Autor*innen gegen Rechts – Initiative für Demokratie, Vielfalt und Menschenrechte wird aktiv

Die letzten Wochen sind wie lange nicht mehr von einem Erstarken rechter Politik geprägt. Ein Rechtsruck, der sich seit Jahren anbahnt, kulminiert in Regierungswechseln und scharfen Gesetzesänderungen. Sei es Österreichs absehbare FPÖ Regierung unter einem Kanzler Kickl, die zweite, äußerst aggressiv beginnende Amtszeit von Donald Trump oder die mit Stimmen der AfD vorbereitete Verschärfung des Deutschen Asyl- und Migrationsrechts: Rechte Politik macht Ernst. Während sicher gemeinte Standards ins Wanken geraten, zeigt sich in allen Bereichen der Zivilgesellschaft Widerstand, so auch in der Phantastik-Szene.

Nur einen Tag, nachdem Friedrich Merz sein Versprechen gebrochen hat, keine Mehrheiten mit der AfD zu bilden, machen jetzt auch zahlreiche “Autor*innen gegen Rechts” auf sich aufmerksam. Darunter viele die phantastische Literatur verfassen.

Politik? Was geht uns das an?

Phantastik, sei es in Literatur, Spiel oder anderen Ausdrucksformen, ist immer auch Eskapismus. Gerade in turbulenten Zeiten kann die Flucht ins Buch oder an den Spieltisch guttun. Politik stört dabei allzu schnell die Realitätsflucht und ist daher immer wieder ein Stein des Anstoßes. Auf der anderen Seite ist das Ausmalen phantastischer Welten ein kreativer Akt, der über das Bestehende hinausweist und damit ein immanentes kritisches Potential hat. Wie es der österreichische Phantastikpreis treffend beschreibt, ist die Phantastik "eine diverse, eine umfassende und eine kosmopolitische und damit und in ihrer besten Form eine zukunftsweisende Literaturgattung." Man mag unterschiedlicher Auffassung sein, ob Phantastik, Kunst und Literatur an sich politisch sind. Dass der Rechtsruck auch die Phantastik bedroht, ist jedoch nicht von der Hand zu weisen. So etwa, wenn die amerikanische Rechte erfolgreich Lehrverbote zu – auch phantastischen – Büchern durchsetzt, Queere Identitäten angegriffen und tabuisiert werden oder Buchblogger*innen Opfer von Hetzkampagnen werden. Nicht zuletzt ist gerade eine überwiegend unabhängige Kunst- und Kulturszene wie die Phantastik von öffentlichen Räumen, Vereinsstrukturen und Fördergeldern abhängig, die von rechten Regierungen allzu gerne gestrichen werden.

Autor*innen gegen Rechts

Unter dem klaren Titel "Autor*innen gegen Rechts" versammeln sich zahlreiche Autor*innen, die mit Sorge auf den Rechtsruck schauen und diesem nicht tatenlos zusehen wollen. Etwa 150 Autor*innen, davon zahlreiche Protagonist*innen der phantastischen Literatur, haben als Auftakt einen offenen Aufruf unterzeichnet, der sich zu Demokratie, Vielfalt und Menschenrechten bekennt. Der Brief ist ein Wahlaufruf zur Bundestagswahl, der für eine Stimmabgabe für die wehrhafte Demokratie plädiert und die AfD als "brennende Gefahr für unsere Demokratie" benennt. 

Der angenehm kurz gehaltene offene Brief leistet keine neuartige Analyse, sondern begnügt sich stattdessen mit klaren Worten gegen die AfD und für Demokratie und Menschenwürde. Dass die Forderungen recht allgemein gehalten sind, ist kein Zufall. "Autor*innen gegen Rechts" ist – wie viele Aktionen – zunächst einmal ein Statement. In Sozialen Medien, auf Bücherrücken und Cons, kurz: Überall wo es Schreibende gibt, kann das Label klare Kante gegen Menschenfeindlichkeit zeigen und Gleichgesinnte zusammenführen. Das offene Label dient dazu, auch über Differenzen hinweg zu verbinden. Es will all diejenigen zusammenbringen, "die sich für eine freie, gerechte und solidarische Gesellschaft einsetzen." Oder wie Isa Theobald – mit Kathrin Lange eine der Initialzünderinnen der Aktion – treffend in einem skeet auf Bluesky schreibt:

"Es ist mir egal, ob wir uns mögen. Es ist mir völlig Wurscht, ob wir uns in der Vergangenheit gestritten haben oder auch jetzt noch unterschiedlicher Meinung sind. Es ist mir egal, ob wir in Details streiten. Wenn du neben mir gegen die Faschisten stehst, gehörst du zum Team.“

Das ist nicht nur ein Bekenntnis zu einer pluralen Welt, die solche Differenzen überhaupt ermöglicht. Es besagt auch, dass es sich hier nicht um einen Verein mit Mitgliedsausweis handelt, sondern um einen losen Zusammenschluss von Menschen, die eben Autor*innen und gegen Rechts sind. 

Lesen gegen Rechts

Darüber hinaus will die Initiative aber mehr als bloßes Lippenbekenntnis sein und durch vielfältige Aktionen auf sich aufmerksam machen. Eine erste Aktion ist eine von den "Brennenden Buchstaben" organisierte Online-Lesung von "Autor*innen gegen Rechts". Einen ganzen Tag lang werden sich phantastische Autor*innen in 15 Minuten-Blöcken das Mikrofon reichen. Innerhalb weniger Tage haben ganze 36 Autor*innen zugesagt. Das ist sicher nicht zuletzt ein Verdienst des gut Vernetzten SF-Autors und Brennende Buchstaben-Initiators Thorsten Küper, der sich politisch durchweg klar positioniert und den Rechtsruck in der Phantastik etwa bereits im gemeinsam mit Frederic Brake organisierten Nerd-Talkformat Talkien thematisiert hat.

Wer über Aktionen des Zusammenschlusses informiert sein oder sich selbst einbringen möchte, kann das in den gängigen sozialen Medien oder auf der Homepage (im Aufbau) tun. Dort soll auch die Möglichkeit geschaffen werden, die Stellungnahme als Autor*in zu unterzeichnen.

Übrigens: Verlagsseitig gibt es bereits seit 2016 eine ähnliche Initiative, die sich als Reaktion auf die Präsenz rechter Verlage auf Buchmessen gegründet hat.