf ihre eigene Art mit der dicht verwobenen Hintergrundgeschichte verbunden, und nur wer alle Itembeschreibungen, Ladebildschirme und die kryptischen Dialoge der NPCs durchliest, versteht die komplette Geschichte dieser düsteren Umgebung.
Mit diesen Worten kann man nahezu jedes Spiel von <i>From Software</i> beschreiben, und längst haben andere Studios diese Formel übernommen, denn das Souls-Like ist kein simples Genre mehr: es ist die ultimative Herausforderung unserer Geduld, unserer Reflexe und unserer Neugierde. Nur wer alle drei Eigenschaften beherrscht, kann das Ende erreichen.
Der Haussegen hängt schief
Die Geschichte von Elden Ring ist komplexer als die der Vorgänger. Für die Ausarbeitung des Hintergrunds hat sich From Software sogar die Hilfe von G. R. R. Martin (Das Lied von Eis und Feuer) gesichert.
Königin Marika, die Ewige, ist verschwunden. Der Elden Ring als Quell des Erdenbaums ist zerbrochen. Marikas Kinder, allesamt Halbgötter, rissen die Fragmente des Ringes an sich und stürzten das Reich in einen ewigen Krieg, genannt die Zerstrümmerung und die Loslösung der Goldenen Ordnung. Wir spielen einen Verbannten, einen Befleckten, mehr tot als lebendig. Unsere Mission ist es, die Zwischenlande vom Krieg zu befreien, den Elden Ring zu erlangen und zum nächsten Eldenfürsten zu werden. Dass dies ein langer und zermürbender Weg werden wird, steht bei einem Studio wie From Software außer Frage.
Offene Welt voller Tod
Das Kampfsystem, in dem zum Levelaufstieg Runen statt Seelen gesammelt werden, ist nicht neu. Veteranen werden sich sofort zurechtfinden. Aber auch Neulinge haben Chancen, mehr vom Spiel zu sehen. Anstatt in einer engen düsteren Burg zu starten, die uns durch mehr oder weniger verwinkelte Levelschläuche führt, erstreckt sich nach dem Tutorial eine offene Welt vor uns, wie sie zuletzt bei Zelda: Breath of the Wild zu sehen war. Gehen wir vom Startpunkt aus nach Osten erreichen wir einen Sumpf, in dem uns Untote, Ruinen, Schätze und mehrere böse Überraschungen erwarten. Im Norden begegnet uns dagegen ein gigantischer Reiter und macht kurzen Prozess. Auweia, ist das alles so schwer?
Wir können uns auch durch das Gras schleichen. Die offenen Felder links und rechts sind voller Ruinen, und die Gegner dort sind eher schwach. Wenn wir uns vorsichtig anpirschen, können wir sie von hinten überwältigen. Schließlich erreichen wir ein Feldlager mit vielen Rittern. Einzeln sind sie leicht zu besiegen, aber sollte der Herold Alarm schlagen, haben wir alle gleichzeitig am Hals. Auch hier können wir uns wieder entscheiden, ob wir uns nach Westen oder nach Osten wenden. Zum Glück gibt es eine Karte für jedes Gebiet, aber die muss zuerst einmal gefunden werden.
Alleine oder mit Unterstützung
An bestimmten Stellen im Spiel, den Orten der Gnade, können wir rasten und speichern. Wenn wir sterben, stehen wir hier wieder auf, und wir treffen eine Figur namens Melina, die ihre Unterstützung anbietet. Bei ihr können wir unsere Runen ausgeben und endlich aufleveln. Dazu überreicht sie uns einen Ring, mit dem wir ein gehörntes Pferd namens Sturmwind herbeirufen können. Zu Pferd sind wir schnell, können über Abgründe springen und aus dem Sattel heraus kämpfen.
Die Orte der Gnade zeigen uns grob die Richtung unserer Hauptquest. Wer aber dem ersten großen Boss zu begegnet, wird sein blaues Wunder erleben. Mit Level 17 sind wir als Ottonormalspieler erst einmal völlig unterlegen. Dabei können wir uns sogar Hilfe rufen: Vor Bossgegnern können wir manchmal NPCs beschwören, die uns im Kampf unterstützen. Eine zweite nicht zu unterschätzende Hilfe ist die Asche des Krieges. In bestimmten Gebieten beschwören wir mit der Hilfe eines Rings Geister, die an unserer Seite kämpfen. Das können tierische Geister oder Menschen sein. Auch sie haben eine Gesundheitsleiste, aber uns ist jede Ablenkung willkommen, in der uns die Bossgegner nicht angreifen. Die Asche des Krieges kann verwendet werden, um unseren Waffen neue Eigenschaften und Angriffe zu verleihen.
