Ein Grund, warum viele Leser*innen epische Fantasy lieben, ist die Möglichkeit, möglichst umfassend in eine detailliert ausgearbeitete Welt einzutauchen. Die 2004 begonnene und mittlerweile über ein Dutzend Bücher umfassende Elfenreihe von Bernhard Hennen ist dafür ein gutes Beispiel. Nun führt der Krefelder uns in die Zeit zwischen dem Dritten Trollkrieg und dem Elfenritter-Zyklus.
Auf insgesamt mehr als zehntausend Seiten hat Hennen bislang die Vielfalt der Elfenwelt beschrieben: Ihre Kultur und Geschichte, ihre Landstriche und Bewohner. „Die Blutkönigin“ führt uns zurück zu einigen dieser Orte und liebgewonnen Charakteren. Was ist es für ein Vergnügen, wieder in der Snaiwamark zu jagen oder im Thronsaal Emerelles in die Silberschüssel zu blicken! Der Roman beschert uns ein Wiedersehen mit alten Held*innen wie dem Halbelfen Melvyn, der Trollschamanin Skanga oder auch dem Flammenden, der Himmelsschlange mit dem aufbrausenden Temperament. Dazu gesellen sich neue, interessante Charaktere, seien es der Jäger Laurelin, der in Langollion sein Glück sucht, der Kobold Zachri Büffelfuß, der ganz unverhofft großen Einfluss auf die Geschicke Albenmarks nimmt, oder die fuchsköpfige Lutin Zafira.
Starke Frauenfiguren
Vornehmlich sind es jedoch die weiblichen Elfen, um die sich die Handlung entspinnt. Da wären zum einen Emerelle, die seit Jahrhunderten als Königin über Albenmark herrscht, und ihre Widersacherin Alathaia, die als Fürstin von Langollion für eine neue Gesellschaft kämpft. Beim Versuch, den von Emerelle geschickten Meuchlern zu entgehen, begibt Alathaia sich auf eine gefährliche Mission und folgt den Spuren der geheimnisvollen Blutkönigin, nicht ganz freiwillig begleitet von der Heilerin Adelayne sowie der mächtigen Elfenzauberin Leynelle. Doch auch in Alatheias eigenen Reich strebt eine neue Königin an die Macht …
Hennen gelingt es auf faszinierende Weise, die Ränkespiele der Figuren und die Verquickung ihrer Schicksale zu schildern, ohne selbst Partei zu ergreifen. So bleibt es den Leser*innen schließlich selbst überlassen, auf welche Seite sie sich stellen mögen.
Aufregende Schauplätze und furchteinflößende Gegner*innen
Im Gegensatz zu einigen anderen Romanen der Reihe spielt Die Blutkönigin ausschließlich in der Albenmark. Alte Schauplätze werden neu beleuchtet und neue Gegenden erkundet. In Rosan, der wichtigsten Hafenstadt Langollions, zeigt sich die Welt der Elfen von ihrer schmutzigen Seite. Die engen Gassen mit ihren zwielichtigen Gestalten und halbseidenen Geschäften erinnert an ein viktorianisches London oder das Bardugo’sche Ketterdam.
An anderer Stelle schlägt Hennens Leidenschaft für Archäologie und den Vorderen Orient durch: Zum Showdown findet man sich in der Wüste wieder. Mit gigantischen Grabanlagen, mit Fallen bestückten Geheimgängen und einer neuen Art von Mumien formt der Autor hier eine ganz besondere Atmosphäre.
Fazit:
Wie auch schon in den früheren Romanen, ist auch Die Blutkönigin voller epischer und heroischer Momente. Geschickt verwebt der Autor Geschehnisse aus der Gegenwart und der Vergangenheit und schafft damit dramatische Szenen, die an die klassische griechische Tragödie erinnern. Wie der Titel schon vermuten lässt, wird es düster, manche Szenen mögen von perfider Brutalität sein, aber dies geschieht nie aus purer Effekthascherei. Die Handlungsstränge sind zwar komplex, stehen aber stets in sinnvollem Bezug zueinander und werden am Schluss zu einem großartigen Showdown zusammengeführt. Trotz der Bezüge zu früheren Romanen eignet sich Die Blutkönigin auch perfekt als Einstieg in die Welt der Elfen. Das Ende ist abgeschlossen genug, um Leser*innen nicht unbefriedigt zurückzulassen, lässt aber dennoch genügend Fragen offen, um mit Spannung auf den nächsten Band zu blicken. Für Fans des Genres uneingeschränkt empfehlenswert.
Eine Leseprobe zu Schattenelfen - Die Blutkönigin findet ihr hier.
Dieser Artikel ist erschienen bei:
Zauberwelten-Online.de