Der Hintergrund
Wissenschaftler („Ludosophen“) haben 504 alternative Welten inklusive ihrer Bewohner gebaut bzw. „programmiert“. Jede dieser Welten besteht aus 3 von 9 möglichen Aspekten: Handel mit Waren, Wettrennen, Streben nach Privilegien, Krieg, Entdecken, Verkehr, Besitz, Produktion, finanzielles Teilhaben (Aktien). Die Ludosophen versuchen damit herauszufinden, nach welchen Prinzipien eine Welt am besten funktionieren kann.
Das Spiel
Jede Welt und damit jedes Spiel besteht wie gesagt aus 3 Prinzipien, die priorisiert sind. Durch die Priorisierung sind beispielsweise die Welten 123 („Die Welt der fahrenden Pioniere mit Hang zum Individuellen“) und 321 („Die Welt der individuellen Pioniere auf Reisen“) sehr unterschiedlich.
Es gibt Unmengen an Spielmaterial. Es existiert erstmal ein schönes Regelbuch (32 Seiten) – davon braucht man aber nicht immer alles. Dazu gehört das Buch der Welten, in dem quasi jede Welt auf einer Doppelseite erklärt wird. Damit man nicht 504 Doppelseiten braucht, sind die Seiten des Buches in 3 Teile geteilt, sodass man die verschiedenen Prinzipien (z. B. 1, 2 und 3) aufschlagen kann. Die oberen beiden nehmen dann je 2/5 der Seite in Anspruch, die untere unwichtigere noch 1/5.
Auf der 3. Seite des Regelbuchs sind 36 verschiedene Arten von Material aufgeführt mit einer Prozentzahl für Art, wie häufig sie zum Einsatz kommen. Die Startkarten braucht man beispielsweise bei 11% der Spiele, das Buch der Welten bei 100%. In jedem Spiel kommen die Spielplanteile zum Einsatz. Diese sehen ähnlich wie bei Die Siedler von Catan aus, sind allerdings fünfeckig. Es hängt aber vom Spiel ab, ob sie zu Anfang liegen oder gezogen werden und ob sie verdeckt (für Entdecker) oder offen ausliegen.
Wir starten
Für Leute, die es nicht gleich kompliziert angehen wollen, ist auf einer Doppelseite im Regelheft schon mal die Welt 123 erklärt. Man braucht somit praktisch gar nicht das Buch der Welten. Beim Spielaufbau werden die Städte und die Wasserflächen offen ausgelegt, alles andere verdeckt. Also was für Pioniere.
In jeder Runde darf ein Spieler ein Privileg kaufen (Privilegien sind das Gut bei „Individuelle“) und seinen Transportwagen ausbauen (schneller oder größer machen). Danach zieht man seinen Transportwagen mit den Waren möglichst in eine Stadt, in der die Güter benötigt werden. Im Vorbeigehen darf man dann noch Siedlungen bauen. Wenn man in einer Stadt angekommen ist, verkauft man die Ware (legt sie für die Schlusswertung ab) und markiert, dass die Stadt die Güter nicht mehr braucht (blöd für den, der als nächstes mit der gleichen Ware hin wollte). Als Letztes gibt es noch Einkommen, unter anderem für die Siedlungen und für die besuchten Städte in der Runde.
Das Spiel endet schon nach wenigen Runden (laut Heft können das sogar schon 4 sein). Siegpunkte gibt es für Güter – dabei bringen unterschiedliche Waren mehr als Waren, die man mehrfach ausliefern konnte. Zusätzlich gibt es noch für einige Privilegien Punkte. Diese Welt sorgt für ein schnelles, relatives einfaches Spiel. Die Komplexität von Welt 123 dürfte so ungefähr bei der von Siedler von Catan (ohne Erweiterungen) liegen.
Jetzt starten wir richtig
Bei der nächsten Welt zeigt sich dann ein kleiner Nachteil: viel kann man von den Regeln nicht in die nächste Welt übernehmen. Bei anderen Spielen wie Kingdom Builder oder Dominion ändern sich auch je nach Zusammenstellung die Szenarien (Siegbedingungen, Karten mit unterschiedlichen Auswirkungen), das Grundspiel bleibt jedoch. Das ist bei 504 ein bisschen anders: Teile der Regeln kennt man irgendwann aus den anderen Welten, aber die Auswirkungen sind einfach komplexer als bei den anderen „variierenden“ Spielen.
Für wen ist das Spiel?
Die Hürde für Einsteiger ist schon etwas größer, da sie erstmal die Grundregeln und dann noch die Regeln des jeweiligen Spiels angucken müssen – wenn man mal das Einstiegsspiel außer Acht lässt. Die Regeln sind jeweils vom Umfang her nicht lang, aber das liegt daran, dass sie sehr knackig zusammengefasst sind. Deswegen ist das Spiel eher für Vielspieler zu empfehlen. Diese werden tatsächlich mit variantenreichem Spiel belohnt. Ob es sich bezahlt macht, eher 504 zu kaufen als spezialisierte Spiele, ist eine andere Frage. Rein finanziell amortisiert sich 504 gegenüber anderen Spielern ungefähr bei der 3. Variante.
Fazit
Erstmal klingt es natürlich nach „Oh, ich kriege ganz viel Spiele zum Preis von einem“. Das ist nicht ganz falsch, aber auch nicht ganz richtig. Es gibt im Handel Spielesammlungen mit Mensch-ärger-dich-nicht, Mühle, Dame und ähnlichem. 504 ist vergleichbar eine Spielesammlung für Leute, die nicht nur einfache Spiele spielen wollen. Sie ersetzt aber meiner Ansicht nach keine „spezialisierten Spiele“, die sich nur einem Spielkonzept widmen, dem aber richtig.
Das Material ist großartig. Dafür braucht man aber schon eine Verpackungs- und Aufbaustrategie. Was ein bisschen fehlt, ist tatsächlich Story. Die Idee mit den Alternativwelten ist schön, bildet aber eher eine Metageschichte um die 504 Welten und bezieht sich nicht auf die Welt, die man gerade spielt. Wenn man also gerne eine Hintergrundgeschichte hinter einem Spiel haben möchte, wie z.B. bei Thunderstone, Dominion und Die Siedler von Catan, fehlt vielleicht ein bisschen was.
Spielexperten sollten sich das Spiel aber unbedingt mal angucken.
504
(F2-Spiele, 2015)
2–4 Spieler, 30–120 Minuten, ab 12 Jahren
Webseite: 504
Das Produkt wurde kostenlos für die Besprechung zur Verfügung gestellt.