Auf Schatzsuche
Das wird uns nicht retten, wenn wir schlichtweg zu schwach sind. In Dark Souls wären wir in einer Sackgasse angelangt, und als einzige Option hätte nur ein stundenlanger mühsamer Levelaufstieg zur Verfügung gestanden. Elden Ring bietet uns jedoch viele andere Möglichkeiten. Wir können kleine Minidungeons abseits des Weges nach hilfreichen Schätzen durchsuchen oder mit unserem Ross über die Weiten der Zwischenlande galoppieren, dann können wir neue Flaschen, Talismane, Waffen oder Rüstungen finden. Natürlich können wir die Waffen verstärken. Dazu benötigen wir Schmiedesteine. An Orten der Gnade können wir festlegen, ob wir lieber mehr Manaflaschen oder mehr Heiltränke mitnehmen wollen. Die Anzahl ist begrenzt, die Aufteilung bleibt aber uns überlassen.
Keine (un)tote Welt
Zwischendurch treffen wir auf Händler oder NPCs, die uns Infos und manchmal sogar Items überlassen oder auf Nebenquests schicken. Dazu müssen wir sie manchmal mehrmals ansprechen. Die Dialoge in Elden Ring sind weniger kryptisch als in den Vorgängerspielen und oft ziemlich witzig. Abseits einer Schlucht bittet zum Beispiel ein riesiger sprechender Topf darum, mit einem Schwert aus einer Mulde befreit zu werden. Anschließend bedankt er sich mit einem Stück Fleisch und verrät, er sei auf dem Weg zu einem Turnier.
Gedämpfter Coop-Spaß
Nun aber ein Wermutstropfen: Wir können uns zwar von anderen Spielern zur Unterstützung rufen lassen, ebenso können wir Spieler zur temporären Unterstützung, wie schon in Vorgängertiteln als rotes Phantom in die Spielewelt anderer Spieler eindringen und sie zu einem ungleichen Duell auffordern, generell ist es aber kompliziert, mit seinen Freunden eine Koop-Partie zu starten. Wer einfach mit Freunden spielen will, muss bestimmte Voraussetzungen erfüllen und wird nach Bosskämpfen wieder aus dem Spiel des Hosts entlassen. Im Kern ist Elden Ring eine Singleplayer-Erfahrung. Die Möglichkeiten des Koopspiels zeigen jedoch das Potenzial einer gemeinsamen Partie. From Software scheint seine Gründe zu haben, das unbegrenzte Zusammenspiel zu erschweren.
Der Fluch der Cross-Generation-Titel
Optisch kommt Elden Ring nicht an aktuelle Spiele heran. Obgleich die Landschaft vor düsterer Atmosphäre nur so strahlt, sind die Charaktermodelle trotz eines extrem umfangreichen Charaktereditors eher simpel. Die verrückt designten Gegner mit ihren überlebensgroßen Körpern und massiven Waffen überzeugen durch präzise Hitboxen und Kreativität. Die Landschaft ist übersät mit teils sehr identisch aussehenden Ruinen. Das Leveldesign ermutigt aber immer wieder zum Erforschen, denn die gut verstecken Höhlen und Dungeons bergen individuelle Schätze, von denen keiner dem anderen gleicht. Die Himmelstextur wirkt trotz ihrer beeindruckenden Kulisse mit dem alles überragenden Erdenbaum schlecht aufgelöst. Letztlich muss Elden Ring auf den alten Konsolen laufen und das tut es trotz längerer Ladezeiten meistens hervorragend. Nur die PC-Version leidet unter einer eher schwachen Performance bei hohen Systemanforderungen.
So viel Neues, so viel Bekanntes – Elden Ring vereint beliebte Spielmechaniken der geistigen Vorgänger perfekt mit neuen Möglichkeiten. Die offene Welt lädt zum Erforschen ein. Der Frust durch zu mächtige Gegner wird durch die Möglichkeit gedämpft, anderswo weiterzumachen, bis man stark genug ist, die aktuelle Herausforderung zu meistern. Trotz dieser einsteigerfreundlichen Neuerungen sollte man sich jedoch vor Augen führen, dass Elden Ring ein schweres Spiel ist, dessen Frustpotenzial für Anfänger zu hoch sein könnte. Man wird nicht an die Hand genommen, und die Geschichte wird nur durch die eigene Aufmerksamkeit verstanden. Haben wir dies akzeptiert, entfaltet sich mit Elden Ring das nahezu perfekte Action-RPG, das mit seiner Atmosphäre, seinem Kampfsystem und seinen Geheimnissen zu begeistern weiß. All das könnte nur getoppt werden, wenn From Software den Coop-Multiplayer vereinfachen würde.